Eignung von Pheromonfallen zur Borkenkäferbekämpfung im fünfjährigen Dauerversuch |
Pheromonfalle gegen Fangbaum
Als Folge der Borkenkäfermassenvermehrung seit 1992 und neuer, verbesserter Borkenkäferlockstoffe wurde in den 1990er Jahren vermehrt der Einsatz von Pheromonfallen zur Buchdruckerbekämpfung (Populationsabschöpfung) diskutiert (AID 1993, Niemeyer et al. 1994, Lobinger 1995, Dubbel et al. 1995, Duelli et al. 1997). Zum Teil beeindruckende Fangzahlen bei Pheromonfallen wurden in Relation zur Aufnahmekapazität von Fangbäumen gesetzt, die bei 2.000 bis 10.000 Käfern pro Baum (Gonzales et al. 1996) bzw. bei durchschnittlich 4.250 Käfern/fm Fangbaum (Pfister 2000) liegt. Forstbetriebe ersetzten die bisher übliche Fangbaumvorlage und erreichten mit Pheromonfallen ähnliche Abschöpfungsraten.Auch ein Versuch am Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW) im Jahr 1999 konnte keine wesentlichen Unterschiede der Buchdruckerfangzahlen zwischen Fangbaum- und Falleneinsatz nachweisen (Pfister 2000). Allerdings wurde das Problem diskutiert, dass trotz intensiver Bekämpfungsmaßnahmen Neubefall nicht verhindert werden konnte.
Pheromonfalle oder Fangbaum sind häufig nur eine von vielen Pheromonquellen. Die Lockwirkung kann nicht punktuell konzentriert werden und somit können neue Befallsherde entstehen. Ein weiterer „Störfaktor“: die Migration. Ein erheblicher Teil der Käfer, insbesondere der Jungkäfer, fliegt von ihrem Geburtsort weg und erschließt der Population neue Befallsgebiete. Auch wurden „Pionierkäfer“ vermutet, die ihre Wirtsbäume nach bisher nicht vollständig geklärten Kriterien auswählen oder sie zufällig anfliegen (Lobinger 2005).
Mittlerweile werden Pheromonfallen mehrheitlich nicht mehr zur Bekämpfung empfohlen, weil sie die Erwartung nicht erfüllt haben (Krehan et al. 2004, Lobinger 2005), oder nur eingeschränkt empfohlen (Forster et al. 2004). Die Fangbaumvorlage ist in Österreich üblich, in Deutschland wird sie aufgrund des ungünstigen Kosten/Nutzen-Verhältnisses unterschiedlich bewertet.
Versuch: Pheromonfallen zur Bekämpfung?
Im Jahr 2003 wurde im Bezirk Fürstenfeld ein Versuch gestartet, der in einem Waldgebiet außerhalb der natürlichen Fichtenverbreitung den Ersatz der Fangbaumvorlage durch Pheromonfallensterne vorsah. Da keine gleichwertige Nullfläche zur Verfügung stand, konnte nur eine eventuelle Befallsreduktion bzw. der Vergleich mit dem restlichen Bezirk Fürstenfeld betrachtet werden. Dieser Versuch wurde in Zusammenarbeit zwischen dem Forstdienst des Landes Steiermark und dem BFWdurchgeführt. Primär ging es um folgende Fragen:- Kann man den Borkenkäferschadholzanfall durch zusätzlichen Falleneinsatz stärker reduzieren als in benachbarten Waldgebieten des Bezirkes, in denen sich die Bekämpfung auf die möglichst frühe Aufarbeitung befallenen Holzes beschränkt?
- Kommt es in der Umgebung von Pheromonfallen zu einer Konzentration von Borkenkäferneubefall?
- Entspricht die durch Fallen abgeschöpfte Käfermenge der Aufnahmekapazität der bisher üblichen Fangbaumvorlage?
Die Altbestände des Stadtwaldes Fürstenfeld (natürlicheWaldgesellschaft: Eiche-Hainbuche) bestehen aus sechs Zehntel Fichte, drei Zehntel Kiefer und einem Zehntel Eiche mit kleinflächig variierender Verteilung. Das Waldgebiet ist zirka 450 ha groß, es herrscht Kleinwaldstruktur vor. Das nächste Fichtenwaldgebiet liegt zirka zwei Kilometer entfernt. Seit 1992 entstanden jedes Jahr mengenmäßig stark variierende Käferherde, mit Schwerpunkt in der Südhälfte des Stadtwaldes. In den Jahren 2001 und 2002 fielen 300 und 500 Festmeter Käferschadholz an.
Fangzahlen und Käferschadholz
Auf drei Befallsflächen des Jahres 2002 wurde je ein Fallenstern errichtet, auf der größten Fläche ist neben dem Fallenstern noch eine einzelne Schlitzfalle aufgestellt worden. Ein angestrebter Sicherheitsabstand von etwa 20 m ließ keine Fallenreihen zu. Besonderes Augenmerk wurde auf die Borkenkäferfangzahl bis Ende Juni gerichtet, da Fangbäume üblicherweise nur in der Zeit von April bis Juni vorgelegt werden. Als Fangbaumkapazität wurden 7.000 Buchdrucker angenommen.Im Durchschnitt traten pro Jahr 422 fm Neubefall in 25 Befallsherden auf. Ein Befallsherd wies im Mittel 16,6 fm Schadholz auf. Die Ergebnisse für die einzelnen Standorte über die gesamte Laufzeit sind aus Tabelle 1 ersichtlich.
Tabelle 1: Fangergebnisse von Pheromonfallen und Käferschadholzanfall im Stadtwald Fürstenfeld, Steiermark, 2003 - 2007
Auffallend ist, dass sämtliche Fallenstandorte trotz Entfernungen bis zu einem Kilometer zueinander sehr ähnliche Flugverläufe zeigen, also der kleinstandörtliche Einfluss auf den Käferfang gering erscheint.
Weiteres interessantes Detail: Der Fallenstandort mit einem Fallenstern und einer zusätzlichen Einzelfalle fing nicht mehr Käfer als jene Standorte mit einem einzelnen Fallenstern. Eine Fangzahlsteigerung war also bei dieser Befallsstruktur durch Erhöhung der Fallenanzahl bzw. der Pheromonmenge nicht möglich.
Konzentriert sich Borkenkäferbefall im Nahbereich von Pheromonfallen?
Es konnte während der Versuchsdauer keine Konzentration von Borkenkäferschäden im Nahbereich von Pheromonfallen festgestellt werden. Es traten zwar immer wieder Käferherde in Entfernungen bis 100 m auf, allerdings zeigt die Kartierung der Befallsherde im gesamten Stadtwald eine zufällige Verteilung. Bei einer Anzahl von bis zu 35 Käferherden pro Jahr auf einer Gesamtfläche von 450 ha liegt fast zwangsläufig der eine oder andere Käferherd in Fallennähe (Abbildung 1).Abbildung 1: Borkenkäferbefallsflächen und Fallenstandorte im Stadtwald Fürstenfeld, Steiermark, 2003 bis 2007
Können mit Pheromonfallen ähnliche Abschöpfungsraten wie bei Fangbaumvorlage erreicht werden?
Im Durchschnitt wurden in den fünf Jahren pro Fallenstandort 40.538 Käfer bis Ende Juni (=Vergleichszeitraum für die Fangbaumvorlage) gefangen, und entspricht somit einem „Gegenwert“ von etwa sechs Fangbäumen pro Jahr und Standort. Dieser „Gegenwert“ schwankte während der Versuchsdauer im Stadtwald zwischen drei und zwölf Fangbäumen pro Standort und Jahr. Dies kommt den in der Steiermark üblichen drei bis zehn Fangbäumen pro Käferherd gleich. In Absolutzahlen betrachtet, kann daher gesagt werden, dass die Fangzahlen der Pheromonfallen ungefähr mit der Aufnahmekapazität der üblichen Fangbaummengen bereinstimmen.Konnte der Pheromonfalleneinsatz den Schadholzanfall reduzieren?
Zusätzlich zur Forstaufsicht des Bezirksförsters von Fürstenfeld war während des gesamten Versuchszeitraums ein Mitarbeiter angestellt, der in der Gemeinde Loipersdorf und im Stadtwald Kontrollgänge machte, um frischen Käferbefall zu finden. Während der fünfjährigen Versuchsdauer wurden vorbildlich und dennoch praxisnah Säuberungen von befallenem und bruttauglichem Material durchgeführt. Der zusätzliche Einsatz von Pheromonfallen konnte den Schadholzanfall im Stadtwald nicht nachweislich beeinflussen. Einem kontinuierlichen Rückgang des Schadholzanfalls in den ersten vier Versuchsjahren steht ein starker Anstieg im letzten Jahr gegenüber. Auch ein Vergleich mit dem Bezirkstrend liefert keine weiteren Aufschlüsse (Abbildung 2).Abbildung 2: Borkenkäferschadholzanfall in der Bezirksforstinspektion Hartberg (inkl. Fürstenfeld), im Bezirk Fürstenfeld und dem Stadtwald Fürstenfeld, Steiermark, 2000 - 2007
Während Fragen zu einer befürchteten Befallskonzentration um Pheromonfallenstandorte und zum Fangmengenpotenzial beantwortet werden konnten, ist eine Bewertung der Befallsreduktion durch Pheromonfallen schwierig. Diese Diskussion kann allerdings in weiterer Folge für sämtliche Fangsysteme, die der „Abschöpfung“ dienen sollen, geführt werden: Sind 120.000 gefangene Käfer positiv zu bewerten, weil sie keine anderen Bäume mehr befallen können, oder negativ, weil es im Verhältnis zur tatsächlichen Population zu wenige sind, um maßgeblich die Population veringern zu können?
Beides kann mit Argumenten untermauert werden, allerdings bestätigten sich in diesem Versuch wieder zwei Grundregeln der Borkenkäferbekämpfung: Die möglichst frühe Befallserkennung und Säuberung ist die weitaus wirksamste Borkenkäferbekämpfung und bei entsprechenden klimatischen Rahmenbedingungen kann der Befall nur vermindert, nicht aber verhindert werden.
Abbildung 3: Fallenstern auf einer ehemaligen Borkenkäferbefallsfläche
Literatur
Arbeitsgruppe Waldschutz 1993: Borkenkäfer überwachen und bekämpfen. Merkblatt Nr. 1015, AID Bonn.Dubbel, V., Dimitri, L., Niemeyer, H., Vaupel, O. 1995: Borkenkäferfallen - sinnlos bei Massenvermehrungen? AFZ-Der Wald 50(5): 258.
Duelli, P., Zahradnik, P., Knizek, M., Kalinova, B. 1997: Migration in spruce bark beetles (Ips typographus L.) and the efficiency of pheromone traps. J. Appl. Ent. 121: 297-303.
Forster, B, Meier, F., Gall, R., Zahn, Ch. 2004: Nach Sturmereignissen in der Schweiz - Erfahrungen mit dem Buchdrucker. Wald und Holz, 85(2): 27-30.
Gonzalez, R., Grégoire, J.-C., Drumont, A., De Windt, N. 1996: A sampling technique to estimate within-tree populations of preemergent Ips typographus (Col., Scolytidae). J. Appl. Ent. 120: 569-576.
Krehan, H., Pfister, A., Tomiczek, Ch. 2004: Leitfaden zur Bekämpfung von Fichtenborkenkäfern. Informationsfalter des Bundesamts und Forschungszentrums für Wald, Wien.
Lobinger, G. 1995: Einsatzmöglichkeiten von Borkenkäferfallen - Beurteilung in der forstlichen Praxis. AFZ-Der Wald 50(4): 198-201.
Lobinger, G. 2005: Borkenkäfer - ein gefragtes Thema. Informationsfalter der Bayrischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft, 2. Auflage.
Niemeyer, H., Watzek, G., Ackermann, J. 1994: Verminderung von Stehendbefall durch Borkenkäferfallen. AFZ-DerWald 47(4): 190-192.
Pfister, A. 2000: Pheromonfallen als Fangbaumalternative. Forstzeitung, Leopoldsdorf, 111(6): 8-10.