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Die Insektenfamilie der Borkenkäfer - Biologie, Bedeutung und Schäden
Borkenkäfer-Kalamität 2010: Schäden weiterhin sehr hoch
Trotz der feuchten Witterung des Jahres 2010 gingen die Borkenkäferschäden nicht wesentlich zurück. Das Schadausmaß lag erneut bei 2,72 Millionen Festmeter und erreichte damit beinahe die Rekordhöhe des Jahres 2009. Die Entwicklung in den Bundesländern war unterschiedlich: In Salzburg, Kärnten und in der Steiermark stieg die Käferholzmenge stark an.

Trotz der späten Anlage der ersten Käferbruten konnten sich in tiefen und mittleren Lagen zwei Generationen entwickeln. In den Hochlagen schwärmte meist nur eine Generation. Bei günstigen Witterungsverhältnissen ist daher im Frühjahr 2011 mit einem starken und frühen Erstflug zu rechnen. Die Waldbewirtschafter sind auch 2011 aufgefordert, die Bekämpfungsmaßnahmen konsequent umzusetzen.

Erwartete Entspannung nicht eingetreten

Witterungsbedingt erwarteten manche Waldbewirtschafter, dass 2010 die Borkenkäferschäden deutlich abnehmen würden. Tatsächlich gingen die Käferholzmengen insgesamt nur geringfügig zurück und erreichten - trotz zeitweise tatsächlich für die Borken­käferentwicklung ungünstiger, feuchter Witterungsverläufe - beinahe die Rekordhöhe des Jahres 2009 (Krehan et al. 2010). Die Bezirksforstbehörden meldeten für 2010 österreichweit 2,72 Millionen Festmeter Käferholz (Quelle: Dokumentation der Waldschädigungsfaktoren, DWF). In einigen Regionen wurden sogar starke Zunahmen dokumentiert, besonders in den Sturmschadensgebieten der Jahre 2007 und 2008 sowie entlang der nördlichen und südlichen Kalkalpen.

Den größten Schaden verursachten die Fichten­borkenkäfer: der Buchdrucker (Ips typographus) mit zirka 2,35 Millionen Festmeter und leicht abnehmender Tendenz, gefolgt vom Kupferstecher (Pityogenes chalcographus) mit zirka 320.000 Festmeter und eher gleich bleibender Bedeutung. Die Schäden durch die Kiefernborkenkäfer und den Großen Lärchenborkenkäfer gehen leicht zurück, bei den Tannenborkenkäfern wurde ein kleine Zunahme festgestellt: Die absolute Schadholzmenge ist jedoch mit zirka 9.500 Festmeter aufgrund des geringen Tannenanteils in Österreich klein.

Weiter Unterschiede in den Bundesländern

Die Borkenkäferkalamität entwickelte sich in den Bundesländern sehr unterschiedlich (Abbildung 1): In Niederösterreich wurde 2010 der positive Trend zum Vorjahr durch eine weitere, kräftige Reduktion der Schäden (minus 33 Prozent) bestätigt, im Burgenland auf geringerem Niveau, aber kontinuierlich fortgesetzt (minus 25 Prozent). In Oberösterreich nahmen die Käferschäden bereits 2008 deutlich ab. Nach einem steilen Anstieg im Jahr 2009 wurde 2010 wiederum eine kräftige Reduktion vermerkt (minus 29 Prozent), die aber den Rückschlag nicht wettmachen konnte. Das Schadensniveau liegt ähnlich hoch wie 2003, dem Beginn der andauernden Käferkalamität.


Abbildung 1: Entwicklung der Borkenkäfer-Schadholzmengen in den Bundesländern, 1988 bis 2010.

Wie aus Abbildung 1 ersichtlich ist, nahmen in allen übrigen Bundesländern die Borkenkäferschäden zu, in geringem Ausmaß und/oder auf niedrigem Schadensniveau in Vorarlberg (plus 13 Prozent) und in Tirol (plus 19 Prozent). Gravierende Verschlechterungen mit hohen relativen oder absoluten Schadholzzunahmen wurden aus Kärnten (plus 39 Prozent), Salzburg und aus der Steiermark gemeldet. In Salzburg wurde der stärkste Anstieg (plus 52 Prozent) aller Bundesländer verzeichnet bei einer absoluten Schadenshöhe von immerhin zirka 252.000 Festmeter.

Die relative Zunahme der Käferholzmenge betrug in der Steiermark knapp über 10 Prozent, da aber dort die Ausgangslage absolut am höchsten war, bedeutet dies um rund 105.000 Festmeter Käferholz mehr. Zirka 41 Prozent (das entspricht 1,11 Millionen Festmeter) des gesamtösterreichischen Käferholzes fielen nur in der Steiermark an.

Entwicklung in den Bezirksforstinspektionen

Für 74 Auswerteorte der DWF 2010 meldeten die Bezirksforstinspektionen (BFI) die Käferholzmengen: In 30 Auswerteorten (gleich BFI) nahmen die Käferschäden zu und in 42 ab; in zwei BFI waren sie gleich bleibend (Schwankung ± 2,5 %). Da der Buchdrucker an der gesamten Schadenshöhe den größten Anteil hatte, wurden diese Daten getrennt analysiert. In jeder BFI gab es Schäden durch den Buchdrucker: Die Summe der Auswerteorte mit zunehmenden Schäden war ebenfalls 30, in weniger Auswerteorten - als von allen Borkenkäferarten betroffen - verbesserte sich die Situation (38).

Die Bezirksforstinspektionen, in denen sich die Schäden (aller Borkenkäferarten) unabhängig von der absoluten Schadenshöhe um mindestens 20 und bis über 700 Prozent erhöht hatten, waren:
  • Tirol: Landeck, Osttirol, Reutte, Imst
  • Kärnten: Spittal an der Drau, Völkermarkt, Feldkirchen, Hermagor, Villach
  • Vorarlberg: Bludenz
  • Salzburg: Salzburg und Umgebung, Tamsweg, Hallein, Zell am See
  • Steiermark: Leibnitz, Murau, Bruck an der Mur, Leoben, Knittelfeld, Feldbach
  • Niederösterreich: Baden, Scheibbs
  • Oberösterreich: Linz-Land
Die höchsten Steigerungen wurden in den Bezirksforstinspektionen Landeck (730 %) bei zirka 5.700 Festmeter Schadholz, Osttirol (450 %, ca. 7.200 Festmeter) und Spittal an der Drau (300 %, ca. 89.000 Festmeter) regisitriert. Die Bezirksforstinspektionen, in denen die Käferschadholzmenge 2010 um mehr als 1.000 Festmeter zugenommen haben, sind in Abbildung 2 dargestellt.


Abbildung 2: Bezirksforstinspektionen, in denen die Käferschadholzmenge 2010 um mehr als 1.000 Festmeter zugenommen hat.

Zusätzlich zu den intensivsten Verschlechterungen sind auch die höchsten absoluten Schadholzmengen, in Relation zur Waldfläche und zum Fichtenanteil, von Bedeutung (siehe Karte zum Buchdrucker in: Steyrer et al., Seite 18). Bezirksforstinspektionen mit mehr als 50.000 Festmeter Käferholz (entspricht annähernd dem Gesamtschaden von Tirol für 2010) waren:
  • Steiermark: Liezen (ca. 300.000 Festmeter), Bruck an der Mur (ca. 200.000 Festmeter), Leoben (ca. 150.000 Festmeter), Stainach (ca. 145.000 Festmeter), Graz-Umgebung, Mürzzuschlag, Murau
  • Oberösterreich: Gmunden (ca. 170.000 Festmeter), Kirchdorf an der Krems (ca. 160.000 Festmeter), Steyr-Land, Braunau am Inn
  • Salzburg: Salzburg und Umgebung (ca. 165.000 Festmeter)
  • Kärnten: Spittal/Drau
  • Niederösterreich: Lilienfeld, Scheibbs, Waidhofen/ Thaya

Flugverlauf beim Buchdrucker

Nach den Ergebnissen des Österreichischen Borkenkäfer-Monitorings setzte der Käferflug 2010 erst in den letzten beiden Aprilwochen ein; somit später als 2009. Der erste Schwärm-Höhepunkt wurde in den Lagen unter 1.100 m Seehöhe Anfang Mai registriert (Krehan et al. 2011). Weitere Schwärmphasen wurden Ende Mai sowie Mitte Juni in allen Seehöhenstufen beobachtet. Insgesamt wurden in den Gebieten unterhalb 1.100 m Seehöhe meist zwei Generationen ausgebildet, darüber eine Generation. Die Jungkäfer (Abbildung 3) der zweiten Generation flogen aber häufig nicht mehr aus, sondern blieben zur Überwinterung im Baum.


Abbildung 3: Buchdrucker: Hellbrauner Jungkäfer

Ausblick für 2011

Teilweise gut mit Wasser und Nährstoffen versorgte Bäume hatten wegen der anhaltenden feuchten Witterung des Spätsommers lange, teilweise sogar über den Winter, eine grüne Krone. Wenn die Befallskontrollen nicht gründlich und unmittelbar auf den (potenziellen) Schadflächen durchgeführt wurden, blieben diese Käfer­bäume unentdeckt. Das Wetter von Ende März bis Anfang April 2011 bot den Borkenkäfern gute Bedingungen und es ist - je nach Ausmaß der Überwinterungs­mortalität - mit erhöhtem Käferdruck zu rechnen.

2010 wurden keine überregionalen, katastrophalen Sturmschäden registriert wie in den Jahren 2007 und 2008. Unter der Annahme, dass Borkenkäferkalamitäten im zweiten oder dritten Jahr nach Sturmereignissen ihre Maxima erreichen, könnte in manchen Gegenden eine erste oder weitere Reduktion der Käferholzmenge erfolgen. Dem gegenüber steht, dass die relativ wenigen Windwürfe (in Summe rund 670.000 Festmeter) in Regionen registriert wurden, die nach wie vor stark mit der Borkenkäferkalamität zu kämpfen haben: große Teile der Steiermark sowie der nördlichen und südlichen Kalkalpen, weiters inneralpin in Tirol und Salzburg.

Die teilweise eher subjektiv erlebten, lang anhaltenden, feuchten Witterungsperioden des Jahres 2010 ließen manche auf eine deutliche Entschärfung der Borkenkäfersituation hoffen. Die Witterung beeinflusste die Entwicklung der Borkenkäfer nicht in dem erwarteten Ausmaß. Diese Erkenntnis und die oben genannten Zusammenhänge mit den Sturmschäden müssen von den Waldbewirtschaftern und den Forstbehörden als Aufforderung verstanden werden, auch 2011 konsequent an der Bekämpfung der Borkenkäfergradation zu arbeiten. Auch wenn in manchen Gebieten die Schadenszahlen sinken, so kann noch keine Entwarnung gegeben werden.

Literatur

Krehan, H., Steyrer, G., Tomiczek Ch. 2010: Borkenkäfer-Kalamität 2009: Ursachen für unterschiedliche regionale Befallsentwicklungen. Forstschutz Aktuell, Wien, (49): 9-16.
Krehan, H., Schweiger, Ch., Steyrer, G., Perny B. 2011: Schwärmverlauf des Buchdruckers 2010 in Österreich. Forstschutz Aktuell, Wien, (51): 8-9.
02.06.15 | Steyrer, G.; Krehan, H.
BFW © 2005