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Zukunftsbaumart Erle von neuer Phytophthora-Krankheit bedroht

Vor fünf Jahren wurde in England ein Absterben von Schwarzerlen entlang kleinerer und größerer Wasserläufe beobachtet, das innerhalb der folgenden Jahre katastrophale Ausmaße annahm. Eine bis dato unbekannte Pilzart der Gattung Phytophthora konnte dabei als Verursacher identifiziert werden. Inzwischen wurde die Krankheit in mehreren europäischen Ländern nachgewiesen, unter anderem auch in Österreich. Bis jetzt sind Massenauftreten auf England beschränkt, in allen anderen Ländern handelt es sich um verstreute Einzelvorkommen.








Kronenbild Erlensterben


Auf Initiative Großbritanniens hat sich heuer eine internationale Arbeitsgruppe formiert, die im Rahmen eines EU-Projektes den Ursachen für dieses Erlensterben nachgeht. Das Institut für Waldschutz der FBVA (Abteilung Phytopathologie) ist ebenfalls an diesen Untersuchungen beteiligt und beschäftigt sich im Speziellen mit Fragen der Krankheitsentwicklung, der Symptomvariabilität und vor allem mit den Wechselwirkungen zwischen dem Pathogen und anderen Krankheitsfaktoren. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, neu auftretende Fälle von Erlensterben mit Verdacht auf die Phytophthora-Krankheit möglichst rasch zu erfassen. Es wird daher ersucht, Auftreten von Erlensterben zu melden.

Betroffene Erlenarten und Standorte

Sowohl Schwarz- wie Grauerlen können erkranken, von der alpinen Grünerle sind keine Fälle bekannt. Am häufigsten ist die Schwarzerle betroffen. Andere Baumarten werden nicht befallen, die Erlen-Phytophthora ist nach bisherigen Erkenntnissen an die Gattung Alnus gebunden.

Das Phytophthora-Erlensterben tritt bevorzugt entlang von Wasserläufen verschiedenster Größe auf. Weiters sind auch aus Bruchwäldern Fälle von Erlensterben bekannt. Seltener ist die Krankheit in Baumschulen und Forstgärten zu beobachten. Fast immer sind es zumindest zeitweise überflutete Standorte.

Erkennungsmerkmale am Standort

Kronensymptome





























































































































































































































Charakteristisch ist ein reduzierter Austrieb der Krone. Die Blätter sind spärlich, deutlich kleiner und lichter grün als bei gesunden Erlen.

Sehr häufig kommt es an erkrankten Bäumen zur Notfruktifikation.

Die Phase der spärlichen Beblätterung kann ein bis zwei Saisonen andauern, bevor der Baum stirbt. Das Abdürren der Kronenäste erfolgt meist gleichzeitig in der ganzen Krone, selten sterben die obersten Äste vor den unteren ab (vor allem bei großen, älteren Bäumen).
Symptome am Stamm
Wasserreiser
Am Stamm erkrankter Bäume erscheinen meist Wasserreiser, die als Angsttriebe zu interpretieren sind. Diese weisen oft Blätter von normaler Größe auf.
Nekrosen
Die unmittelbare Ursache für das langsame Absterben der Kronen sind großflächig absterbende Rindenpartien (Nekrosen). Diese entstehen im Bereich der Stammbasis oder an den Wurzeln und breiten sich in Stammrichtung sowie in periklinaler Richtung aus . Wenn der gesamte Stammumfang vom Rindensterben erfaßt ist, sind die Symptome in der Krone meist schon deutlich ausgeprägt.
Teerflecken
An der Stammoberfläche manifestieren sich die Rindennekrosen in Form sogenannter Teerflecken . Das sind Stellen, wo lokal Saft austritt und später eintrocknet.
Risse
In Längsrichtung verlaufende Risse und manchmal breite wundenartige Aufplatzungen oberhalb der Stammbasis mit Wundkallusbildungen an den Rändern sind die Folgen früherer Infektionen durch Phytophthora, die vom Baum noch abgewehrt werden konnten .

Signifikanz der Merkmale

Alle angeführten Merkmale für sich können auch andere Ursachen haben als die Phytophthora-Krankheit.

So kann zum Beispiel das gleichzeitige Absterben aller Kronenäste auf Wunden am Stamm zurückgehen. Wasserreiserbildung, Notfruktifikation und selbst die Teerflecken sind Stressymptome, die ebenfalls nicht spezifisch sind. Auch Rindennekrosen am Stamm können verschiedene Ursachen haben. Nur aus der Kombination der Kronensymptome, der Teerflecken und der aufsteigenden Stammnekrose ist mit einiger Sicherheit auf die Phytophthora-Krankheit zu schließen.

Verwechslungsmöglichkeiten


Minierfraß durch Erlenwürger

Der Erlenwürger (Cryptorrhynchus lapathi, Curculionidae) ist das häufigste Insekt an Erlen, das irreversible Ast- und Stammschäden und selbst das Absterben der Bäume hervorrufen kann. Die Käfer verursachen an Ästen und Zweigen durch plätzeförmigen Fraß Wundstellen, die Larven bohren im Stamm Fraßgänge bis in etwa 1m Höhe. Die Gänge sind bis zu 10cm lang und hin und wieder mit Ausbohrlöchern versehen. Durch die Bohrtätigkeit wird die Standfestigkeit der Bäume herabgesetzt, die Larven übertragen aber auch Pilzinfektionen, die letztlich zum Absterben der Bäume und zu ähnlichen Schadbildern wie die Phytophthora-Krankheit führen.

Weidenbohrer

Ähnliche Schäden können auch vom Weidenbohrer (Cossus cossus, Cossidae) hervorgerufen werden, dessen fleischrote Larven ebenfalls im Bereich der Stammbasis und darüber breite Fraßgänge anlegen
Alle Arten von Verletzungen am Stammfuß können Rindennekrosen und Fäule zur Folge haben, häufig treten Schäden durch Schwemmgut in Zuge von Hochwässern auf.

Extreme Witterungsereignisse wie Dürreperioden oder starker Frost führen entweder zu Rissen im gesamten Stammbereich bzw. zum Zurücksterben der Kronen, wobei hier verschiedene Pilzkrankheiten der Rinde beteiligt sind.

Erlenblattkäfer

Von den Insekten an Blättern ist der Erlenblattkäfer (Agelastica alni, Chrysomelidae) die häufigste Art. Der oft extrem massive Skelettierfraß an den Erlenblättern könnte ebenfalls Anlaß zu Verwechslungen geben, doch verursacht dieses Insekt selten lebensbedrohende Schäden .

Pathogenität der Erlen-Phytophthora

In Großbritannien und den Niederlanden durchgeführte Infektionsversuche ergaben für die Erlen - Phytophthora durchwegs einen recht hohen Grad an Pathogenität. Ein hoher Prozentsatz der Versuchspflanzen starb innerhalb kurzer Zeit ab.
Die Infektion erfolgt über begeißelte Sporen, die sich in freiem Wasser aktiv bewegen können. Infiziert werden vorwiegend stammbürtige Feinwurzeln, an denen zunächst lokal begrenzte Nekrosen entstehen. Danach wächst das in den Nekrosen wuchernde Pilzmycel in den Stamm ein.

Voraussetzungen der Phytophthora-Krankheit

Es ist weder geklärt, unter welchen Umständen es zum Befall der Erlenwurzeln kommt, noch, welche die Voraussetzungen für das Eindringen des Mycels in den Stamm sind. Umfangreiche britische Untersuchungen haben kürzlich den Nachweis einer Beziehung zwischen der Häufigkeit der Krankheit und dem Nitratstickstoffgehalt der Gewässer ergeben. Eine langjährige Belastung der Flußläufe beispielsweise durch Düngemittel könnte die Entstehung von Krankheitsherden begünstigen. Lang anhaltende Dürreperioden während der Sommermonate sind ebenfalls als Schwächungsfaktor der Erlen denkbar.

Situation in Österreich

Ein Nachweis der Erlen-Phytophthora als Ursache für Absterben von Schwarzerlen gelang bisher an drei Standorten in Oberösterreich. Großflächiges Absterben von Grauerlen wird seit einigen Jahren in den Donauauen zwischen Tulln und Stockerau beobachtet. Die fast an allen Bäumen auftretenden Risse an der ganzen Stammlänge konnten auf den Spätherbst des Jahres 1994 datiert werden, wo nach überdurchschnittlicher Sommertrockenheit ein plötzlicher Frosteinbruch erfolgte . Phytophthora konnte bisher nicht isoliert werden .

Bekämpfungsmaßnahmen

Eine Bekämpfung mit geeigneten Fungiziden ist aufgrund der Gewässernähe der erkrankten Bestände ausgeschlossen. Maßnahmen beschränken sich auf das Fällen erkrankter Bäume, da dies die Bildung von Ausschlägen fördert, vorausgesetzt, das Wurzelsystem ist nicht erkrankt.

Eine Neupflanzung von Erlen entlang stark organisch belasteter Gewässer ist nicht zu empfehlen.









17.10.05 | Cech T.
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