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Nationaler Bericht "Naturwaldreservate in Österreich"

Österreichischer Beitrag zur COST Aktion E4
Forest Reserves Research Network

G. Frank und G. Koch

Erstellt: 1999, Datengrundlage: 1997

Abstract

In Österreich besteht eine lange Tradition in der Einrichtung und Betreuung von Naturwaldreservaten. Derzeit wird ein bundesweites Netz von Reservaten eingerichtet und die Forschungsschwerpunkte neu formuliert. Der aktuelle Stand beträgt 159 Naturwaldreservate und Naturwaldzellen mit einer Waldfläche von 6.072 ha. Die eingerichteten Reservate erfassen 80 von 125 natürlichen Waldgesellschaften des Landes. Ziel des Naturwaldreservate-Programms ist es, sämtliche potentiellen natürlichen Waldgesellschaften in den Waldwuchsgebieten durch mindestens ein Naturwaldreservat abzudecken. Im folgenden Bericht wird die österreichspezifische Rechtslage, die naturräumliche Sonderstellung im Alpenbereich und das Projekt Naturwaldreservate mit einigen Ergebnissen aus der Forschung dargestellt.

Übersicht

1. Einleitung
2. Allgemeines zum österreichischen Wald
3. Geschichtliche Entwicklung der Naturwaldreservate in Österreich
4. Klassifizierung und rechtlicher Status von Schutzgebieten
5. Stand der Forschung und Einrichtung von Naturwaldreservaten in Österreich
6. Literatur


1. Einleitung

In Österreich wurden seit Jahrzehnten Naturwaldreservate eingerichtet. Dieser Prozess wurde in erster Linie durch einige wenige engagierte Forstwissenschaftler, Waldeigentümer und Forstpraktiker, aber nicht als nationales Programm, vorangetrieben.

Derzeit wird an der Umsetzung des 1995 gestarteten Österreichisches Programm Naturwaldreservate gearbeitet. Dieses sieht den systematischen Aufbau eines repräsentativen Netzes von Naturwaldreservaten vor und kann als eine direkte Folge der Helksinki-Resolution H2 General Guidelines for the Conservation of the Biodiversity of the European Forests gesehen werden. Das Projekt Naturwaldreservate stellt dabei einen wesentlichen Beitrag zu einer Gesamtstrategie der Erhaltung und Verbesserung der biologischen Diversität der Wälder als Grundvoraussetzung für ihr nachhaltiges Bestehen und die Erfüllung ihrer Funktionen dar.

Ende 1997 waren 159 Naturwaldreservate mit einer Waldfläche von 6.072 ha eingerichtet. Das sind 0,15 % der österreichischen Waldfläche. Anzahl und Fläche weisen stark steigende Tendenz auf. Dabei orientieren wir uns in erster Linie am Vorkommen der potentiellen natürlichen Waldgesellschaften. Durch die Lage Österreichs im Schnittpunkt alpiner, subkontinentaler und subatlantischer Klimaeinflüsse kommen in Österreich etwa 125 Waldgesellschaften vor. Alle in 22 definierten Wuchsgebieten (KILIAN et al. 1994) vorkommenden typischen Waldgesellschaften sollen durch mindestens ein Reservat pro Wuchsgebiet und Waldgesellschaft vertreten sein.

Es muß betont werden, daß die in diesem Bericht wiedergegebenen Zahlen eine Momentaufnahme mitten in einer sich sehr schnell verändernden Entwicklung darstellen.

2. Allgemeines zum österreichischen Wald

Österreichs Wald im Spiegel der Waldinventur

 Gesamtfläche Österreichs:  8,385.000 ha    Aktuelle Waldfläche:       3,924.000 ha  
Waldanteil an Gesamtfläche:      46,8 %      Bevölkerung:    8,046.500  
Bevölkerungsdichte:    96/km2                                                    Waldfläche pro Einwohner:    0,49 ha  

Betriebsarten:

%

Eigentumsarten:

%

Wirtschaftswald

75,7

Kleinwald (<200ha)

53,4

Schutzwald im Ertrag

7,4

Betriebe

31,6

Schutzwald außer Ertrag

11,9

ÖBF-AG

15,0

Holzboden außer Ertrag

2,6

Ausschlagwald

2,4

Tabelle 1: Anteil der Betriebsarten und Eigentumsarten an der österreichischen Waldfläche

Betriebsarten

Abbildung 1: Anteile der Betriebsarten am Österreichischen Wald

Eigentumsarten

Abbildung 2: Anteile der Eigentumsarten am Österreichischen Wald

Die Waldausstattung beträgt nach der aktuellsten Inventurauswertung 3,92 Mio ha, das sind 46,8 % der Gesamtfläche Österreichs. Seit Beginn der Österreichischen Waldinventur 1961 kann eine ständige Flächenzunahme des österreichischen Waldes beobachtet werden. Qualitativ ist generell eine Zunahme des Laubholzanteils und eine Tendenz zu laubholzreichen Mischbeständen zuungunsten von Nadelholz-Reinbeständen festzustellen (RUSS 1997).

Schutzwald

Rund 755.000 ha, das sind rund 19,3 % des österreichischen Waldes sind als Schutzwald deklariert. Nach der Österreichischen Forstgesetzgebung ist unter Schutzwald aber keineswegs - wie in anderenen Ländern - Wald zu verstehen, der aus Naturschutz-Gründen als Schutzgebiet deklariert ist. Der Begriff Schutzwald bedeutet vielmehr zu schützenden Wald, der durch eine eingeschränkte forstliche Nutzung und besondere waldbauliche Maßnahmen in seiner Existenz zu erhalten ist. Zweck der Walderhaltung ist die Erhaltung der für den Menschen positiven Wirkungen dieser Wälder, wie Schutzwirkung, Wohlfahrtswirkung aber auch Erholungswirkung und allgemeine Nutzwirkung.

Gemäß Definition des Forstgesetzes sind alle jene Wälder als Schutzwald zu bezeichnen, die auf Böden stocken, welche ohne Waldbewuchs durch Wind, Wasser und Verwitterung abgetragen würden und wo eine Wiederbewaldung nur unter schwierigen Bedingungen möglich wäre. Der Schutzwald schützt sich also auf extremen Standorten selber, um nachhaltig bestehen zu können. Er schützt den Standort und den Boden, auf dem er stockt.

Seit Beginn der Österreichischen Forstinventur 1961 wird der Schutzwald in die Kategorien Schutzwald im Ertrag und Schutzwald außer Ertrag getrennt. Außschlaggebend dafür waren ausschließlich ökonomische Überlegungen: Im Schutzwald im Ertrag (7,4 % der gesamten Waldfläche) sind unter Berücksichtigung der Schutzfunktion noch wirtschaftliche Maßnahmen durchführbar, hingegen kann der Schutzwald außer Ertrag (11,9 % der gesamten Waldfläche) nicht mehr oder nur mehr unbedeutend wirtschaftlich genutzt werden. Es handelt sich dabei um Wälder in schwer oder unbegehbaren Lagen und Bestände auf dürftigen Standorten mit sehr geringen Wuchsleistungen Das bedeutet aber auch, daß direkte menschliche Eingriffe derzeit nahezu ausgeschlossen sind und diese Wälder einen sehr naturnahen Charakter aufweisen (SCHADAUER et al. 1997).

Zweifellos weisen diese Wälder (rund ein Fünftel der Waldfläche) aufgrund ihrer besonderen Lage viele Merkmale auf, die mit jenen von Waldschutzgebieten ident sind. Heute werden diese Wälder daher häufig als Ersatz- oder Kompensationsflächen für Naturwaldreservate vorgeschlagen. Doch ergeben sich bei genauerer Analyse folgende Kritikpunkte:

Schutzwälder außer Ertrag befinden sich überwiegend in den subalpinen Waldhöhenstufe und werden nur durch wenige heimische Waldgesellschaften und Baumarten repräsentiert. Laut neuesten Ergebnissen der Österreichischen Waldinventur werden die Schutzwälder außer Ertrag zu drei Viertel von nur 4 Nadelbaumarten aufgebaut.

Ein hoher Prozentsatz (26 %) der Schutzwälder außer Ertrag werden von Buschwaldgesellschaften, wie Latschengebüsch (Pinus mugo), eingenommen. Diese Waldtypen haben nur eine untergeordnete Bedeutung für den österreichischen Wald, und liefern keine Erkenntnisse für die Hochwaldbewirtschaftung.

Derzeit sind Naturwaldreservate sowohl nach ihrer Anzahl als auch nach ihrer Flächenausdehnung in den montanen und subalpinen Höhenstufen - überwiegend im Schutzwald - überrepräsentiert. An Waldgesellschaften außerhalb dieser Bereiche besteht hingegen Mangel.

Hemerobie Österreichischer Waldökosysteme - Grad der menschlichen Beeinflußung

Wie auch in anderen waldreichen Ländern Europas ist die Naturnähe der Wälder eine zentrale Fragestellung in der Forstwirtschaft, dem Naturschutz und in verschiedensten Forschungsdisziplinen wie auch in der Naturwaldforschung. Durch den Abschluß des Man and the Biosphere - Forschungsprojektes an der Universität Wien mit dem Titel "Hemerobie Österreichischer Waldökosysteme" sind wir in der Lage, die heikle Frage, wie naturnah ist der Wald, erstmalig wissenschaftlich fundiert zu beantworten (GRABHERR et al. 1995).

Neu an diesem Projekt war die Herleitung der Hemerobie (Grad des menschlichen Einflusses) mittels standardisierter Bewertungsverfahren. Beurteilt wurde mit einem stratifiziertem Stichprobenverfahren die gesamte Waldfläche Österreichs (REITER & KIRCHMEIR 1997). Zur Erfassung der Naturnähe des Waldes wurde auf 4892 Probeflächen der Österreichischen Waldinventur die Abweichung des heutigen Waldbildes von der potentiellen natürlichen Waldgesellschaft bestimmt. Dazu wurde ein Kriterienkatalog mit eindeutig meßbaren und nachvollziehbaren Kriterien festgelegt und nach einem streng definierten Aufnahmeschlüssel erhoben.

Die Natürlichkeitsstufen (Hemerobiestufen) setzen sich aus der Verknüpfung von 11 Einzelkriterien wie z.B. "Naturnähe der Baumartenkombination", "Naturnähe der Bodenvegetation", "Intensität der Nutzungen", "Menge und Qualität des Totholzes" etc. zusammen. Im Bewertungsverfahren wurden die erhobenen Werte (Festmeter Totholz, Schichtung, etc.) in eine vergleichbare Ordinalskala von 1 (polyhemerob, künstlich) bis 9 (ahemerob, natürlich) transformiert. Durch die Übersetzung der erhobenen Werte in einen Relativwert war eine paarweise Verknüpfung der Kriterien zu einem Hemerobiewert möglich (KOCH & KIRCHMEIR 1997). Diese Art der Bewertung macht das Verfahren nachvollziehbar und transparent. Für die Praxis erfolgte eine Zusammenfassung zu 5 Natürlichkeitsstufen (GRABHERR et al. 1997).

Die Ergebnisse zeigen, daß 3 % der Waldfläche als natürlich und 22 % als naturnah einzustufen sind. Diese Wälder befinden sich primär in den subalpinen Lagen der Innenalpen mit Wäldern in denen Nadelbäume dominieren. Der deutlich größte Anteil (41 %) der österreichischen Wälder ist mäßig verändert. Die Studie zeigt aber auch auf in welchen Landesteilen anthropogene Einflüsse zu einer starken Veränderung der Wälder geführt haben und wo naturnahe Bestände praktisch fehlen. Dies sind vor allem die außeralpinen Gebiete in denen Buchen- und Eichen-Mischwälder die potentielle natürliche Waldgesellschaft bilden. Der Anteil stark veränderter Flächen beträgt 27 % und künstliche Wälder sind mit 7 % vertreten (KOCH et al. 1997). Für diese Gebiete wird es notwendig sein, zielgerichtete Programme zur Verbesserung des Waldzustandes einzuleiten. Die entwickelte Methode wäre mit geringen Modifikationen auch in anderen Ländern anwendbar.

3. Geschichtliche Entwicklung der Naturwaldreservate in Österreich

Auswirkungen historische Nutzungsformen

Nur ein kleiner Teil der in Österreich bestehenden Naturwaldreservate sind echte - wenn auch relativ kleinflächige, oft nur wenige Hektare große - Reste des Urwaldes. Der österreichische Wald wurde in der Vergangenheit viel intensiver durch den Menschen genutzt als heute. Holz war nicht nur ein wichtiges Baumaterial, sondern vor allem die wichtigste Energiequelle. Ganze Täler wurden zur Deckung des Energiebedarfes der Hütten- und Salinenindustrien und des Brennholzbedarfs der aufblühenden Städte radikal abgeholzt. Auch durch die Jahrhunderte dauernde Beweidung und Streunutzung entstanden vielfach aufgelockerte, parkartige Landschaften. Viele Waldökosysteme haben sich bis heute nicht von dieser intensiven landwirtschaftlichen Nutzung erholt.

Es ist daher leicht erklärbar, daß unbeeinflußte Urwaldreste nur in absolut unerreichbarem Gelände oder in für die Landwirtschaft wegen der Gelände- und Bodenbeschaffenheit nur schlecht geeigneten Gebieten erhalten geblieben sind. Aus dieser historischen Entwicklung der Landnutzung ergibt sich aber auch der Schwerpunkt früher ausgewiesener Reservate in der montanen und subalpinen Waldhöhenstufe, noch dazu konzentriert auf die Kalkalpen. Dieser ungünstigen Verteilung muß heute bewußt gegengesteuert werden.

Rückblick

Bereits im vorigen Jahrhundert verfügten Waldbesitzer über den Schutz der vor allem in den Nördlichen und Südlichen Kalkalpen verbliebenen Urwaldreste. Dabei standen Motive wie Erhaltung von Zeugnissen der Schöpfung für die Nachwelt im Vordergrund.

Seit ca. 1965 wurde mit der Ausweisung neuer Reservate und der wissenschaftlichen Dokumentation begonnen. Diese Phase ist untrennbar mit den Forstwissenschaftern Hannes Mayer und Kurt Zukrigl verbunden. Bereits damals wurde das Ziel verfolgt, ein Netz von Naturwaldreservaten aufzubauen, das schließlich alle wichtigen Waldgesellschaften ihrer Bedeutung erntsprechend repräsentieren soll. Ein großer Teil der heute bestehenden Reservate ist das Ergebnis der Bemühungen dieser beiden Forscher und ist in Monographien dokumentiert (MAYER et. al 1987, ZUKRIGL 1990).

Beispielgebende Initiativen waren die Widmung meist kleinerer Flächen (sogenannte Naturwaldzelle) durch privatrechtliche Verträge des Tiroler Forstvereins mit privaten oder kommunalen Waldeigentümern und die Einrichtung von Naturwaldreservaten im stadtnahen Wienerwaldbereich durch das Forstamt der Stadt Wien.

1986 wurden auf Betreiben von Hannes Mayer und Kurt Zukrigl die auf Grundeigentum der Österreichischen Bundesforste gelegenen Reservate durch eine vertragliche Vereinbarung zwischen der Universität für Bodenkultur und den Österreichischen Bundesforsten der Forschung zur Verfügung gestellt. Bis vor kurzem entsprach der Anteil der Österreichischen Bundesforste an der Fläche der Naturwaldreservate mit rund 15 % dem Anteil der ÖBF der gesamten Waldfläche.

Damit wird deutlich, daß in Österreich seit jeher private Waldbesitzer entscheidend an der Ausweisung der Naturwaldreservate beteiligt waren und die Ausweisung von Naturwaldreservaten nicht dem Staatswald alleine überlassen wurde. Bis Ende 1994 bestanden in Österreich 86 Naturwaldreservate mit einer Gesamtfläche von 3.224 ha (FRANK 1995).

Konsequenz aus der Helsinki Resolution H2

Als Konsequenz aus den Vereinbarungen der Ministerkonferenz zum Schutze der Wälder in Europa wurde 1994 eine Arbeitsgruppe mit der Entwicklung eines Rahmenkonzeptes für die Einrichtung eines österreichweiten Netzes von Naturwaldreservaten betraut. Ganz bewußt wurden von Beginn an Interessensvertretungen der Waldeigentümer, in der Verwaltung tätige Forstleute, Forstwissenschaftler und Praktiker in den Prozeß mit einbezogen, der schließlich in ein Österreichisches Programm Naturwaldreservate mündete.

Mit der fachlichen Umsetzung dieses Programmes wurde die Forstliche Bundesversuchsanstalt betraut. Die administrative und finanzielle Abwicklung erfolgt durch das Bundesministerium für Land- und Forstwirschaft.

Wir sind derzeit mitten in einer Phase, in der es in erster Linie auf den systematischen Ausbau des Netzes ankommt. Demzufolge werden unsere Kapazitäten derzeit vor allem auf die Eignungs-Prüfung potentieller neuer Gebiete und auf die möglichst exakte Dokumentation des Ausgangszustandes neuer Reservate konzentriert. Die wissenschaftliche Bearbeitung bestender Reservate muß sich in dieser Phase aus personellen Gründen auf unbedingt erforderliche periodische Wiederholungsaufnahmen von zum Teil seit über 30 Jahren bestehenden Probeflächen beschränken.

4. Klassifizierung und rechtlicher Status von Schutzgebieten

4.1 Rechtliche Ausgangssituation

Die österreichische Bundesverfassung kennt keinen einheitlichen Kompetenztatbestand zum Schutz der Umwelt. Im Bereich des Umweltrechtes besteht nach wie vor ein Querschnittscharakter (WELAN & KIND 1995).

Generell liegt in Österreich die rechtliche Zuständigkeit für Gesetzgebung und Vollzug für Natur- und Landschaftsschutz in der Kompetenz der neun Bundesländer. Es gibt daher kein Bundes-Naturschutzgesetz, sondern neun Landes-Naturschutzgesetze. In rechtlicher Hinsicht ist daher der Bund für den Naturschutz an sich nicht zuständig. Eine Ausnahme bilden die internationalen Abkommen wie z. B. die Alpenkonvention, die Ramsar Konvention oder die Berner Konvention und die naturschutzrelevanten Programme der Europäischen Kommission. Hingegen ist das gesamte Forstwesen in Bundesgesetzen geregelt.

In Bezug auf die Einrichtung von Naturwaldreservaten ist die Tatsache wichtig, daß der Begriff Naturwaldreservate im österreichischen Forstgesetz nicht verankert ist, wie das in anderen europäischen Staaten der Fall ist. Auch in den Landes-Naturschutzgesetzen sind Naturwaldreservate nicht explizit geregelt, mit einer Ausnahme, dem Salzburger Naturschutzgesetz.

Deshalb wurden früher Naturwaldreservaten entsprechende Schutzgebiete im Wald im Verordnungswege nur mit den bestehenden Instrumenten der Naturschutzgesetze als Naturschutzgebiete oder geschützte Landschaftsteile (siehe unten) eingerichtet (ZUKRIGL 1990). Einige Reservate auf Grundflächen der Österreichischen Bundesforste wurden durch Verwaltungsabkommen mit wissenschaftlichen Institutionen gesichert. Ein großer Teil der in der Vergangenheit eingerichteten Reservate beruhte aber einfach auf formlosen mündlichen Zusagen der Eigentümer oder einfachen zivilrechtlichen Vereinbarungen.

Erst durch die Unterzeichnung der Resolutionen der Ministerkonferenz zum Schutze der Wälder in Europa, insbesondere der Resolution H2 General Guidlines for the Conservation of the Biodiversity of European Forests im Jahre 1993 in Helsinki wurde ein österreichisches Programm zur Errichtung von Naturwaldreservaten initiert. Damit wurden die Grundlagen für den systematischen Ausbau eines österreichweiten repräsentativen Netzes von Naturwaldreservaten geschaffen. Grundsätzlich erfolgt dabei die Einrichtung neuer Reservate nicht durch Verordnung, sondern auf der Basis privatrechtlicher Verträge zwischen der Republik Österreich und den Waldeigentümern.

4.2 Schutzkategorien gemäß Landes-Naturschutzgesetzen

Naturschutzgebiet

Gebiete, die die Erhaltung und den Schutz von natürlichen, sich selbst steuernden und erhaltenden Ökosystemen oder Ökosystemkomplexen mit großer Arten- und Strukturvielfalt gewährleisten bzw. selten gewordenen Tier- und Pflanzenarten einen Lebens- und Rückzugsraum bieten oder eine sonstige naturwissenschaftliche Bedeutung besitzen, weisen die Eignung zu einem Naturschutzgebiet auf. Erhaltungswürdig im Sinne der genannten Kriterien sind unter anderem Ur- oder Reliktwälder (vgl. DRUML 1992). Die Ausweisung als Naturschutzgebiet stellt in allen Bundesländern neben Sonderschutz-gebieten in Nationalparken die strengste Form des Gebietsschutzes dar (TIEFENBACH 1993). Aber selbst für diese strengste Schutzkategorie gibt es in fünf Landesgesetzen Ausnahmebestimmungen für eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung dieser Gebiete.

Generell kann davon ausgegangen werden, daß bei der ersten Welle der Einrichtung von Naturschutzgebieten - als Folge des ersten Europäischen Naturschutzjahres 1970 - in erster Linie waldfreie Biotope wie Trockenrasen, Feuchtgebiete oder alpine Biotope berücksichtigt wurden.

Von den 328 Naturschutzgebieten mit einer Gesamtfläche von 281.814 Hektar (3,3 % der Landesfläche; TIEFENBACH 1993) sind daher nur 26 Naturschutzgebiete reine Waldbiotope mit einer Fläche von 4.698 Hektar (0,06 % der Landesfläche). Der Flächenanteil des Waldes an der Gesamtfläche der Naturschutzgebiete dürfte jedoch um vieles höher sein, da viele primär auf andere Biotoptypen ausgerichteten Schutzgebiete auch einen untergeordneten Waldanteil enthalten. Es existiert aber derzeit leider keine österreichweite Erhebung, welche eine fundierte Aussage über den Anteil des Biotoptyps Wald an der Gesamtfläche der Naturschutzgebiete zuläßt.

Landschaftsschutzgebiet

Gebiete, die sich durch eine besondere landschaftliche Schönheit auszeichnen oder die für die Erholung der Bevölkerung oder für den Fremdenverkehr besondere Bedeutung haben (DRUML 1992).

Im Vergleich zu Naturschutzgebieten bietet das Landschaftsschutzgebiet einen deutlich geringeren Schutz. In diesen Gebieten sind Maßnahmen mit einer nachhaltigen Beeinträchtigung der Landschaft genehmigungspflichtig. In Landschaftsschutzgebieten ist der effektive Schutz von Arten oder Lebensgemeinschaften nicht unmittelbar gegeben, da eine weitere land- und forstwirtschaftliche Nutzung zugelassen ist, bzw. Managementmaßnahmen sogar erwünscht sind.

Aus diesem Grund ist diese besonders auf die Erhaltung der traditionellen Kulturlandschaften ausgerichtete Schutzkategorie für die Sicherung von Naturwaldreservaten nicht geeignet.

Geschützter Landschaftsteil, Geschützter Grünbestand

Kleinräumige Teile der Landschaft, die das Landschafts- und Ortsbild besonders prägen oder beleben, für den Naturhaushalt, das Kleinklima oder die Tier- und Pflanzenwelt oder für die Erholung der Bevölkerung von besonderer Bedeutung sind (DRUML 1992).

Mit Ausnahme von einem Bundesland ist diese Kategorie in allen Landesgesetzen vorgesehen. Es handelt sich um Teilbereiche der Landschaft (häufig in Landschaftsschutzgebieten), welche zum Schutz von besonderen Lebensgemeinschaften oder Einzelbestandteilen der Landschaft erhalten werden sollen. Die Schutzkategorie ist auf kleinem Raum ähnlich streng wie jene des Naturschutzgebietes, eignet sich jedoch wegen der Kleinflächigkeit höchstens für die Unterschutzstellung von Naturwaldzellen.

Naturparke

Gebiete oder Teile von Gebieten, welche bereits als Naturschutzgebiete oder Landschaftsschutzgebeite geschützt sind. Da Naturparke weniger dem Naturschutz als primär der Erholung von Menschen in genutzten Kulturlandschaften dienen und allgemein zugänglich sein müssen, deckt sich diese Schutzkategorie nicht mit den Zielen von Naturwaldreservaten (vgl. WOLKINGER 1996).

Nationalparke

Die Materie der Nationalparke ist in eigenen Landesgesetzen geregelt. Dabei handelt es sich um Schutzgebiete, mit charakteristischen Geländeformen oder Tier- und Pflanzenarten, welche für Österreich eine repräsentative Bedeutung haben (vgl. WOLKINGER 1996, DRUML 1992, TIEFENBACH 1993). Sie dienen der Wissenschaft und der Erholung und sind daher weitgehend zugänglich. Die Landesgesetze unterscheiden in Nationalparken Kern- und Außenzonen. In den Kernzonen ist jede Nutzung untersagt. In den Außenzonen ist meist eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung ungehindert möglich.

In Österreich wurden bisher 5 Nationalparke eingerichtet. Mit Ausnahme der Nationalparke Kalkalpen und Donau-Auen befinden sich die Waldflächen in den Außenzonen und genießen keine besonderen Schutzbestimmungen. Aus diesem Grund ist nur ein geringer Teil der Waldfläche in diesen Gebieten vor Eingriffen geschützt und kann sich entsprechend den Kriterien für Naturwaldreservate ungestört entwickeln. Derzeit werden insgesamt rund 40.800 ha Wald durch die 5 Nationalparke erfaßt.

Ex-lege Schutz

Neuere Naturschutzgesetze einiger Bundesländer sehen die Möglichkeit vor, ökologisch besonders sensible Lebensraumtypen unter einem ex-lege Schutz zu stellen und für diese Lebensräume ein generelles Eingriffsverbot vorzusehen. Dies betrifft vor allem den Schutz von Gewässern und Uferbereichen, Feuchtgebieten und die alpinen Regionen. Eine gesetzliche Sicherung von Naturwaldreservaten ist durch diese Schutzkategorie kaum möglich, da sie höchstens einzelne Bruchwälder oder bachbegleitende Galeriewälder berücksichtigen würde.

Generhaltungswälder

Seit 1986 wird von der Forstlichen Bundesversuchsanstalt an einem Projekt gearbeitet, daß gezielt auf die Erhaltung der genetischen Vielfalt der Waldbäume ausgerichtet ist (MÜLLER 1994, LITSCHAUER 1994). Eine Säule dieses Projektes ist neben der Einrichtung von Samenbanken und Samenplantagen die gezielte Ausweisung von Generhaltungswäldern und die zielkonforme Bewirtschaftung dieser Flächen durch die Waldeigentümer.

Gen-Reservate und Gen-Erhaltungswälder können, müssen aber nicht Naturwaldreservate sein. Das Ziel dieser Bestände ist die Erhaltung der genetischen Vielfalt der Waldbäume und des Anpassungspotentials von Baumpopulationen. Gen-Reservate dienen auch der Erhaltung seltener und konkurrenzschwacher Baumarten, was nicht vorrangiges Ziel von Naturwaldreservaten ist. Naturwaldreservate hingegen sind auf die Erhaltung der gesamten biologischen Vielfalt von Waldökosystemen ausgerichtet.

Zur Erreichung der Ziele von Gen-Reservaten sind aktive Maßnahmen (Förderung der Naturverjüngung, Schutz von Einzelbäumen, Konkurrenzregelung, u. a.) zulässig und häufig sogar notwendig. In Naturwaldreservaten hingegen sind ab dem Zeitpunkt ihrer Einrichtung alle Eingriffe und Maßnahmen (mit Ausnahme der Jagd) unzulässig. Nur dadurch kann eine ungestörte natürliche Entwicklung erfolgen und studiert werden. Daraus folgt, daß Naturwaldreservate nur in Ausnahmefällen mit Generhaltungswäldern ident sein werden. Eine sinnvolle Kombination von Naturwaldreservaten und Generhaltungswäldern besteht in der zusätzlichen Nutzung der naturnah bewirtschafteten Pufferzonen als Generhaltungswälder.

Generhaltungswälder nehmen in Österreich eine Gesamtfläche von rund 8.500 ha ein und stellen somit wichtige naturnahe Vergleichsflächen dar.

5. Stand der Forschung und Einrichtung von Naturwaldreservaten in Österreich

Naturwaldreservate eignen sich besonders für langfristige waldökologische Grundlagenforschung, da die Dynamik dieser Waldökosysteme nicht durch anthropogene Einwirkungen überlagert wird. In den Anfängen der Naturwaldforschung wurde vor allem vegetationskundlichen und waldbaulichen Fragestellungen nachgegangen. Heute gewinnen Untersuchungen der Biodiversität, der populationsgenetischen Zusammenhänge, der Störungsanfälligkeit oder der Anpassungsfähigkeit von Waldökosystemen an mögliche Klimaänderungen zunehmend an Bedeutung. Erklärtes Ziel der angewandten Forschung ist die Weiterentwicklung eines ökologisch orientierten, naturnahen Waldbaus. Naturwaldreservate sind Beispielsbestände der natürlichen Waldgesellschaften und Referenzflächen für Biotopbewertungen und ökologische Inventuren.

Die Ausgangssituation des Standes der Naturwaldreservate in Österreich war 1994 noch wenig zufriedenstellend. Die überwiegende Anzahl an Naturwaldreservaten bzw. Naturwaldzellen waren von geringer Größe (< 5 ha) und diese repräsentierten nur einen kleinen Ausschnitt der Waldentwicklung. Ein weiteres Defizit war die ungleichmäßige Verteilung der Reservate auf die Waldgesellschaften, Höhenstufen und Wuchsgebiete. Von den großflächigen zonalen Waldgesellschaften waren vorwiegend subalpine und montane Nadelmischwälder vertreten. Es fehlten jedoch vor allem Reservate in den Buchenwald- und Eichen-Hainbuchenwald-Gebieten. Ebenso waren von den rund 125 Waldgesellschaften Österreichs nur wenige Spezialgesellschaften (azonale und extrazonale Wälder) erfaßt (vgl. ZUKRIGL 1990, FRANK 1995).

Die Ergebnisse des Hemerobieprojektes bestätigen einen nur sehr geringen Anteil von 3 % natürlicher und ungenutzter Wälder, welche sich zudem auf wenige Waldgesellschaften beschränken (vgl. KOCH et al. 1997). Eine Konsequenz aus dieser Studie wäre, daß der Bedarf an weiteren Naturwaldreservaten in bereits genannten Waldtypen groß ist, um ausreichend Referenzflächen für die Waldbewirtschaftung und den Naturschutz zu erhalten (vgl. GRABHERR 1997).

Rahmenkonzept für ein Österreichweites Netz von Naturwaldreservaten

Die Unterzeichnung der Helsinki-Resolutionen war ein wichtiger Anlaß für die Ausarbeitung eines Rahmenkonzeptes zur Einrichtung eines österreichweiten Netzes von Naturwaldreservaten. Die Umsetzung dieses Konzeptes erfolgt nun im dafür eingerichteten Projekt Naturwaldreservate an der Forstlichen Bundesversuchsanstalt Wien.

Der primäre Sinn und Zweck von Naturwaldreservaten ist die natürliche Entwicklung des Waldes durch die sofortige Einstellung unmittelbarer menschlicher Beeinflussung, auch wenn die derzeitige Bestandesentwicklung noch nicht der Naturwalddynamik entspricht. Wichtigste Voraussetzung für den Bestand eines Naturwaldreservates ist die Willenserklärung des Eigentümers und eventueller Nutzungsberechtigter, daß Eingriffe ab sofort unterbleiben und die Waldfläche in das Reservate-Netz aufgenommen wird.

Typen von Naturwaldreservaten (NWR)

Entsprechend der Zielsetzung und der Berücksichtigung bereits bestehender Reservate und Forschungsergebnisse werden drei Kategorien von Reservaten unterschieden.

Standardreservate:

Standardreservate müssen eine ausreichende Größe (Minimumstrukturareal) aufweisen um den vollständigen Phasenzyklus nachhaltig zu gewährleisten. Ein Monitoring-Grundprogramm, bestehend aus Vegetationskartierung und permanentem Stichprobennetz, dient der langfristigen Beobachtung und Dokumentation der Waldentwicklung.

Schwerpunktreservate:

Schwerpunktreservate entsprechen entweder besonderen Waldgesellschaften oder eignen sich aufgrund besonderer Voraussetzungen (Größe, Naturnähe etc.) für spezifische Forschungsprogramme. In diese Kategorie fallen auch Reservate, die sich für Informationseinrichtungen und für Maßnahmen der Besucherlenkung zur gleichzeitigen Entlastung anderer Reservate eignen.

Naturwaldzellen:

Naturwaldzellen (NWZ) sind eine Sonderform von Naturwaldreservaten. Sie sind in Ihrer räumlichen Ausdehnung zu klein, um eine nachhaltig ausgeglichene Entwicklung aller Bestandesentwicklungsphasen zu gewährleisten. Sie dienen in erster Linie als charakteristische oder seltene Beispielsbestände der natürlichen Waldgesellschaften, haben aber auch eine wichtige Funktion in der Vernetzung von Lebensräumen.

Die Mindestgröße für Naturwaldzellen ist gegeben, wenn ein gesellschaftsspezifisches Wald-innenklima gewährleistet ist. Sie liegt abhängig von der potentiellen natürlichen Waldgesellschaft zwischen 0,5 bis 1 ha.

5.1 Projekt Naturwaldreservate an der FBVA

Zielsetzung:

Vorrangige Aufgabe von NWR ist die Erhaltung der für die betreffende Waldgesellschaft typischen Biodiversität. Es sollen nicht bestimmte Waldzustände konserviert werden, sondern die ungestörte Dynamik von Prozessen jeder Art (incl. natürlichen Störungen und Katastrophen) zugelassen werden.

In einem Grundsatzpapier wurde 1995 die Planung und Einrichtung eines Netzes von Naturwaldreservaten gemeinsam mit Experten der Forstbehörden, Verwaltung, Waldbesitzervertretungen und der Forstlichen Bundesversuchsanstalt festgelegt. Dabei wurden Erfahrungen aus anderen Ländern berücksichtigt und internationale Programme einbezogen.

Das Projekt Naturwaldreservate beinhaltet die Ausarbeitung von Empfehlungen für die Ausweisung und Betreuung neuer Reservate, die Einrichtung neuer Reservate und die Organisation und Konzeption eines Forschungsprogrammes. Besondere Berücksichtigung findet dabei die repräsentative Verteilung der Reservate über die in Österreich vorkommenden Waldgesellschaften. Ein Informationssystem über das Reservatenetz wird derzeit aufgebaut. Ein Netz von standardisierten Beobachtungsflächen dient der langfristigen Dokumentation der natürlichen Entwicklung und anthropogen verursachten Belastungen.

Wichtiges Auswahlkriterium für die Naturwaldreservate ist neben dem Natürlichkeitsgrad die Repräsentativität in Abhängigkeit vom Areal der potentiellen natürlichen Waldgesellschaften in den einzelnen Wuchsgebieten.

Kriterien für die Ausweisung von Naturwaldreservaten

Für eine standardisierte und nachvollziehbare Bewertung der Eignung von Waldflächen als Naturwaldreservaten wurde ein verbindlicher Kriterienkatalog erstellt, nach welchem die Begutachtung und Auswahl geeigneter Waldflächen erfolgt.

Die wesentlichen Kriterien sind:

Naturnähe der Vegetation
> Übereinstimmung der Baumartenzusammensetzung der aktuellen Vegetation mit jener der potentiellen natürlichen Vegetation.

Bestandesstruktur, Bestandesalter, Bestandestextur
> Nachaltiges Vorhandensein sämtlicher Bestandesentwicklungsphasen innerhalb eines Reservates.

Mindestgröße
>
Die Mindestfläche für ein NWR (Ausnahme in Naturwaldzellen) wird durch das Minimumstrukturareal bestimmt. Darunter versteht man jene Waldfläche die notwendig ist, damit jede Bestandesentwicklungsphase nachhaltig vertreten ist. Das Minimumstrukturareal ist von der Waldgesellschaft abhängig und liegt nach derzeitigen Forschungergebnissen zwischen 10 und 50 ha.

Topographische Einheit
>
Zu berücksichtigen ist die Geschlossenheit der orographischen Einheit.

Seltenheit und Gefährdung
>
Alle seltene Waldgesellschaften sollten erfaßt werden; für seltene und / oder gefährdete Waldgesellschaften darf das Kriterium der Mindestfläche weniger stark gewichtet werden.

Pufferzonen
> Pufferzonen können äußere Einflüsse auf das Reservat minimieren und sollen zu diesem Zweck im erforderlichen Ausmaß erhalten oder angelegt werden. In diesen Randzonen des Resevates kann eine naturnahe Waldnutzung erfolgen. Pufferzonen sollen eine Breite von 1 bis 3 Baumlängen haben.

Beeinträchtigung durch Wege, Leitungstrassen, Straßen
>
Durch Beeiträchtigungen dürfen keine negativen Einflüsse auf das gesellschaftsspezifische Waldinnenklima und die Waldentwicklung ausgehen.

Wildeinfluß
>
Der Wildstand muß eine gesicherte Verjüngung aufkommen lassen; diese muß die Baum- und Straucharten der potentiellen natürlichen Waldgesellschaft beeinhalten.

Ausschließungsgründe und Aufhebungsgründe

Ausschließungsgründe liegen bereits zum Zeitpunkt der Eignungsprüfung vor während Aufhebungsgründe bereits bestehende Reservate betreffen. Diese umfassen folgende Gegebenheiten:

Ablauf der Reservatseinrichtung

Die Einrichtung von Naturwaldreservaten erfolgt nach einem standardisierten Verfahren welches folgende Punkte beeinhaltet.
  1. Meldung von Waldflächen durch Waldeigentümer und Forstpersonal.
  2. Vorbegutachtung der vorgeschlagenen Flächen durch Vertreter der FBVA und eingeschulte Gutachter der Landesforstbehörden.
  3. Ausscheidung geeigneter Reservate und Abgrenzung der Flächen.
  4. Grundlagenerhebung durch geschulte Aufnahmeteams auf einem Raster von permanent eingerichteten Stichprobenflächen für die Entschädigungsbewertung und die weitere Beobachtung. Die wichtigsten Erhebungsmerkmale sind: Vegetationsaufnahmen nach BRAUN-BLANQUET 1964, Bestimmung und Kartierung der potentiellen natürlichen Waldgesellschaften, Bestandesparameter, Winkelzählproben, Standortsansprache, Bonitierung.
  5. Ausarbeitung eines Fachgutachtens und Ermittlung der jährlichen Entschädigungssumme über eine einheitliche Berechnungsformel.
  6. Ausarbeitung eines Vertrages zwischen der Republik Österreich und dem Waldeigentümer über den Zeitraum von 20 Jahren.
In eingerichteten Reservaten erfolgt eine laufende Kontrolle.

Derzeitiger Stand der Einrichtung von Naturwaldreservaten

Seit dem Jahr 1995 erfolgt kontinuierlich die Prüfung und Vorbegutachtung von neu gemeldeten Waldflächen auf ihre Eignung als Naturwaldreservat. Im Jahr 1997 wurden schließlich 71 neue Reservate eingerichtet.

Während vor Beginn des Projektes Naturwaldreservate an der FBVA 86 Reservate mit 3.224 ha existierten (FRANK 1995), sind es seit Anfang 1998 fast doppelt so viele mit einer Gesamtfläche von 6.072 ha (siehe Abbildung 3 und Tabelle 2).

Waldflächen und Reservate

Abbildung 3: Waldflächen und Anzahl der Reservate nach 6 Größenklassen von Naturwaldreservaten.

Wie in der Abbildung 3 ersichtlich nimmt die größte Anzahl an Reservaten eine Fläche von 5 bis 20 ha ein, während nur wenige Reservate mit mehr als 100 ha vertreten sind. Im Vergleich zum Stand von 1995 hat sich jedoch die Zahl der großen Reservate verdoppelt. Dies enspricht den internationalen Strategien, welche große Schutzgebiete bevorzugen (vgl. NOSS & COOPERRIDER 1994). Aus der Grafik ist auch ersichtlich, daß 55 % der kleinen Reservate (< 5 ha Waldfläche) nur 12 % der gesamten Reservatefläche einnehmen. Umgekehrt werden durch 9 % große Reservate (Fläche über 100 ha) 47 % der österreichischen Reservatefläche erfaßt.

Forest-Types

Anzahl

Fläche (ha)

FICHTEN-TANNEN-BUCHEN-WALD

38

2224

TIEFSUBALPINER FICHTEN-WALD

34

1468

FICHTEN-TANNEN-WALD

13

473

HOCHSUBALPINER LÄRCHEN-ZIRBEN-WALD

9

411

EICHEN-HAINBUCHEN-WALD

15

380

BUCHEN-WALD

23

313

MONTANER FICHTEN-WALD

2

204

BODENS.  KIEFERN-EICHEN-WALD

4

176

SUBKONTINENTALER EICHENMISCHWALD

6

113

SCHWARZKIEFERN-WALD

2

90

BERG-SPIRKEN-WALD

2

71

HARTE AU

3

55

FLAUMEICHENWALD

3

35

LÄRCHEN-WALD

2

22

LINDENMISCHWALD

1

18

WEICHE AU

1

14

BERGAHORN- und BERGAHORN-ESCHEN-WALD

1

5

159

6072

Tabelle 2: Verteilung der Naturwaldreservate auf Waldtypen

In der Tabelle 2 wurden 125 Waldgesellschaften zu Waldgruppen zusammengefaßt und die Verteilung der Naturwaldreservate auf diese dargestellt. Die meisten Naturwaldreservate befinden sich in Fichten-Tannen-Buchenwädern und subalpinen Fichtenwäldern. Alle weiteren Waldgruppen sind durch deutlich weniger Reservate erfaßt. Flächenmäßig stark unterrepräsentiert sind derzeit noch azonale Sonderwaldtypen. Erfreulicherweise konnten in den vergangenen Jahren vermehrt Reservate in den Eichen-Hainbuchenwäldern und Buchenwäldern eingerichtet werden. Ihre Flächen entsprechen jedoch noch nicht dem repräsentativen Anteil an der österreichischen Waldfläche und es fehlen noch wichtige Ausprägungstypen dieser Wälder.

5.2 Laufende Projekte außerhalb des Projektes Naturwaldreservate der Forstlichen Bundesversuchsanstalt.

Da der Schwerpunkt der Naturwaldforschung in der Zeit vor dem bundesweiten Naturwaldreservateprogramm in der Erfassung, Dokumentation und Auswertung von bestandesstrukturellen Daten lag, können wir in Österreich auf einen umfassenden Datensatz in diesem Forschungsgebiet hinweisen (MAYER 1967, MAYER & NEUMANN 1981, MAYER et al. 1972, MAYER et al. 1987, ZUKRIGL et al. 1963, ZUKRIGL 1966, ZUKRIGL 1990, ZUKRIGL 1991, FRANK 1991, NEUMANN 1978, SCHREMPF 1978, etc.).

Diese Ausgangssituation hat zur logischen Folge, daß auch künftig Untersuchungen durchgeführt werden, bei denen man auf bestehende Datengrundlagen aufbauen kann. Dadurch ist es möglich, Vergleichsaufnahmen auf den selben Probeflächen durchzuführen und entwicklungsdynamische Veränderungen festzustellen. Als Beispiel sei die Folgeerhebung des Urwald Neuwald erwähnt. In der Abbildung 4 wird das Ergebnis zweier Bestandesstrukturaufnahmen aus den Jahren 1961 und 1996 gegenübergestellt.

Urwald ErstaufnahmeUrwald Zweitaufnahme

Abbildung 4: Vergleich von Bestandesaufrissen im Urwald Neuwald. Erstaufnahme 1961 und Zweitaufnahme 1996.

Für die neu eingerichteten Naturwaldreservate wird derzeit ein Forschungskonzept ausgearbeitet, welches ein unterschiedlich intensives Erhebungsprogramm abhängig vom Reservatstyp (Standardreservat, Naturwaldzelle, Schwerpunktreservat) berücksichtigt. Das Untersuchungsprogramm berücksichtigt einerseits die spezifische Situation der österreichischen Naturwaldreservate und orientiert sich andererseits an internationalen Vorschlägen (COST E4) und Übereinkommen, sowie Erkenntnissen in anderen Ländern (PROJEKTGRUPPE NATURWALDRESERVATE DES ARBEITSKREISES STANDORTSKARTIERUNG IN DER ARBEITSGEMEINSCHAFT FORSTEINRICHTUNG 1993, THOMAS et al. 1994, etc.).

Standortskundliche Projekte:

Mikrobielle Stoffumsätze in Böden natürlicher Waldgesellschaften.

In diesem Projekt der Universität Wien gemeinsam mit der FBVA werden bodenmikrobiologische Vorgänge erhoben und um daraus Indikatoren für die Natürlichkeit von Waldökosystemen abzuleiten. Unter Ausschluß anthropogener Einflüsse werden Referenzwerte für die bodenmikrobiologischen Aktivität ermittelt.

Ein weiteres Modul in diesem Projekt untersucht den Stickstoffhaushalt in Wäldern. Dabei versucht man die N-Nachlieferung von Böden und den N-Verlust zu quantifizieren. Naturwaldreservate dienen als Referenzflächen für die natürliche Nitratauswaschung.

Als weitere Module dieses Forschungsprojektes wären zu erwähnen die Untersuchung des Ethylen- und Methanabbaues in natürlichen Waldökosystemen und die mikrobielle Diversität solcher Wälder.

Vegetationskundliche Projekte:

Von der Universität Salzburg und dem Haus der Natur, Salzburg, werden mykologische und lichenologische Untersuchungen in Naturwaldreservaten durchgeführt (RÜCKERT & WITTMANN 1995, TÜRK 1989, etc.). In diesen Untersuchungen wurde versucht von der Kryptogamenflora auf die Naturnähe von Wäldern zu schließen und anhand von Grundlagen über den Gefährdungsgrad von Pilzen und Flechten neue rechtliche Schutzkonzepte auszuarbeiten.

Neben den erwähnten Forschungsprojekten werden durch Diplomarbeiten und Dissertationen an der Universität für Bodenkultur, den Universitäten Wien und Salzburg laufend Untersuchungen in Naturwaldreservaten durchgeführt. Diese reichen von der vegetationskundlichen Erstaufnahme eines Reservates bis zu spezifischen Untersuchungen der Flechtenpopulationen.

Karte Naturwaldreservate

Abbildung 5: Karte der Naturwaldreservate in Österreich (Stand 1998).

6. Literatur

DRUML, B. 1992: Rechtliche Grundlagen des Naturschutzes. Forschungsinstitut WWF Österreich, Bericht 8/1992, 60 S.

FRANK G., 1995: Naturwaldreservate. Ökobilanz Wald Österreich. Österreichisches statistisches Zentralamt und Forstliche Bundesversuchsanstalt. Wien. S. 37-41.

GRABHERR, G., KOCH, G., KIRCHMEIR, H. & REITER, K. 1995: Hemerobie österreichischer Waldökosysteme - Vorstellung eines Forschungsvorhabens im Rahmen des österreichischen Beitrags zum MAB-Programm der UNESCO. - Zeitschrift für Ökologie und Naturschutz, 4, 1995:131-136. G. Fischer.

GRABHERR, G., KOCH, G., KIRCHMEIR, H. & REITER, K. (1997): Naturnähe Österreichischer Wälder - Bildatlas. Sonderdruck zu ÖFZ 97/1: 39 S.

GRABHERR, G., (1997): Naturschutzfachliche Bewertung der Natürlichkeit österreichischer Wälder. - ÖFZ, 1/1997, S. 11-12.

KOCH, G. & KIRCHMEIR, H. (1997): Methodik der Hemerobiebewertung. Österr. Forstzeitung, Wien, 97/1.

KOCH, G., KIRCHMEIR, H., REITER, K. & GRABHERR, G. (1997): Wie natürlich ist der Österreichische Wald? Ergebnisse und Trends. Österr. Forstzeitung, Wien, 97/1.

LITSCHAUER, R., 1994: Maßnahmen der Gen-Erhaltung in Österreich. In: Klimaänderung in Österreich. Herausforderung an Forstgenetik und Waldbau. FBVA-Berichte 81/1994:97-108.

MÜLLER, F., 1994: Müssen wir waldbauliche Konzepte ändern? In: Klimaänderung in Österreich. Herausforderung an Forstgenetik und Waldbau. FBVA-Berichte 81/1994:97-108.

MAYER, H. & NEUMANN, M. 1981: Struktureller und entwicklungsdynamischer Vergleich der Fichten-Tannen-Buchen-Urwälder Rothwald/NÖ und Corkova Uvala/Kroatien. - Forstwiss. Cbl. 100/2, 1981: 111-132.

MAYER, H., SCHENKER, S. & ZUKRIGL, K. 1972: Der Urwaldrest Neuwald beim Lahnsattel. Centr.Bl. f. d. ges. Forstwesen 89/3, 1972: 147-190.

MAYER, H., ZUKRIGL, K., SCHREMPF, W., SCHLAGER, G., 1987: Urwaldreste, Naturwaldreservate und schützenswerte Naturwälder in Österreich. Waldbau-Institut der Universität für Bodenkultur. Wien.

NEUMANN, M. 1978: Waldbauliche Untersuchungen im Urwald Rothwald/Niederösterreich und im Urwald Corcova uvala/Kroatien. Diss. Univ. Bodenk./ Wien: 135 S.

NOSS, R.F. & COOPERRIDER, A.Y. (1994): Saving Natures Legacy: Protecting and Restoring Biodiversity. Island Press, Washington, D.C.; Covelo, California.

PROJEKTGRUPPE NATURWALDRESERVATE DES ARBEITSKREISES STANDORTSKARTIERUNG IN DER ARBEITSGEMEINSCHAFT FORSTEINRICHTUNG, (1993): Empfehlungen für die Errichtung und Betreuung von Naturwaldreservaten in Deutschland. Forstarchiv 64: 122-129.

REITER, K. & KIRCHMEIR, H. (1997): Geoinformationssysteme im Lichte der Hemerobiebewertung. Österr. Forstzeitung, Wien, 97/1.

RÜCKERT, Th. & WITTMANN, H. 1995: Mycologisch-lichenologische Untersuchungen im Naturwaldreservat Kesselfall (Salzburg, Österreich) als Diskussionsbeitrag für Kryptogamenschutzkonzepte in Waldökosystemen. - Beih. Sydowia X: 168 - 191.

RUSS, W.1997: Waldfläche wächst weiter - Tendenz zu mehr Laubholz. Waldinventur 1992/96. Zur Nachhaltigkeit im österreichischen Wald. Beilage zur österreichischen Forstzeitung 12/1997.

SCHADAUER, K., NIESE, G. & KÖNIG U. 1997: Wie gefährdet ist Österreichs Schutzwald? Waldinventur 1992/96. Zur Nachhaltigkeit im österreichischen Wald. Beilage zur österreichischen Forstzeitung 12/1997.

SCHREMPF, W. 1978: Analyse der Verjüngung im Fichten-Tannen-Buchen-Urwald Rothwald in Niederösterreich. Centralbl. f. d. ges. Forstwes. 95(4): 217-245.

TIEFENBACH, M. 1993: Naturschutzgebiete in Österreich. Umweltbundesamt Monographien 38. Wien.

THOMAS, R., MROTZEK, R. & SCHMIDT, W. (1994): Aufgaben, Methoden und Organisation eines koordinierten Biomonitoringsystems in naturnahen Waldökosystemen der Bundesrepublik Deutschland. Systematisch-Geobotanisches Institut, Universität Göttingen. 127 S.

NATHER Generhaltungswälder

TÜRK, R. 1989: Die epiphytische und epigäische Flechtenflora und -vegetation im Naturwaldreservate Kesselfall im Kaprunertal. - unpubl. Gutachten im Auftrag der Amtes der Salzburger Landesregierung (At. 16/02 Naturschutzreferat): 1-11.

WELAN, M. & KIND, M., 1995: Umwelt und Recht in Österreich. Diskussionspapier Institut für Wirtschaft, Politik und Recht, BOKU, Wien.

WOLKINGER, F. 1996: Natur- und Nationalparks in Österreich. Umweltdachverband ÖGNU, Graz 1996.

ZUKRIGL, K., ECKHART, G. & NATHER, J. 1963: Standortskundliche und waldbauliche Untersuchungen in Urwaldresten der niederösterreichischen Kalkalpen. - :Mitt. d. Forstl. Bundesversuchsanst., 62, Wien.

ZUKRIGL, K. 1966: Urwaldreste in den niederösterreichischen Kalkalpen. Angew. Pflanzensoziol. Wien, 18/19: 289-296.

ZUKRIGL, K., 1990: Naturwaldreservate in Österreich - Stand und neu aufgenommene Flächen. Umweltbundesamt Monographien 21. Wien.

ZUKRIGL, K. 1991: Ergebnisse der Naturwaldforschung für den Waldbau (Österreich). Schriftenreihe f. Vegetationskunde 21: 233-247.

l Quelle: telefonische Umfrage 11/95 bzw. 1/98 bei den Nationalparkverwaltungen. Ähnlich der Situation bei den Naturschutzgebieten existiert derzeit keine österreichweite offizielle Flächenbilanz des Waldanteils in den Nationalparks (vgl. 4.1).


2000-02-07 (KocG/FeiH).  Rückfragen: Gerfried.Koch@bfw.gv.at
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