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Die Insektenfamilie der Borkenkäfer - Biologie, Bedeutung und Schäden
In Deutschland zugelassene Insektizide gegen holz- und rindenbrütende Borkenkäfer
(Artikel aus Forstschutz Aktuell Nr. 43)

Integrierter Pflanzenschutz

Nach den Grundsätzen des Integrierten Pflanzenschutzes sollen zuerst alle organisatorischen und technischen Bekämpfungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden, bevor Insektizide eingesetzt werden. Darunter ist in erster Linie der Holzverkauf in Rinde verbunden mit der schnellen Abfuhr von befallenem Holz aus dem Wald zu verstehen. Auf diese Weise wird am einfachsten aktive Käferbekämpfung erreicht. Scheitert die rasche Abfuhr, zum Beispiel an der fehlenden Holzannahme durch Säger, bewähren sich Zwischenlager in Sicherheitsabständen von mindestens 500 m zu gefährdeten Fichtenbeständen.
Die Fichte wird meistens in Rinde vermarktet, eine maschinelle Entrindung amWaldort findet kaum mehr statt. Sie ist aber eine Möglichkeit der insektizidfreien Bekämpfung, wenn entsprechend den Käferstadien genügend Zeit zur Verfügung steht, die Maschine mengenmäßig ausgelastet ist und das Holz im erschlossenen Wald erreichbar ist. Käfer können jedoch aus den Rindenhaufen ausfliegen, daher soll die Rinde zumindest tischhoch geschüttet sein.
Handentrinden ist bei den weißen Stadien (Larven und Puppen) möglich. Fertige Jungkäfer und verzettelte Bruten mit Altkäfern erhöhen das Risiko. Dann muss die Rinde verbrannt werden, bei Trockenheit stellt dies jedoch ein hohes Waldbrand-Risiko dar. Fällt viel Käferholz an, stößt die Handentrindung meist an Grenzen der Arbeitskapazität. Im kleinbäuerlichen Privatwald ist sie leichter möglich, im Bergwald ist die Handentrindung oft die einzige Möglichkeit.
Empfehlenswert ist das Häckseln des Kronen-Restmaterials zur Biomasseverwertung. Brutraum und Käferbrut werden so effektiv bekämpft und es kann damit noch Geld verdient werden. Selbstwerbereinsatz für Brennholz ist ebenso geeignet.
Trotz dieser Möglichkeiten kommt man bei Massenvermehrungen nicht immer ohne Insektizide aus, umgrößere Schäden zu vermeiden. Punktuell und gezielt sollen Borkenkäferinsektizide dann eingesetzt werden, wenn rasch fortschreitender Befall in Fichtenbeständen oder in der Nähe bedrohter Fichtenbestände festgestellt wird und obige Maßnahmen absehbar nicht greifen. Nachfolgend werden die wichtigsten Informationen aus der Zulassung der Borkenkäfer-Insektizide für Deutschland angeführt.

Insektizide gegen Borkenkäfer

Pflanzenschutzmittel dürfen nur in den laut Zulassung definierten Anwendungsgebieten und unter Einhaltung der Anwendungsbestimmungen eingesetzt werden (Indikationszulassung). Das Pflanzenschutzmittel-Verzeichnis listet die Vorgaben für alle Forst-Mittel gesammelt auf. Vollständige Informationen finden Sie auch stets auf der Gebrauchsanleitung eines Mittels.
In Deutschland sind derzeit zwei Insektizide gegen holz- und rindenbrütende Borkenkäfer, mit Ausnahme des Schwarzen bzw. Asiatischen Nutzholzborkenkäfers, zugelassen: Karate Forst Flüssig und Fastac Forst. Das in der Vergangenheit mögliche „Ausleihen“ von Präparaten aus anderen Anwendungsgebieten außerhalb des Forstes ist nach der Novellierung des Pflanzenschutzgesetzes untersagt. Dazu ist eine besondere Genehmigung einer Pflanzenschutzbehörde erforderlich.

Wirkungsweise

Die Borkenkäfer-Insektizide gehören zu der Gruppe der Pyrethroide. Diese werden von den Insekten durch Kontakt oder Fraß aufgenommen und verhindern die Reizunterbrechung im Nervensystem. Der Käfer stirbt an einer Reizüberflutung. Die Wirkung setzt sehr rasch ein. Pyrethroide sind breitenwirksam, aber nicht systemisch. Sie lagern sich rasch und fest an organischen Substanzen wie Rinde an. Das behandelte Holz muss von außen mehrere Stunden abgetrocknet sein, damit der Wirkstoff sich ausreichend anlagern kann. Ist der Spritzbelag getrocknet, zeichnen sie sich durch eine sehr gute Regenbeständigkeit aus, da sie sehr gering wasserlöslich sind. Der Wirkstoff ist nach Anlagerung an organisches Material immobil, er kann nicht ins Grundwasser gelangen.
Die Wirkstoffe sind im Sonnenlicht stabil. Die volle Wirksamkeit wird erst bei Temperaturen ab 5 – 7 °C erreicht (Abbildung 1). Bei sehr hohen Temperaturen (> 25 °C) verzögert sich die Wirkung.


Abbildung 1: Temperaturabhängigkeit von Borkenkäferinsektiziden am Beispiel Karate Zeon (Firmeninformation Syngenta)

Die Mittel sind biologisch abbaubar und wirken nicht toxisch auf Regenwürmer oder Mikroorganismen im Boden. Sie haben nur geringe Warmblütergiftigkeit, sind nicht krebserzeugend, haben keine negative Auswirkung auf die Fortpflanzung des Menschen und werden im Körper abgebaut. Pyrethroide werden über Hautkontakt aufgenommen und wirken dort als Nervengifte. Es kann bei Anwendern, die sich nicht wie vorgeschrieben vor Kontakt schützen, Brennen und Jucken auf der Haut auftreten (Vollschutz tragen). Sie sind daher als gesundheitsschädlich kategorisiert.
Die angegebenen Mittelkonzentrationen sind unbedingt einzuhalten. Die Partikelverteilung des Wirkstoffs je cm² Rinde liegt dann bereits am unteren Ende, reicht aber aus, um einen hundertprozentigen Schutz zu gewährleisten. Wird die vorgegebene Konzentration unterschritten, nehmen die Käfer zu wenig von den Wirkstoffpartikeln auf, sterben nicht ab und können weiter Neubefall verursachen. Das zu behandelnde Holz wird daher topfnass gespritzt: Ein geschlossener Flüssigkeitsfilm muss Holz und Rinde überziehen, ohne dass die Spritzbrühe abläuft oder abtropft.

Anwendungshinweise

Die Anwendung der Borkenkäferinsektizide darf in Deutschland nur nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis, durch sachkundige Personen (jeder Anwender benötigt einen Nachweis dafür) und nur auf forstwirtschaftlich genutzten Flächen an liegendem Laub- und Nadelholz erfolgen.
Je nach Zeitpunkt sind unterschiedliche Mittelkonzentrationen anzuwenden. Zum einen gibt es die prophylaktische Behandlung bei festgestellter Gefährdung. Damit will man den Befall des liegenden Holzes durch Borkenkäfer verhindern. Zum anderen kann eine kurative Behandlung nach dem Befall bzw. vor dem Ausfliegen der Käfer erfolgen. Hier soll der Ausflug der Eltern und fertig entwickelten Jungkäfer unterbunden werden.
Bei der Ausbringung ist die persönliche Schutzausrüstung im Pflanzenschutz zu tragen. Zum Schutz für Edelkrebse, Algen, Fische und Fischnährtiere ist zu Oberflächengewässern mindestens ein Abstand von 30 m einzuhalten. „Zwischen den behandelten Poltern bzw. Schichtholz und dem Oberflächengewässer muss sich auf einer Strecke von mindestens 30 m ein gewachsener Waldboden mit Streuauflage befinden. Wo dies nicht sichergestellt werden kann, ist ein Eintrag von ablaufendem Wasser in das Gewässer durch eine wirksame Barriere zu verhindern“. Reste und Verpackungen sowie Reinigungs- und Spülflüssigkeit dürfen ebenfalls nicht in Gewässer gelangen. Dies gilt auch für indirekte Einträge über die Kanalisation, Hof- und Straßenabläufe sowie Regen- und Abwasserkanäle.

Anwendung in Wasserschutzgebieten

Gemäß den Anwendungshinweisen ist der Einsatz in Wasserschutzzonen II und III erlaubt. Die Wasserschutzgebiets-Verordnungen regeln dies im Einzelfall, daher ist immer dort nachzusehen.

Kennzeichnung von Holzpoltern

Eine Kennzeichnungspflicht für behandelte Holzpolter mit Gefahrensymbolen besteht nicht. Die Anwendungskonzentration ist sehr gering und das Mittel haftet sehr gut an der Rinde. Aus Gründen der allgemeinen Vorsorge empfiehlt es sich, einen Spritzvermerk mit Datum anzubringen; dies dient auch der Wirksamkeitskontrolle.
29.09.08 | Triebenbacher C.; Immler, T.; LWF Bayern
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