.
Die Borkenkäfer - Biologie, Bedeutung und Maßnahmen
Verursachen Borkenkäferbekämpfungsmaßnahmen Stehendbefall?
(Artikel aus Forstschutz Aktuell Nr. 23/24)

Die Bekämpfung des Buchdruckers erfolgt in Österreich vor allem mit der traditionellen Fangbaumlegung. Diese Bekämpfungsmethode wurde in den letzten Jahren von den Forstbehörden gefördert und besteht in der Fällung bruttauglicher Fichten, um Käferbefall auf diese zu lenken. Durch den rechtzeitigen Abtransport (Entrindung) der befallenen Fangbäume wird der Ausflug einer zweiten Generation verhindert. Diese Form der Borkenkäferbekämpfung findet große Akzeptanz und wird erfolgreich über eine lange Tradition hinweg angewendet, während Pheromonfallen als Bekämpfungsmaßnahme aufgrund ihres Risikos, in der Fallenumgebung Neubefall zu initiieren, besonders in Österreich umstritten sind.

Voll belegter Fangbaum

Geschwisterbrut unterschätzt?

Die Biologie des Buchdruckers ist gut erforscht. Bei günstigen Klimabedingungen sind zwei Generationen die Regel, mit Hauptflugzeiten im Mai und Juli. Es kommt zu ausgedehnten Geschwisterbruten nach Regenerationsfraß der Altkäfer, welche bis zu 20 Monate leben können (Schwerdtfeger 1981). Untersuchungen um die Jahrhundertwende trennten nach anfangs heftigen Diskussionen die unterschiedlichen Entwicklungsstadien der Borkenkäferpopulation in
  • Käfer der neu entstandenen Generation
  • Individuen mit zeitlich versetztem Flug und
  • wiederausfliegenden Altkäfern.
Nüßlin (1904) maß der nochmaligen Fortpflanzung der Mutterkäfer keine besondere Bedeutung bei, während Fuchs (1907, 1911) bei Zuchten feststellte, daß im Juni fast alle Mutterkäfer "nochmals ausschwärmten und erneut regelrechte Brutbilder anlegten”. Die damaligen Versuchsanlagen oder Zuchten im Labor zeigten auch bereits die für Borkenkäfer typische Abhängigkeit von klimatischen Einflüssen. Es liegt daher nahe, daß die Intensität und die Möglichkeit zum erneuten Ausflug von Mutterkäfern je nach Witterung enormen Schwankungen unterworfen sind. Trotzdem zeigten sich aufgrund der damaligen Ergebnisse "aufs klarste die während der ganzen Saison mögliche Fortpflanzungsbereitschaft und die damit verbundene stetige Gefahr” (Escherich 1923).
Der Schluß liegt also nahe, daß von den 2.000 bis 10.000 Käfern, die eine Fichte im Baumholzalter besiedeln (Gonzalez et. al. 1996) ein Teil wieder ausfliegt und eine neue Brut anlegen kann. Auf diese Weise müßten, wenn die Fangbäume nicht vor dem Wiederausflug der Altkäfer entfernt werden, ein Teil dieser Käfer ein zweites Mal auf frische Fangbäume gelenkt werden.

Bei einer vom Institut für Waldschutz ordnungsgemäß durchgeführten Bekämpfung mittels Fangbäumen im Jahr 1998, wurde im Spätsommer Stehendbefall an mindestens 6 Fichten festgestellt, welcher nach Kontrolle der Brutbildentwicklung Anfang Juni begonnen haben mußte. Zu diesem Zeitpunkt wurde in Kontrollfallen ein zweiter Flughöhepunkt beim Buchdrucker in Verbindung mit einer Hitzeperiode (bis zu 36,9°C in Tulln/Langenlebarn am 7. 6.) registriert.

Bei günstigen Witterungsbedingungen beginnt die Anlage von Geschwisterbruten Anfang Juni. Häufig ist ab dieser Zeit ein zweiter Flughöhepunkt festzustellen, der noch nicht der zweiten Generation zuzuordnen ist und der folglich zu einem nicht unerheblichen Teil aus wiederausfliegenden Altkäfern bestehen kann. Die Käfer vom Flughöhepunkt Anfang Juni 1999 waren fast ausschließlich voll ausgefärbte Individuen. Da Jungkäfer mehr oder weniger mittelbraun gefärbt sind, dürfte es sich also bei diesen um Altkäfer gehandelt haben, die bereits eine Brutanlage hinter sich gebracht hatten. Unter Berücksichtigung des im Lauf des Juni stattfindenden Abtransports der Fangbäume kann es bei günstigen Entwicklungsbedingungen vorkommen, daß ein Großteil der Altkäfer vor der Fangbaumentfernung wieder ausfliegt, was die Effizienz der Abschöpfung mindert. Abbildung 1 zeigt die Flugverläufe der Jahre 1996 bis 1999 auf ständigen Versuchsflächen in Merkenstein. Auffällig ist ein Flughöhepunkt im Juni der Jahre 1997 bis 1999, der, je früher er eintrat, umso höher ausfällt. Im Jahr 1996 verzögerte sich die Entwicklung der Käfer, sodaß es im Juni zu keinem ausgeprägten Flug kam. 1996 flogen die Käfer im Sommer stärker als im Frühjahr.
Ein Grund dafür könnte in der Vergesellschaftung von Käfern der zweiten Generation mit ebenfalls ausfliegenden Altkäfern der ersten Generation liegen.

Flugverläufe der Jahre 1996 bis 1999 in Merkenstein

Erfolg und Mißerfolg von Borkenkäferbekämpfungsmaßnahmen

Ein Hauptgrund für die Schwierigkeit einer Erfolgsprüfung von Borkenkäferbekämpfungsmaßnahmen liegt im maßgeblichen Anteil der klimatischen Bedingungen an der Käferentwicklung und der Käferdisposition der Fichten. Immer wieder kann beobachtet werden, daß unbehandelte Käferlöcher, in denen sich der Buchdrucker ungehindert vermehren konnte, im nächsten Jahr ohne Gegenmaßnahmen befallsfrei waren. In anderen Fällen nahm die Massenvermehrung bestandesbedrohende Ausmaße an. Daher muß auch Neubefall in der Umgebung von Fangbäumen oder Fallen nicht unmittelbar mit einer unsachgemäßen Durchführung der Bekämpfung zu tun haben. Umgekehrt muß ein Befallsrückgang, wie er häufig als einziger Maßstab zur Erfolgskontrolle einer Käferbekämpfung herangezogen wird (Niemeyer et. al. 1994) nicht unbedingt auf Bekämpfungsmaßnahmen zurückgeführt werden.

Pheromonfallen als Alternative zum Fangbaum?

Während die traditionelle Fangbaummethode in Österreich allgemein üblich ist, gehen die Meinungen über die Effizienz von Pheromonfallen als Bekämpfungsmaßnahme auseinander. Zu diesem Thema wurden einige Untersuchungen durchgeführt, die beispielsweise in Deutschland zu einer Empfehlung von Pheromonfallen als Teil eines intergrierten Bekämpfungskonzepts geführt haben (Aid 1993). Fangbäume werden nur noch empfohlen, wenn der Einsatz von Fallen wegen zu geringer Distanzen nicht möglich ist. Auch Erfahrungen des Instituts für Waldschutz mit dem Einsatz von Pheromonfallen als Bekämpfungsmaßnahme sind, trotz des höheren Risikos Stehendbefall mitzuverursachen, durchaus positiv. Zumindest können in der Pheromonfalle gefangene Käfer im Unterschied zum Fangbaum nicht mehr ausfliegen und auch während der Flugperiode der zweiten Generation fängt sie gut.

Bekämpfung zur Risikominimierung

Trotz mancher aufgeworfener Fragen (vgl. Broggi 1990, Lobinger 1995) ist eine Borkenkäferbekämpfung in jedem Fall sinnvoll, wenn man mögliche Folgen eines "Nichteingreifens” des Menschen, wie die großen Käferschadflächen im Bayrischen Wald, vermeiden will. Die Frage nach einer Neuinfektion durch Käferbekämpfungsmaßnahmen ist daher weder mit Sicherheit widerlegbar noch beweisbar, da ehemalige Schadflächen grundsätzlich höheres Neubefallsrisiko aufweisen und durch das Aufreißen des Bestandes infolge der Räumung eines Käferloches die nun freistehenden Fichten besonders bei Sonnenexposition Streß ausgesetzt sind, der sie für Borkenkäferbefall anfälliger macht. Borkenkäferbekämpfungsmaßnahmen müssen daher als eine Minimierung des Neubefallsrisikos gesehen werden. Eine effektive Bekämpfung besteht
  • in der Säuberung des Bestandes von Käferbäumen. Der Rändelung von einer halben bis einer Baumlänge in den gesund erscheinenden Bestand kommt besondere Bedeutung zu, da sich übersehener frischer Befall (Baum weist noch eine grüne Krone auf) erst im Frühjahr, eventuell im Sommer des nächsten Jahres in einer Kronenverfärbung zeigt und sämtliche populationsreduzierende Maßnahmen obsolet macht.
  • und in der Populationsabschöpfung mittels Fangbäumen und/oder Pheromonfallen in Verbindung mit regelmäßigen Kontrollen der Fangbaum- bzw. Fallenumgebung.

Zusammenfassung

Fangbäume sind als Borkenkäferbekämpfungsmaßnahme traditionell gebräuchlich und gut geeignet. Als Hauptnachteile dieser Methode gelten die hohen Kosten, der weitere Verlust an hiebsreifem Holz und die schlechtere Annahme von Käfern der zweiten Generation. Darüber hinaus kann ein wesentlicher Teil der einen Fangbaum besiedelnden Käfer ab vier Wochen nach dem Einbohrzeitpunkt den Stamm noch vor dem Abtransport verlassen und somit einen neuen Baum besiedeln. Die Effektivität der populationsabschöpfenden und –bindenden Wirkung wird dadurch herabgesetzt. Daher kommt der ausreichenden Vorlage von Fangbäumen entscheidende Bedeutung zu. Im Optimalfall sollte diese ein Fangbaum auf zwei Käferbäume des Vorjahres betragen.
In Anbetracht des hohen finanziellen Aufwandes einer Fangbaumbekämpfung sind Pheromonfallen trotz unterschiedlicher Bewertungen und höherem Neubefallsrisiko durch die starke Lockstoffkonzentration in der Fallenumgebung eine interessante Alternative. Bei ähnlichen Abschöpfungsraten wie die von Fangbäumen sind Pheromonfallen zur Bekämpfung von Buchdrucker- und Kupferstechergradationen den Fangbäumen vorzuziehen. Zu diesem Thema laufen derzeit Untersuchungen des Instiuts für Waldschutz.

Literatur

Aid / Arbeitsgruppe Waldschutz, 1993: Borkenkäfer – überwachen und bekämpfen. 35S.
Broggi, M. F., 1990: Wald, Sturm, Aufrüsten und Borkenkäfer – Gedanken hierzu einige Zeit danach. Schweiz. Z. Fowe 141, 1037-1044
Escherich, K., 1923: Die Forstinsekten Mitteleuropas. Verlag Paul Parey, Berlin. 663S.
Fuchs, G., 1907: Über die Fortpflanzungsverhältnisse der rindenbrütenden Borkenkäfer. München (Ernst Reinhard).
Fuchs, G. 1911: Morphologische Studien über Borkenkäfer. I. Teil. Die Gattungen Ips und Pityogenes. München (Ernst Reinhard).
Gonzalez, R., Grégoire, J. C., Drumont, A. und De Windt, N. 1996: A sampling technique to estimate within-tree populations of pre-emergent Ips typographus (Col., Scolitidae). JAE 120, 569-576.
Lobinger, G., 1995: Einsatzmöglichkeiten von Borkenkäferfallen. AFZ 4, 198-201.
Niemeyer et. al., 1995: Verminderung von Stehendbefall durch Borkenkäfer-Fallen. AFZ 49, 190-192.
Schwerdtfeger, F., 1981: Waldkrankheiten. Verlag Paul Parey, Hamburg und Berlin. 486S.
Nüßlin, O., 1904: Die Generationsfrage bei den Borkenkäfern. F. Zentralbl., 26. Jg., S. 8.
22.05.07 | Pfister A.
BFW © 2005