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Die Insektenfamilie der Borkenkäfer - Biologie, Bedeutung und Schäden
Borkenkäfer-Kalamität blieb auch 2007 aktuell
(Artikel aus Forstschutz Aktuell Nr. 42)

Borkenkäfer-Situation

Die Forstschutzsituation war im Jahr 2007 in den meisten Regionen von den schweren Schäden durch die Jänner-Orkane und der Borkenkäfer-Massenvermehrung geprägt. Aufgrund der sehr hohen Borkenkäfer-Schadholzmenge des Jahres 2006 war von einer hohen Ausgangspopulation auszugehen. Wegen der Häufung von Sturmschäden, verursacht durch die Sturmtiefs „Kyrill“, „Olli“ und „Franz“ zu Beginn 2007, aber auch infolge von Schneebrüchen lagen in den Nadelwäldern permanent sehr große Mengen an bruttauglichem Holz bereit. Der außergewöhnlich warme Winter und der zeitige, sehr trockene Frühling ließen ein frühzeitiges Schwärmen der Borkenkäfer und somit ideale Entwicklungsbedingungen für die erste Käfergeneration erwarten. Daher bestand Anfang 2007 die Befürchtung, dass die Borkenkäfersituation weiter eskaliere. Die begünstigende, warme und trockene Witterung hielt faktisch die gesamte erste Jahreshälfte an.
Schlussendlich fielen in Österreich 2,14 Mio. Festmeter Käferholz an. Somit haben die Borkenkäferschäden die Schwelle von 2 Mio. Festmeter bereits das fünfte Jahr in Folge (Abbildung 1) überschritten. Die abnehmende Tendenz aus dem Jahr 2006 für das gesamte Bundesgebiet wurde fortgesetzt, in den Bundesländern zeigten sich jedoch unterschiedliche Entwicklungen.


Abbildung 1: Zeitreihe der Schadholzmengen infolge von Borkenkäferbefall, Sturm und Schneedruck

Das meiste Borkenkäferholz war in den wald- und fichtenreichen Bundesländern zu verzeichnen und die Tendenzen in den Ländern liefen weitgehend parallel zu den Sturmholzschäden (Abbildung 2). In Nieder- und Oberösterreich - dort hatten die Orkane Anfang 2007 zu den schlimmsten Folgen geführt (4,0 Mio. fm bzw. 2,8 Mio. fm) - stieg die Borkenkäfer-Schadholzmenge an. In Oberösterreich wurde die Zunahme aus dem Jahr 2006 fortgesetzt und in Niederösterreich die positive Entwicklung der letzten drei Jahre umgekehrt. In den von „Kyrill“ weniger betroffenen Bundesländern waren die Tendenzen positiv: In der Steiermark und in Salzburg nahmen die Käferschäden sehr stark ab, wenngleich noch immer auf hohem Niveau befindlich, in Tirol und im Burgenland waren die Abnahmen geringer. Abbildung 2 zeigt die Entwicklung innerhalb der einzelnen Bundesländer. Vergleiche zwischen den Schadensziffern der Bundesländer geben zwar Auskunft über die absolute Schadenshöhe, jedoch nur teilweise über die Schwere der Kalamität und die Fortschritte in der Bekämpfung (unterschiedliche Waldflächen).


Abbildung 2: Entwicklung der Borkenkäfer-Schadholzmengen in den Bundesländer

Dass die Käferschäden dann doch nicht so hoch ausfielen, wie anfänglich befürchtet, dürfte daran liegen, dass in den Sturmschadensgebieten im Sommer die Attraktivität der Windwurfhölzer für die Käfer sehr hoch war. Wurde dieses käferbefallene Sturmschadholz nicht rechtzeitig vor dem Ausflug der Käfer abtransportiert, so zeigte sich dann in den angrenzenden Beständen im Herbst ausgedehnter Stehendbefall. Erfahrungsgemäß steigen die Borkenkäfer-Schäden auch im zweiten und im dritten Jahr nach Windwürfen an.
Tatsächlich wurde diese Erwartung von den nächsten Ereignissen überholt: Die Orkanstürme „Paula“ und „Emma“ haben zu Beginn des Jahres 2008 abermals etwa 8,3 Mio. fm Holz geworfen oder gebrochen. Die Borkenkäfer-Kalamität wird andauern, eine weitere Eskalation ist nicht auszuschließen.

Aufarbeitung der Schadflächen

Um eine weitere Zunahme der Käferbedrohung zu vermeiden, sollte die Aufarbeitung des Schadholzes unverzüglich erfolgen und das Holz rasch aus dem Wald abgeführt werden. Folgende Vorgangsweise wird empfohlen:
■ Nadelholz vor Laubholz
■ Einzelbäume vor Nestern
■ Kleinflächen vor Großflächen
■ Bäume vom Wurzelstock trennen
■ Bruchholz vor Wurfholz
■ Tieflagen vor höheren Lagen
■ Sonnseiten vor Schattseiten

Im Falle einer nötigen Zwischenlagerung müssen 500 m Mindestabstand zum nächsten Wald eingehalten werden oder zusätzliche Maßnahmen erfolgen (Entrindung, Folienkonservierung unter Sauerstoffabschluss, Nasslagerung oder Begiftung). Wenn ein Sicherheitsabstand zum nächsten gefährdeten Wald von mehr als 200 m eingehalten wird, kann auch ein Pheromonfallengürtel als Schutzmaßnahme eingerichtet werden.

Monitoring-Ergebnisse

Beim österreichischen Borkenkäfer-Monitoring werden zirka 170 Pheromonfallen in sieben Bundesländern eingesetzt. Regionale Daten über Beginn, Verlauf und Intensität der Borkenkäfer-Aktivität dienen zur Abschätzung der Borkenkäfer-Gefahr und des Gefahrenzeitraumes. Eine Beurteilung der lokalen Verhältnisse und die Kontrolle der eigenen Waldbestände können dadurch nicht ersetzt werden.
Die Ergebnisse 2007 des Borkenkäfer-Monitorings zeigen höchst unterschiedliche Trends und Fangleistungen. Man kann zwar davon ausgehen, dass beim Buchdrucker (Ips typographus) und Kupferstecher (Pityogenes chalcographus) an den meisten Fallenstandorten weitgehend übereinstimmend zwei Käfergenerationen herangewachsen sind, aber die Hauptflugzeiten variieren sowohl innerhalb gleicher Seehöhenstufen als auch in den Bundesländern sehr stark.

Beim Buchdrucker begann der Flug Anfang April, der erste Flughöhepunkt war in der letzten Aprilwoche. Die größten Absolutfangzahlen wurden jedoch meist erst Mitte Juni bis Mitte Juli registriert. Vor allem in den Gebieten mit starken Sturmschäden durch die Jänner-Orkane, besonders „Kyrill“, dürfte die aus dem Jahr 2006 überwinterte Käfergeneration zunächst nicht von Pheromonfallen, sondern größtenteils von liegendem oder stehendem Sturmschadholz angezogen worden sein. Erst nachdem das Sturmschadholz aufgearbeitet oder wegen der Austrocknung nicht mehr attraktiv war, wurden die Fallen angeflogen oder beim Fehlen von Pheromonen und anderen Lockstoffquellen, wie Fanghaufen, auch stehende Bäume attackiert. Mitte bis Ende September endete die Flugzeit in den meisten Gebieten, einzelne Käfer wurden noch bis Ende Oktober gefangen.

Beim Kupferstecher erstreckte sich die Flugzeit der meisten Käfer von Mitte April bis September, einzelne flogen ebenfalls auch noch im Oktober. Im Juni stiegen die Fangzahlen deutlich an, der Flughöhepunkt wurde mit Ende Juli bis Mitte August noch später als beim Buchdrucker registriert. Ob dieses späte Flugmaximum ebenfalls mit dem reichen Angebot liegen gebliebenen Schlagabraumes infolge der Stürme (Astmaterial, Wipfelstücke) zusammenhing, konnte anhand der Ergebnisse des Borkenkäfer-Monitorings nicht geklärt werden. Die Falle mit der höchsten Fangleistung – knapp 1,8 Mio. Kupferstecher wurden gefangen - stand in Wartberg (Bezirk Mürzzuschlag).

Hohe Fangleistungen

Es überrascht immer wieder, welch große Käfermengen im Laufe einer Saison in Pheromonfallen gefangen werden: So wurden in neun der 85 Buchdrucker-Fallen jeweils mehr als 70.000 Käfer gefangen; 60 % der Fallen fingen mehr als 20.000 bzw. 80 % mehr als 10.000 Käfer. Legt man zugrunde, dass das Geschlechterverhältnis der gefangenen Käfer 1:1 ist und in einem erfolgreich attackierten Baum durchschnittlich 500 Weibchen Brutgänge anlegen, so entsprechen 70.000 gefangene Käfer jenem Potenzial, das für den erfolgreichen Befall von zirka 70 Fichten steht. Würden diese 70 Käferbäume nicht rechtzeitig entnommen, so könnten bei starkem Befall mehrere Millionen Buchdrucker ausfliegen.
Studien besagen, dass selbst ein dichtes Fallennetz maximal ein Drittel der vorhandenen Borkenkäfer abfangen kann. Das bedeutet, dass ausgehend von den 70.000 gefangenen Buchdruckern mit weiteren 140.000 Käfern in der näheren Umgebung zu rechnen ist, die imstande sind, um die 140 Fichten zu attackieren und umzubringen.
02.06.15 | Krehan, H.; Steyrer, G.
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