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Die Insektenfamilie der Borkenkäfer - Biologie, Bedeutung und Schäden
Orkanschäden und Witterung begünstigen Borkenkäfer
(Artikel aus Forstschutz Aktuell Nr. 40)

Geschätzte 6 Millionen Festmeter Schadholz in Folge der Winterstürme, davon ein hoher Prozentsatz an Einzelwürfen in teils schwer bis nicht bringbaren Lagen, mangelnde Winter- bzw. Frühjahrsfeuchtigkeit und anhaltend überdurchschnittlich hohe Temperaturen sind ein Cocktail, der Waldbesitzern, Behörden und Forstschutzexperten noch länger Probleme bereiten wird.

Schäden durch Jännerorkane lieferten weiteres Brutmaterial

Die Orkane „Franz“, „Kyrill“ und „Olli“ richteten zu Jahresbeginn in Österreich schwere Schäden an. Von den Stürmen besonders betroffen waren Niederösterreich, Oberösterreich sowie Salzburg und die Steiermark. Nach ersten vorsichtigen Angaben (2,5 Millionen Festmeter) wurde die Schadholzmenge nach Aussagen betroffener Forstbetriebe und Forstbehörden mehrmals nach oben korrigiert. Zuletzt wurde alleine für Niederösterreich eine Schadensmenge von 3 Millionen Festmeter veröffentlicht.
Die geringe Schneelage ermöglichte in vielen Gebieten den sofortigen Beginn der Aufarbeitung der gebrochenen und geworfenen Stämme. Nachdem aber die Lager der Holzindustrie rasch voll waren, konnte häufig das bereits aufgearbeitete Holz bis dato nicht mehr abgeführt werden. Dies führte dazu, dass die Aufarbeitungsmotivation deutlich nachließ und in einigen Gebieten zur Zeit des Borkenkäferfluges noch viel unaufgearbeitetes Holz in den Schadflächen lag und auch derzeit noch immer liegt (Abbildung 1).


Abbildung 1: Im Wald liegendes Windwurf-Schadholz (Orkan „Kyrill“)

Dazu kommt ein Engpass an Fremdfirmen, welche die Aufarbeitung übernehmen könnten, eigenes Personal ist ohnehin nur wenig vorhanden. Besondere Probleme sind auch dort zu erwarten, wo die Kleinwaldbesitzer anderen Berufen nachgehen oder keine „gesunde“Waldgesinnung mehr vorhanden ist. Was bleibt, sind große Mengen an Holz, das im Wald, an der Straße oder im Holzzwischenlager auf „bessere Zeiten“ oder die Holzabfuhr wartet.Wer aber nicht gewartet hat, sind die Buchdrucker und andere Borkenkäfer. Sie konnten die günstige Situation und das zusätzliche Brutmaterial voll nützen.

Anhaltend milde und niederschlagarme Monate forcieren Borkenkäferflug

Nach der zweiten Jahreshälfte 2006, die mit Ausnahme des August durch zu hohe Temperaturmonatsmittel und zu geringe Niederschläge geprägt war (Tomiczek et al. 2007), blieb es auch in allen Monaten des Jahres 2007 bis einschließlich Juli übernormal warm. Teilweise waren die Monatsmittel wiederum bis 4,5 °C und mehr über den Normalwerten. Die Klimaextreme, gekennzeichnet durch niederschlagsarme Winter- und Frühjahrsmonate, gipfelten in einem extrem trockenen April, in dem Niederschläge teilweise gänzlich ausblieben. Viel Regen fiel zur Zeit der Pflanzenentwicklung in Unwettern und war daher für die Vegetation nicht in dem Umfang nutzbar, wie es die statistische Niederschlagsmenge vormuten ließ. Aufgrund der milden Winter- und vor allem Frühlingswitterung begann die Entwicklung in der Flora und Fauna zirka drei Wochen früher als sonst.
Die Entwicklung der Borkenkäfer wurde ebenfalls durch die Temperaturverhältnisse begünstigt und zusätzlich die Vitalität und Abwehrkraft von Bäumen durch die geringen bis regional fehlenden Niederschläge geschwächt. Der erste Borkenkäferflug hatte bereits drei bis vier Wochen früher begonnen als im Vorjahr und der erste Flughöhepunkt fiel vielerorts in die letzte Aprilwoche (Abbildung 2).


Abbildung 2: Flugverlauf vom Buchdrucker (Beispiele aus dem Borkenkäfer-Monitoring)

Wird 2007 ein „Borkenkäferjahr“?

Die hohe Borkenkäfer-Ausgangspopulation, die Schadholzmenge belief sich 2006 auf mehr als 2,4 Millionen Festmeter (Krehan und Steyrer 2007; Steyrer et al. 2007), das Angebot an befallsfähigen liegenden oder stehenden, vorgeschädigten Wirtsbäumen und das viel zu warme und zu früh einsetzende (phänologische) Frühjahr lassen für heuer eine extreme Borkenkäfer-Massenvermehrung erwarten.
Nach dem frühen Flugbeginn und den günstigen Bedingungen war die Entwicklung der ersten Nachkommen-Generation bereits nach fünf bis sechs Wochen Ende Mai bis Anfang Juni abgeschlossen (Abbildung 2). Ab dieser Zeit waren die Käfer auf der Suche nach Brutmaterial. Am Anfang der Flugperiode wurden in den Pheromonfallen des Borkenkäfer-Monitorings besonders in Gebieten mit vielen einzelnen, zerstreuten Windwürfen oder -brüchen vergleichsweise wenig Borkenkäfer gefunden. Die Attraktivität des noch zahlreich vorhandenen Schadholzes dürfte höher gewesen sein als die der Fallenlockstoffe. Im Juli sind besonders in diesen Fallen die Fangzahlen überdurchschnittlich angestiegen (Abbildung 3).


Abbildung 3: Überdurchschnittliche Fallenfänge vom Buchdrucker im Juli (Borkenkäfer-Monitoring)

Aufgrund dieser Fang- und Entwicklungsdaten der Fallenfänge, der Witterungsverhältnisse in den Frühsommer- sowie Sommermonaten und des vorhandenen Brutmaterials muss auch heuer wieder in Tief- und Mittellagen mit drei und in Wäldern über 1000 m Seehöhe mit zwei Generationen gerechnet werden, eine mit dem Jahre 2003 vergleichbare Situation.
Die zweite Generation der Buchdrucker hatte sich in Gebieten bis 1000 m Seehöhe bis Ende Juli fertig entwickelt (Abbildung 2). Die Hitzeperiode im Juli und die damit einhergehende Überschreitung der optimalen Entwicklungstemperatur hatten zu keinen erkennbaren Einbrüchen geführt. Somit entspricht der Trend der Borkenkäfergradation bis Ende Juli ganz den Prognosen, eine Entwarnung kann in Österreich nicht gegeben werden.

Literatur

Krehan, H., Steyrer, G. 2007: Borkenkäfer 2006: Situation und Monitoring. Forstschutz Aktuell,Wien, (39): 8-17.
Krehan. H., Tomiczek. Ch., Steyrer. G. 2007: Trendwende wird schwieriger. Österreichische Forstzeitung, Klosterneuburg, 118(1): 12-13.
Steyrer, G., Krenmayer, W., Schaffer, H. 2007: Dokumentation der Waldschädigungsfaktoren (DWF) 2006. Forstschutz Aktuell, Wien, (39): 26-91.
Tomiczek, Ch., Cech, Th. L., Fürst, A., Hoyer-Tomiczek, U., Krehan, H., Perny, B., Steyrer, G. 2007: Überblick über die Forstschutzsituation 2006 in Österreich. Forstschutz Aktuell, Wien, (39): 3-7.
08.02.08 | Steyrer, G.; Tomiczek, C.
BFW © 2005