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Die Insektenfamilie der Borkenkäfer - Biologie, Bedeutung und Schäden
Waldschutzsituation im Herbst 2006: Borkenkäfer halten Waldschützer in Atem
(Artikel aus Forstschutz Aktuell Nr. 37)

Die Trockenheit und hohe Temperaturen schwächten die Abwehrfähigkeit der Fichte, besonders ältere, starke Fichten leiden unter solchen Bedingungen. Mit ihren flachen Wurzeln kommt die Fichte nicht mehr an die tieferen Wasserreserven. Eine Folge des Trockenstresses ist die Verminderung der Harzproduktion der Bäume. Dies hat zur Folge, dass sie sich weniger erfolgreich gegen die Borkenkäfer wehren können.
Die regnerische Witterung im August bremste die Käferkalamität nicht wesentlich: Die enorme Anzahl der im Juni und vor allem im Juli angelegten Bruten wird alle Anstrengungen der Waldbesitzer bei der Überwachung und Bekämpfung erfordern. Eine konsequente Bekämpfung über die Herbst-/Wintermonate ist von entscheidender Bedeutung für die Ausgangslage 2007. Das Befallsrisiko wird auch im kommenden Jahr sehr hoch sein - in weiten Teilen bleibt die Kalamitätssituation bestehen.

Buchdrucker

2006 kam es in Bayern zu erheblichen Schäden. Zwar waren während der ersten Schwärmwelle bis Anfang Juni die Schwärm- und Befallsbedingungen ungünstig. Ab den 10. Juni bis zur 1. Augustwoche herrschte eine heiße und trockene Witterung. In dieser Zeit kam es zu massivem Befall und rasanter Brutentwicklung. In allen Bereichen Bayerns wurde sprunghaft ansteigender Stehendbefall gemeldet. Die heißen und trockenen Wochen bis Ende Juli beschleunigten nicht nur die Käferentwicklung von der Eiablage bis zum fertig entwickelten Jungkäfer enorm. Auch die Regenerationszyklen des Käfers waren sehr kurz. Er bohrte sich sofort in die nächste Fichte oder in den unteren Stammabschnitt des Brutbaumes erneut ein. Die Altkäfer schafften es, in diesen sieben bis acht heißen Wochen zwei bis drei Geschwisterbruten anzulegen.
Auch die Ausbreitungstendenz des Käfers wurde durch diese Hitze beeinflusst: Der Käfer schwärmte bei den heißen Temperaturen nicht mehr weit und zog sich von den sonnigen Bestandesrändern in das kühlere Bestandesinnere zurück. Dort kam es dann zu einem starken Befall. Zudem litten die Fichten auf schwierigen Standorten unter Wassermangel und konnten dem angreifenden Käfer nur wenig entgegensetzen. Schlagartig wurden Fichtenbestände nesterweise befallen. Im Flachland bis in die mittleren Lagen schwärmte ein großer Teil der zweiten Generation bereits Ende Juli aus und legte eine dritte Generation an. Diese konnte sich trotz der kühlen Witterung im August wegen des sehr warmen Septembers im Flachland gut entwickeln.
In den Hochlagen des Bayerischen Waldes und der Alpen wurde der Schwärmflug der zweiten Generation durch den kühlen August stark verzögert. Es flogen dort nur vereinzelt Käfer aus.

Kupferstecher

Der Kupferstecher wies zunächst noch bis Mitte Juni eine rückläufige Tendenz auf. Die intensiven Bekämpfungsbemühungen der letzten Jahre zeigten ihre Erfolge. Mit Einsetzen der Hitzewelle erfolgte ein starker Befall in den Kronen von älteren Fichten, vergleichbar mit 2003. Die Kupferstecher hatten jetzt optimale Befallsbedingungen: Durch Hitze gestresste Fichtenkronen locken den Kupferstecher intensiv an, Abwehrkräfte sind für den Baum kaum aktivierbar. Der Kupferstecher wird 2007 beim Neubefall eine deutliche Rolle spielen.

Borkenkäfer an Douglasie

Im Mai 2006 färbten sich in Douglasien-Jungbeständen Nadeln rot und Kronenteile oder ganze Bäume starben ab. Der Schaden beschränkte sich nicht nur auf Einzelbäume, sondern war auch flächig festzustellen. Die Ursache war eine starke Frosttrocknis durch den langen Winter mit Borkenkäferbefall (Abbildung 1). Die jüngeren Bäume zeigten Befall an Stamm und Krone, ältere vorwiegend im Kronenbereich durch den Kupferstecher und den noch kleineren Pityophthorus pityographus (Furchenflügliger Fichtenborkenkäfer).


Abbildung 1: Douglasien: Einbohrungen von Pityophthorus pityographus - Furchenflügeliger Fichtenborkenkäfer (Foto: M. Blaschke)

Kleiner Buchenborkenkäfer

Seit dem extremen Trockenjahr 2003 tritt der Kleine Buchenborkenkäfer (Taphrorychus bicolor) vielerorts in Bayern, verstärkt jedoch in Mittel- und Unterfranken auf. Der eher an absterbenden Ästen und gefällten Stämmen brütende Borkenkäfer (Abbildung 2) befällt in den letzten Jahren geschwächte Buchen an Bestandesrändern und in stark aufgelichteten Beständen. Häufig ist ein weiterer rindenbrütender Käfer, der Buchenprachtkäfer (Agrilus viridis), zu beobachten.
Je nach Intensität des Befalls und der Abwehrkraft der Buchen sterben befallene Bäume noch in der gleichen Vegetationsperiode ab. Es kann jedoch auch ein chronischer Krankheitsverlauf eintreten.
Im Jahr 2006 setzen sich diese Ausfälle an Buchen in disponierten Beständen fort. Die Vitalitätsschwächung, erkennbar an einer schlechten Belaubung und einem Absterben ganzer Kronenbereiche, nimmt zu. Die lang anhaltende Trockenheit mit heißen Temperaturen im Juni bis August stresste die Buchen, die sich bereits in der zweiten Augusthälfte herbstlich verfärbten. Wie bereits im Jahr 2005 war ein massives Einbohren der Käfer im August und September zu beobachten.


Abbildung 2: Schleimflussflecken, verursacht durch Einbohrungen des Kleinen Buchenborkenkäfers und dessen Brutbild mit typischen sternförmigen Muttergängen

Großer Lärchenborkenkäfer

Die Witterung im Jahr 2003 begünstigte in Bayern einen vermehrten Borkenkäferbefall an Lärche durch den Großen Lärchenborkenkäfer (Ips cembrae). An durch Trockenschäden geschwächten Lärchen kam es lokal zu erheblichen Stehendbefall, der auf vitale Bäume überging. Betroffen waren neben Altbeständen jüngere Stangenholzbestände. Maximale Käferholzmengen konnten im Folgejahr 2004 verzeichnet werden. Seitdem sind die Schäden durch den Lärchenborkenkäfer rückläufig und treten nur lokal begrenzt in erhöhter Dichte auf. Ende Juni hatten die Jungkäfer ihre Entwicklung abgeschlossen, und es kam in warmen Regionen Unterfrankens Mitte August zur Entwicklung einer zweiten Jungkäfergeneration, die komplett ausflog.

Krummzähniger Tannenborkenkäfer

Seit dem vermehrten Auftreten des Krummzähnigen Tannenborkenkäfers (Pityokteines curvidens) in den Jahren 2003 und 2004 hat der Befall von Weißtannen bis heute stark abgenommen. Sporadisch trat der Borkenkäfer in Gesellschaft mit dem Kleinen Tannenborkenkäfer (Cryphalus piceae) in den letzten Jahren wie auch 2006 überwiegend an älteren Tannen auf.

Borkenkäfermonitoring der Bayerischen LWF

Der Waldbesitzer erhält unter www.borkenkaefer.org einen Überblick über die Gefährdungssituation in Bayern. Örtlich differenzierte Informationen geben frühzeitige Hinweise auf eine beginnende Massenvermehrung. Die Biologie und das Verhalten der Käfer hinsichtlich Schwärmwellen, Brutentwicklung und Befallsverlauf werden greifbar gemacht (Abbildung 3). Wertvolle Zeit für vorbeugende Maßnahmen und gezielte Bekämpfungsstrategien wird gewonnen.


Abbildung 3: Entwicklung der Befallssituation der Fichtenborkenkäfer im Mai, Juni und Juli 2006 in Bayern: In den Monaten Juni und Juli hat sich die Situation landesweit verschärft.



14.05.07 | Immler, T.; Triebenbacher, C.; Muck, M.; LWF Bayern
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