Forstliche Bundesversuchsanstalt - Index

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"Adresse Seckendorff-Gudent-Weg 8"

Von der Forstakademie Mariabrunn zur Forstlichen Bundesversuchsanstalt.
Aufgaben der umweltorientierten Waldforschung um 1870 und heute.

HR Dipl.Ing. Friedrich Ruhm, Direktor der Forstlichen Bundesversuchsanstalt von 1984 bis 2001.

Vortrags- und Diskussionsveranstaltung der Österreichische Gesellschaft für Ökologie: " Berühmte Gelehrte an der Universität für Bodenkultur",16.November 1998, Universität für Bodenkultur Wien.


Seckendorff-Gudent

Seckendorff-Gudent zu Ehren

Ich freue mich, daß heute Arthur Freiherr von Seckendorff-Gudent Mittelpunkt einer Veranstaltung ist, die berühmte Gelehrte an der Universität für Bodenkultur vorstellt. Ich möchte mich bei den Veranstaltern und Besuchern für das Interesse recht herzlich bedanken.

Aufmerksam wurde ich auf Seckendorff-Gudent eigentlich durch das Studium der Literatur aus den Anfängen des forstlichen Versuchswesens bzw. durch Arbeiten von Univ.-Prof. Herbert Killian, der seinerzeit als Forsthistoriker an der Forstlichen Bundesversuchsanstalt beschäftigt war.


Hausnummer

Nun, wie komme ich zum Titel des Vortrags "Adresse Seckendorff-Gudent-Weg Nummer 8".

Unsere alte Anschrift war "Schönbrunn-Oberer Tirolergarten". Das deshalb, weil wir uns im Areal des Schönbrunner Schlossparks und in unmittelbarer Nähe des Tirolergartens befinden, und weil die Zufahrtsstraße zu der Forstlichen Bundesversuchsanstalt keinen eigenen Namen hatte. Die Lage war zwar immer schon sehr schön, aber es war sehr schwierig, uns zu finden.

Wenn ich mich recht erinnere, begann ich bereits im ersten Jahr als Dieststellenleiter unseres Hauses beim Kulturamt der Stadt Wien vorstellig zu werden, die Zufahrt zur Versuchsanstalt nach Seckendorff zu benennen. Die ganze Prozedur dauerte aber ca. 4 Jahre, da es bereits eine ähnlich lautende Straßenbezeichnung gab. Im Jahr 1988 war es so weit, und seit dieser Zeit lautet unsere Adresse "Seckendorff-Gudent-Weg 8".

Wir haben aber nicht nur die Straße nach Seckendorff benannt.


Medaille

In den frühen 90er Jahren ist mir einmal bei einer bestimmten Gelegenheit aufgefallen, daß der Leiter der Versuchsanstalt eigentlich keine Möglichkeit hat, Personen, die sich um die Versuchsanstalt besondere Verdienste erworben haben, auszuzeichnen. Mein Gedanke dabei war, eine Auszeichnung zu schaffen, die zugleich mit der Person, die ausgezeichnet werden soll, auch denjenigen ehren sollte, der sich die ersten besonderen Verdienste um das österreichische forstliche Versuchswesen erworben hat. Eben denjenigen, der dieses Versuchswesen aufgebaut, organisiert und weiterentwickelt hat: nämlich Seckendorff.

1994 ließ ich deshalb eine Medaille bei der Münze Österreich entwerfen und auch herstellen.

Im Jahr 1995 wurde die Medaille an Forstrat h.c. Dipl.-Ing. Walter Purrer und Magnifizenz Univ.-Prof. Dr. h.c. Manfried Welan verliehen, 1996 an Herrn Präsident Dr. Robert Holzapfl, den seinerzeitigen Direktor der Bayerischen Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt und 1997 an Magnifizenz Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Sagl, Regierungsrat Amtsdirektor Karl-Heinz Priesner und Dr. Johannes Abensperg-Traun.


Dekret

Werdegang der FBVA

Auf Wunsch des Veranstalters darf ich Ihnen nun die Forstliche Bundesversuchsanstalt und ihren Werdegang durch die Zeiten kurz vorstellen.

Die Zunahme forstlicher und naturräumlicher Probleme sowie das immer knapper werdende Holz führten Ende des 19. Jahrhunderts zur Institutionalisierung des forstlichen Versuchswesens in einigen europäischen Ländern. Die ersten waren zu Beginn der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts Sachsen, Baden, Württemberg und Bayern. Bereits 1872 konstituierte sich der Verein der forstlichen Versuchsanstalten Deutschlands.

In Österreich wurde mit Erlaß des Ackerbauministeriums vom 8. Juli 1874 die „K.K. Versuchsleitung“ geschaffen und mit Professor Seckendorff-Gudent besetzt.

Was die Organisation des Versuchswesens betrifft, so war anfangs eigentlich nicht daran gedacht, Versuchsanstalten im heutigen Sinn - also eigene Institutsgebäude mit eigenem Personal - zu errichten. Man beabsichtigte vielmehr, einzelne Personen, die Versuchsleiter - in Bayern hießen sie Versuchs-Dirigenten - als für das Versuchswesen Verantwortliche zu nominieren.

Im Auftrag der Versuchsleiter sollte das Forstpersonal der Forstverwaltungen den praktischen Teil und das wissenschaftliche Personal der Universitäten den naturwissenschaftlichen Teil der Untersuchungen durchführen.

Von der Forstlichen Versuchsleitung als Einmannbetrieb bis zur heutigen Versuchsanstalt mit einem Personalstand von rund 250 Mitarbeitern war ein weiter Weg, der nicht ohne Hindernisse verlief. Kriege und vor allem Geldmangel bedrohten die Existenz der Versuchsanstalt nicht nur einmal. So mußte Seckendorff bereits in den Jahren 1877 und -78 die österreichischen Großwaldbesitzer um Geld bitten, da die Finanzierung der forstlichen Forschung durch den Staat allein nicht mehr möglich war. Im Jahre 1923 wurde sogar die Auflassung der Anstalt erwogen. 1937 erlebte sie mit einem Bestand von nur zwei Abteilungen und zwei Akademikern eine weitere schwere Krise. Doch bereits im Jahr 1956 beschäftigte die Versuchsanstalt wieder 134 Mitarbeiter.


Schönbrunn

Mariabrunn, Schönbrunn und Innsbruck

Die durch den hohen Personalstand hervorgerufene Raumnot sowie die immer umfangreicher werdenden Aufgaben führten zum Neubau einer für die damalige Zeit modernen Forschungsstätte in Schönbrunn-Tirolergarten mit der heutigen Adresse Seckendorff-Gudent-Weg 8. Dieses Gebäude ist seit 1957 Hauptsitz der Forstlichen Bundesversuchsanstalt.


Mariabrunn

Die erste Adresse überhaupt war ein kleines Büro im 3. Wiener Gemeindebezirk in der Traungasse. Im Jahre 1878 übersiedelte man in den 8. Bezirk in die Tulpengasse, da Seckendorff bereits über einige Mitarbeiter verfügte.

1887 übersiedelte die Versuchsleitung in das leerstehende, im17. Jahrhundert erbaute Klostergebäude Mariabrunn, in dem wenige Jahre zuvor noch die Forstakademie untergebracht war. Mariabrunn war dann 70 Jahre Hauptsitz der Versuchsanstalt. Nach der Verlegung des Hauptsitzes nach Schönbrunn verblieb jedoch weiterhin ein Teil des Personals in Mariabrunn. Derzeit befinden sich dort das Institut für Waldbau, das Institut für Forstgenetik, die Abteilungen für Wildbach- und Abtragsforschung sowie für Wildbachhydrologie, ein Versuchsgarten und die Gartenleitung, das Forstmuseum sowie die Haustischerlei.


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Ebenfalls in den 50er Jahren wurde von der Wildbach- und Lawinenverbauung die Forschungsstelle Innsbruck mit dem Klimahaus auf dem Patscherkofel und dem Labor für Mykorrhizaforschung im Gebäude der Gebietsbauleitung Imst geschaffen.

1963 wurde diese als „Außenstelle für subalpine Waldforschung“ der Versuchsanstalt angegliedert.

Im Jahr 1993 wurde die Lawinen- und Wildbachforschung wieder zu einem Institut zusammengeführt und die Leitung in der Außenstelle in Innsbruck untergebracht.

Für Untersuchungen an Forstpflanzen und deren Züchtung stehen der Versuchsanstalt Forstgärten in Schönbrunn, Mariabrunn und Tulln zur Verfügung.


Versuchsgarten Tulln

Die Aufgaben und die Organisation der Versuchsanstalt wurden erstmals im Forstrechtsbereinigungsgesetz 1962 gesetzlich verankert. Die derzeit gültige Fassung wurde dann im Forstgesetz 1975 festgelegt.

Zur Zeit ist die Versuchsanstalt in 8 Institute gegliedert:

Institut für Waldbau, Institut für Forstgenetik, Institut für Forstökologie, Institut für Forstschutz, Institut für Waldwachstum und Betriebswirtschaft, Institut für Immissionsforschung und Forstchemie, Institut für Waldinventur und Institut für Lawinen- und Wildbachforschung.

Das Arbeitsprogramm der Versuchsanstalt umfaß derzeit etwa 100 Forschungsprojekte und Facharbeiten sowie die Betreuung von ca. 300 Versuchsflächen.


Seckendorff

Die Leistungen von Seckendorff-Gudent

Es stellt sich die Frage, weshalb gerade Seckendorff zum ersten Leiter des forstlichen Versuchswesens in Österreich bestellt wurde. Seckendorff war ein Verfechter der hauptberuflichen Forschung. Er stellte dies als Professor an der Forstakademie und als Teilnehmer an den diversesten Kongressen und Tagungen ständig unter Beweis und forderte jahrelang vehement die Einführung der hauptberuflichen forstlichen Forschung.

Bei der Wiener Weltausstellung im Jahre 1873 machte er insbesondere durch seine vorbildliche Inszenierung und Darstellung der Forstwirtschaft auf sich aufmerksam.

Seckendorff war auf Grund seiner Persönlichkeit und seiner fachlichen Fähigkeiten ohne Zweifel die richtige Wahl für den Aufbau des forstlichen Versuchswesens. Er mußte sich zunächst mit der Organisation der forstlichen Versuchsanstalt beschäftigen, wobei er sich an bereits bestehenden Versuchsanstalten orientierte. Diese Arbeit diente vorrangig dem Entwurf eines Statutes, in welchem die Aufgaben des staatlichen forstlichen Versuchswesens festgelegt waren. Das dementsprechende Statut ist am 8. Juli 1875 in Kraft getreten.

Im Jahre 1876 konnte Seckendorff bereits seine ersten Ergebnisse aus dem Versuchswesen in den damals von ihm gegründeten „Mitteilungen aus dem forstlichen Versuchswesen Österreichs" veröffentlichen.

Die "Mitteilungen" sind bis heute das herausragende Publikationsorgan der Versuchsanstalt geblieben. Es wurde - ausgenommen kriegsbedingte Unterbrechungen - kontinuierlich weitergeführt und ist auf 187 Bände angewachsen.


Hochwasser

Umweltprobleme zu Seckensdorffs Zeiten

Das heutige Thema beschäftigt sich mit Aufgaben der umweltorientierten Waldforschung um 1870 und heute. Das Wort „Umwelt“ war zur Zeit Seckendorffs noch kein gebräuchlicher Begriff, obwohl es schon damals vor allem durch die großflächigen Entwaldungen große Umweltprobleme gab.

Noch Anfang des 19. Jahrhunderts überließ man Großkahlschläge und deren Folgen der Natur. Die Saat wurde mehr oder weniger als Notbehelf angesehen, führte aber nicht in allen Fällen zum Erfolg. Es wurden daher zur Förderung der Wiederbewaldung im Gebirge durch einen kaiserliche Erlaß von 1852 Preise von insgesamt 1000 Dukaten für die gelungensten Aufforstungen gestiftet. Die Resultate dieses Wettbewerbes, die sogenannnten Preisaufforstungen, brachten in der weiteren Folge den Umschwung zu Gunsten der künstlichen Aufforstung durch Pflanzung.

Die großflächigen Entwaldungen waren damals Ursache von zum Teil katastrophalen Schadensereignissen, wie Lawinen- und Hochwasserkatastrophen sowie starken Vermurungen.


Mure

Umweltorientierte Forschung vor 125 Jahren

Diese Probleme wurden sehr ernst genommen, vor allem hat man auch nach Lösungen gesucht. So hat zum Beispiel der im Jahre 1873 anläßlich der Wiener Weltausstellung tagende Internationale Land- und Forstwirtschaftliche Kongreß folgendes beschlossen:

  • Den Regierungen wurde empfohlen, den Aufbau des forstlichen Versuchswesens in Angriff zu nehmen.
  • Zur Lösung der Waldschutzfrage soll ein internationales Beobachtungssystem aufgebaut werden, das den Einfluß des Waldes auf Klima, Niederschlag, Quellenbildung, Überschwemmungen usw. feststellen soll.
  • Es sollen internationale Vereinbarungen getroffen werden, um der fortschreitenden Waldverwüstung wirksam entgegenzutreten.

Schon damals sind die Umweltprobleme über die Grenzen unseres Landes hinausgegangen, heute haben sie eine weltweite Dimension bekommen, wenn wir an die Beschlüsse von Rio de Janeiro, Straßburg, Helsinki usw. denken.

Obwohl zur damaligen Zeit das Ertragsdenken im Vordergrund stand, kann man bei Seckendorff bereits ein umweltorientiertes Denken und Handeln erkennen. Zu seinen bedeutendsten Leistungen im Bereich der Umwelt zählten zweifelsohne die Arbeiten auf dem Gebiet der Wildbachverbauung.


Keimschrank

Pflanzenphysiologie und Klimakunde

Eine weitere verdienstvolle Leistung Seckendorffs war die Aufnahme der Fachgebiete Pflanzenphysiologie und Klimakunde in das forstliche Versuchswesen.

Handschriftlichen Aufzeichnungen Seckendorffs kann man entnehmen, daß er sich von pflanzenphysiologischen Untersuchungen wichtige Erkenntnisse über forstlich bedeutsame Kulturpflanzen erwartete.

Einer seiner ersten Mitarbeiter auf diesem Fachgebiet war der Botaniker Dr. Wilhelm Velten, der leider bereits nach zwei Jahren während seines Außendienstes in der Nähe von Lienz tödlich verunglückte.

Auch die damalige physiologische Forschung besitzt bereits Aspekte umweltorientierter Forschung. So wurden die Wirkungen verschiedener Umweltfaktoren, wie Temperatur, Elektrizität, Schwerkraft, Licht usw. auf die Lebensvorgänge der Pflanzen untersucht. Analog dazu könnte man zum Beispiel die heutigen Untersuchungen des Einflusses von Luftschadstoffen, die Frage der globalen Erwärmung und anderes mehr sehen.

Velten führte Untersuchungen über das Dickenwachstum, vor allem über das Kambialwachstum bei Pflanzen durch. Weiters studierte er den Einfluß der Temperatur auf die Keimfähigkeit von Nadelholzsamen sowie die Verbreitung der Lärche.

Sein Nachfolger, Dr. Möller - ein promovierter Mediziner - studierte den "Einfluß der Bodenbeschaffenheit auf die Entwicklung der Schwarzkiefer", die "Physiologie und Anatomie der Schwarzkiefer" und die "Auswirkungen der Kohlensäure im Boden auf die Vegetation".


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Schon zum Zeitpunkt der Gründung der K.K. forstlichen Versuchsleitung suchte man über die Pflanzenphysiologie zur Lösung forstlicher Fragen zu gelangen. In ähnlicher Weise erhoffte man sich durch Intensivierung der baumphysiologischen Forschung Hilfe bei der Klärung der Ursachen von Waldschäden.

Der Einfluß des Waldes auf das Klima beschäftigte schon vor der Gründung der forstlichen Versuchsanstalten die Fachleute.

Es war daher naheliegend, den Aufbau eines forstmeteorologischen Beobachtungssystems in Angriff zu nehmen.

Mit der wissenschaftlichen Leitung diese Projektes wurde damals Dr. Josef Roman Lorenz von Liburnau betraut.

Der Einfluß wichtiger Klimafaktoren auf die Ertragsleistung des Waldes wurde studiert. Auch der Einfluß des Waldes auf die nähere und fernere Umgebung wurde beobachtet und Spezialuntersuchungen des Lokal- und Mikroklimas bereits in Angriff genommen. Aus heutiger Sicht bezogen sich diese Untersuchungen sowohl auf die Nutzwirkung als auch auf die Wohlfahrts- und Schutzwirkung des Waldes.

Zum damaligen Zeitpunkt galt es bereits als wissenschaftlich erwiesen, daß ein wesentlicher Teil des Niederschlages von den Baumkronen zurückgehalten wird. Heute nennen wir das Interzeptionsverlust. Die mittleren Interzeptionsverluste von Nadelbäumen wurden mit 30 % und mehr, die von Laubhölzern mit 20 % angegeben. Nach heutigen Erkenntnissen von Baumgarten und Liebscher werden die Interzeptionsverluste von Nadelbäumen mit 30-40 %, die von Laubbäumen mit 20-30 % angegeben. Beeindruckend ist, wie die damals gemessenen Werte mit heutig vergleichbaren übereinstimmen. Diese Arbeiten wurden von der im Jahre 1880 in Wien abgehaltenen internationalen Konferenz für Agrarmeteorologie als vorbildlich bezeichnet und die Durchführung derartiger Projekte auch in anderen Ländern empfohlen. Durch diese Erkenntnisse wurden Rodungen in Einzugsgebieten von Wildbächen und in Quellschutzgebieten verboten.

Die Ertragsfähigkeit der Wälder zu erhalten, war ein zentraler Schwerpunkt der damaligen Forschung. Schon zu dieser Zeit war die Nachhaltigkeit bereits ein Thema, mit dem sich die forstliche Forschung beschäftigte. Als besonders gefährdend für den Wald wurden Waldweide, Streunutzung, Großkahlschläge, hoher Wildstand sowie nicht standortsgerechter Waldbau angesehen. Die Ziele der damaligen Forschung sind im wesentlichen dieselben wie heute, die Nutz- und Schutzfunktion unserer Wälder zu erhalten und den Zustand der Umwelt des Landes, wo notwendig, zu verbessern und zu sichern.


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Waldschadensforschung heute

Nun kommen wir zu den Problemen der Gegenwart, zu den neuartigen Waldschäden.

Das Auftreten der neuartigen Waldschäden in den frühen 80iger Jahren war eine noch nie dagewesene Herausforderung an die forstliche Forschung und die Forstliche Bundesversuchsanstalt. Die Forschung mußte schnell reagieren und völlig neue Arbeitsschwerpunkte setzen. Der Wald, der ein besonders empfindlicher Indikator für den Gesundheitszustand unserer gesamten Umwelt ist, bekam nun plötzlich einen neuen Stellenwert. Durch das große Interesse der Öffentlichkeit am Wald war es leichter möglich, das mit einem großen finanziellen und personellen Aufwand verbundene Umweltmonitoring einzuführen und die Waldschadensforschung zu intensivieren.


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Umwelt-Monitoring

Im Winter 1982/83 wurden in ganz Österreich stichprobenweise Untersuchungen der Schneedecke durchgeführt, um festzustellen, ob auch außerhalb der bereits bekannten Immissionsgebiete eine Belastung durch Niederschläge besteht. Damals zeigte sich, daß auch die sogenannten Reinluftgebiete zeitweise Belastungen ausgesetzt sind.

Die Ergebnisse der Schneeuntersuchungen sowie die Waldschadensentwicklung gaben Anlaß, im Jahr 1983 ein flächendeckendes Probebaumnetz, das sogenannte Bioindikatornetz, einzurichten.

Mit Hilfe dieses Stichprobennetzes können akkumulierbare Schadstoffe, vor allem Schwefel, durch Nadelanalysen festgestellt werden. Darüber hinaus wurden auch die Hauptnährstoffe bestimmt, um etwaige Störungen des Nährstoffhaushaltes erkennen zu können.

Im Jahr 1984 wurde durch die stärker auftretenden Waldschadenssymptome über Auftrag des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft das sogenannte „Waldsterben“ zum Schwerpunktprogramm erklärt. Das „Waldsterben“ ist – trotz Prophezeihungen – Gott sei Dank nicht eingetreten.

Schwerpunkte wurden beispielsweise in folgenden Bereichen gesetzt:

  • Bestimmung von Schadstoff- und Nährstoffgehalten in Assimilationsorganen
  • Schadstoffeinwirkungen auf Waldböden
  • Bestimmung von Schadstoffen in der Luft bzw. in Niederschlägen in ausgewählten Gebieten
  • Auswirkungen von Immissionen auf das Wachstum bzw. den Zuwachs der Bäume
  • Besteht ein Zusammenhang zwischen Immissionen und dem vermehrten Auftreten von Schadinsekten und Pilzerkrankungen ?
  • Waldbauliche Maßnahmen und
  • Düngungsmaßnahmen in Zusammenhang mit Luftverunreinigungen.

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Waldschaden-Beobachtungssystem

Noch im selben Jahr wurde die bundesweite Waldzustandserhebung, die sogenannte Waldzustandsinventur ins Leben gerufen. Ziel dieser Untersuchung war, die Zustandsveränderungen der Baumkronen an identen Probebäumen über mehrere Jahre zu erfassen.

1987 wurden die Waldzustandsinventur durch das sogenannte Waldschaden-Beobachtungssystem abgelöst. Die Erhebungen des Kronenzustandes der Probebäume wurden durch eine Reihe anderer Untersuchungen ergänzt:

  • durch eine örtlich begrenzte Luftbildinventur,
  • durch periodisch bodenkundliche und vegetationskundliche Erhebungen und auch
  • durch forstpathologische und zuwachskundliche Untersuchungen.

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Weitere interdisziplinäre Projekte

Ein weiteres Projekt waren die „Beiträge zur Erhaltung der genetischen Vielfalt“.

Wegen der Gefährdung der genetischen Vielfalt durch Schadstoffeinträge wurden Samenplantagen zur Erhaltung der forstlichen Genresourcen angelegt und Saatgut in einer Samenbank in Tulln eingelagert.

1987 wurde das Projekt „Höhenprofil Zillertal", später "Achenkirch“ ins Leben gerufen. Es sollte der Zustand und eine eventuelle Belastung außerhalb bekannter Immissionsgebiete liegender Waldökosysteme erhoben werden.

Im Gleinalmgebiet waren sehr häufig Nadelvergilbungen an der Fichte sowie das Absterben von Bäumen zu beobachten. Es wurde daher versucht, die Ursachen dieser Vorgänge zu erforschen. Mit Düngungsmaßnahmen sollte eine Verbesserung des Waldzustandes erreicht werden. Es ließen sich noch eine Reihe von Aktivitäten anführen, die ich aber aus Zeitmangel heute nicht näher erläutern kann.

So wurde unter anderem auch die Forschungsinitiative gegen das Waldsterben hier an der Universität für Bodenkultur ins Leben gerufen.


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Für gesunde und leistungsfähige Wälder

Gemeinsames Ziel, sowohl der Universität für Bodenkultur, als auch der Forstlichen Bundesversuchsanstalt war und ist die Erhaltung gesunder, leistungsfähiger Wälder im Interesse unserer Landeskultur und einer intakten Umwelt. Durch die Umweltproblematik hat zweifelsohne ein Wertewandel in unserer Gesellschaft stattgefunden, der der forstlichen Forschung neue Impulse gegeben hat.

Und das ist, glaube ich, gut so.


2002-02-05 (LinR/FeiH) , Index | Forschung | Publikationen