Betrieb Kocher: Umstellung auf naturnahe Waldwirtschaft im Bauernwald |
Die Größe des Betriebes beträgt 240 ha. Davon sind 50 ha landwirtschaftliche Flächen und 190 ha Wirtschaftswald. Der Wald liegt auf der Südseite der Murauer Berge auf einer Seehöhe von 1100 bis 1450 m und ist nach Nordwest bzw. Südost exponiert. Die Niederschläge betragen im langjährigen Mittel 980 mm.
Das Grundgestein bildet hauptsächlich Grünschiefer, aber auch etwas Chloritschiefer, Phyllite und örtlich etwas Kalk. Diese Grundgesteine bringen mittelgründige, sandig-lehmige, saure bis podsolige Braunerdeböden. Der saure Boden dürfte auch durch die jahrhundertlange Beweidung, die zwar im Exkursionsgebiet 60 Jahre zurück liegt, begünstigt worden sein.
Als Pflanzenanzeiger herrschen fast überall die Übergänge vom »Sauerklee-Schattenblümchentyp« zum »Astmoos-Heidelbeertyp« vor.
Weitere Waldinformation
Der Wald liegt noch im Wuchsgebiet I.3, »Inneralpen Ost« im hochmontanen Bereich. Als Waldgesellschaft herrscht der Fichten-Lärchenwald vor, aber auch Elemente des montanen Fichten-Tannen-Buchenwaldes sind vorhanden.Baumartenverteilung: 82% Fi, 17% Lä, 1% Bu und anderes Laubholz.
Aufschließung: 75 lfm/ha LKW-Wege und 20 lfm/ha Traktorwege.
Neigung: Im Durchschnitt 45%.
Die Bewirtschaftung im 19. und 20. Jh. bis zum 2. Weltkrieg
Die Kahlschlagwirtschaft war vorherrschend. Auch der Großkahlschlag wurde getätigt (Abstockungsvertrag mit dem Fürst Schwarzenberg -Hammerwerk über 730 Kubikklafter, das sind ca. 5000 fm, auf einer Fläche von ca. 17 ha im Besichtigungsgebiet, vom Jahre 1856, ist noch vorhanden). Waldweide bis zum 2. Weltkrieg; räumdig; geringer Vorrat und Zuwachs (1925: 0,4 Bestockung, 1,6 Vfm/ha Zuwachs im Exkursionsgebiet). Nach dem Krieg wurde die Plenterung versucht, aber wegen den großen Bringungsschäden und dem mangelhaften Pferdewegenetz bald wieder aufgegeben. Zuletzt wurde der Saumkahlschlag praktiziert und wo es möglich war, wurde der Schirm- Saum- Saumfemelschlag bis zur Umstellung bevorzugt angewendet.Die Waldwirtschaft heute
1990: Umstellung auf naturnahe Waldwirtschaft mit Einzelstammnutzung.; Zielstärkennutzung und Strukturdurchforstung;Abkehr von der Altersklasseneinteilung hin zu Stärkeklassen
Es werden nur mehr 5 Stärkegruppen angewendet:
Jungbestand 1 (JB1) = Jugend bis 4m Höhe (Jungwuchs).
Jungbestand 2 (JB 2) = von 4m Höhe bis 14cm BHD (Dickung- und Stangenholz).
Durchforstungsbestand (DB) = von 15cm bis 23cm BHD (mittl. Stangenholz – schwaches Baumholz)
Erntebestand (EB) = von 24cm bis 41cm BHD (mittleres Baumholz).
Zielstärkenbestand (ZB) = wo Bäume über 42cm BHD vorhanden sind (starkes Baumholz).
Es wird nur mit Vollbestockung und Blöße gearbeitet. Blöße wird nach "natürlich verjüngbar" und "nicht natürlich verjüngbar" beurteilt.
Wirtschaftliche und ökologische Erschwernis: hoher Wildstand.
Bestandes- und Nutzungswerte:
Holzbodenfläche 173 ha;JB1: 35 ha; JB2: 28 ha; DB: 31 ha; EB: 10 ha; ZB: 63 ha;
Blöße natürl. verjüngbar: 2 ha; Blöße nicht natürlich verjüngbar: 3 ha; Erle o. Verj.: 1 ha;
Abbildung 1: Flächenverteilung der Holzbodenfläche nach Stärkegruppen |
Einschlagsberechnung mittels betriebspezifischer Zielstärke, Durchmesserzuwachs und der Erntefläche mit verschiedenen Kontrollmechanismen.
Einteilung der Nutzung in Vor- und Hauptnutzung.
Die Erntefläche setzt sich zusammen aus Zielstärkenbestand (ZB) und Erntebestand (EB) (derzeit 78 ha, Abb. 2). Sie bleibt als volle Nutzungseinheit auch erhalten, wenn die Verjüngung (Struktur), also Teile einer anderen Stärkeklasse, einwächst. Der Vorrat von 300 Vfm wird nicht unterschritten!
Die Fläche, die bereits Struktur von Jungbestand mit Altbestand aufweist, wird erhoben und als Strukturfläche bezeichnet (sehr wichtiger Wert; derzeit 17 ha, Abb. 2).
Abbildung 2: Anteil der Ernte- und Strukturfläche in ha |
Werte wie Vitalität, Baumstärke, Zuwachs und Holzqualität treten in den Vordergrund, solche wie Umtrieb, Alter, Bonität, Bestockungsgrad und Vorrat in den Hintergrund.
Durchschnittlicher Durchmesserzuwachs im ZB = 2,8 mm/Jahr.
Eingeschlagene Holzmenge/ Hauptnutzung in den letzten 10 Jahren: 74 Efm/ ha Erntefläche.
Gegenwärtige Arbeitsschwerpunkte und Ziel
Einzelstammweise Nutzung auf der gesamten Erntefläche, dadurch permanente Qualitäts- und Vitalitätsauslese und Förderung der natürlichen Verjüngung.Hinarbeiten zur optimalen Vorratshaltung je ha auf der gesamten Holzbodenfläche.
Verbesserung des Kronenfreiraumes für die jeweils wertvolleren und höhendifferenzierten Bäume durch die Zielstärkennutzung im stärkeren und durch Strukturdurchforstung bzw. Strukturläuterung im schwächeren Durchmesserbereich.
Erhaltung und Rückkehr zu natürlichen Mischbaumarten (Potenzielle natürliche Waldgesellschaft).
Besonderes Augenmerk soll der Lärche gewidmet sein.
Beachtung der Biodiversität (Todholz, Ameisenhaufen etc.).
Schlussziel: Dauerwald - Plenterwald (mit Lä).
14 Argumente für die
naturnahe Waldwirtschaft mit Einzelstammnutzung – Anwendung des Plenterprinzips
Nur bei einzelstammweiser Nutzung ist es dauernd möglich, die Auswahl der Bäume nach folgenden Kriterien zu treffen:
1. Vitalität
2. Qualität
3. Baumstärke
4. Baumart
5. Naturverjüngung
Sie kann im Wesentlichen nur bei Einzelstammwirtschaft erfolgreich auf der ganzen Fläche erfolgreich begründet werden (Verjüngung ist permanent im Gange). Naturverjüngung ist aber auch bei naturnahen Schlagformen möglich.
6. Vorratsplege
Nur der Einzelstammwirtschaft ist es möglich, durch Entnahme der jeweils qualitativ schlechteren Bäume den verbleibenden Bestand in Wachstum (optimale Vorratshaltung) und Qualität zu fördern (das Schlechte wird zuerst entnommmen).
7. Höherer Anteil an Optimalsortimenten
Durch die Zielstärkennutzung und Überführung in strukturierte Bestände kann ein wesentlich höherer Anteil an Optimalsortimenten vom geernteten Rundholz (Licht- und Raumregelung durch Entnahme des stärkeren Stammes) und im Gegenzug ein
8. niederer Anteil an Schwachholz
erzielt werden
9. Stetigkeit und Dauerhaftigkeit
Dauerwald und Plenterwald bieten ständig Wachstum und (Bloch-) Holzproduktion und kennen keine Unterbrechung durch große Freiflächen (Schläge).
10. Selbsttätigkeit
Im Dauerwaldsystem geht vieles (nicht alles) von selbst (Verjüngung, Höhendifferenzierung, Raumregelung).
11. Ökologischer Wert
Ein beständiges Waldökosystem auf möglichst kleiner Flächeneinheit bietet Flora und Fauna bessere Lebensbedingungen, weil keine radikalen Ver-änderungen eintreten. Einzelne wertvolle Individuen können besser geschont werden.
12. Stabilität
Natürlich begründete und gepflegte Mischbestände sind stabiler gegen Sturm, Schnee, Umwelteinflüssen, tierischen und pflanzlichen Schädlingen. Die Natur schützt, was sie begründet.
13. Höhere Wertschöpfung
Besserer Boden (Durchwurzelung, Mischwald, Halbschatten) – bessere Ausnützung der Licht-, Wasser- und Nährstoffressourcen (Mischwald, Struktur) – höhere Stabilität – bessere Erntedimensionen – und Kosteneinsparung in der Bestandesbegründung und –pflege bedeutet höhere Wertschöpfung.
14. Schöner Wald
Artenvielfalt; Tiere und Pflanzen; Alt und Jung, Groß und Klein; Licht und Schatten – alles auf engem Raum dauernd nebeneinander!
Franz und Alwine Kocher
Land- und Waldwirtschaft
Laßnitz-Auen 28
8850 Murau