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Forstschutz
Aktuell Forstliche Bundesversuchsanstalt |
Nr.21/1997 Rosskastanienminiermotte |
Versuche zur Kontrolle von Cameraria ohridella Deschka & Dimic mit insektiziden Wachstumsregulatoren
Abstract
[Tests for the control
of Cameraria ohridella by synthetic chitin synthesis inhibitors.] Three
different synthetic chitin synthesis inhibitors (DIMILIN, ALSYSTIN and
INSEGAR) were tested on the effectiveness of controlling Cameraria
ohridella. The application of DIMILIN and ALSYSTIN proved to be very
effective, between 98% - 100% of the larves were killed depending on the
number of applications. INSEGAR-application had lower mortality rates
Einleitung
In den Jahren 1993/94 bewirkte im Raum Wien der starke Befall der Roßkastanien durch Cameraria ohridella in Verbindung mit extremer Trockenheit und Infektionen durch den Bräunepilz Guignardia aesculi einen fast vollständigen Laubfall bereits Ende Juli bis Mitte August.1995 wurde aufgrund einer Anfrage der Österreichischen Bundesgärten an das BFL (Bundesamt und Forschungszentrum für Landwirtschaft) zur Überprüfung von Möglichkeiten der Kontrolle des Schädlings ein gemeinsamer Versuch zur Bekämpfung der Kastanienminiermotte mit Hilfe von entwicklungshemmenden Insektiziden durchgeführt.
Versuchssubstanzen
Die Auswahl der im Versuch verwendeten
Pflanzenschutzmittel erfolgte aus Wirkstoffgruppen, die 1. möglichst
nach nur einer Behandlung bereits einen hohen Wirkungsgrad erwarten ließen,
und die 2. als weitgehend schonend für Anwender und natürliche
Gegenspieler bzw. Nicht-Zielorganismen eingestuft werden, und die 3. auch
für andere Indikationen in Österreich bereits zugelassen sind.
In der Literatur werden Behandlungen befallener Bäume mit
Pyrethroiden, Carbamaten und systemischen Phosphor-Insektiziden als
teilweise erfolgreich beschrieben. Unter anderm beschrieb Halperin (1984)
die Wirksamkeit von Stamminjektionen mit systemisch wirkenden Insektiziden
zur Kontrolle von schädlichen Blattminierern an Ziergehölzen.
Eine Reihe von Publikationen befaßte sich aber auch mit der hohen
Wirksamkeit von entwicklungshemmenden Insektiziden wie Alsystin, Dimilin,
Insegar und Nomolt gegenüber Blattminiermotten im Obstbau und an
Ziergehölzen.
Es wurden daher für die Kontrollversuche
gegenüber der Roßkastanienminiermotte 3 verschiedene
Entwicklungshemmer, die auch im Obstbau erfolgreich gegen Miniermotten
verwendet werden, ausgewählt.
Versuchssubstanzen:
Alle 3 Präparate werden im wesentlichen als schonend für Nicht-Zielorganismen eingestuft, können aber unter bestimmten Bedingungen teilweise Nebenwirkungen auf Marienkäfer, Florfliegen und Raubwanzen zeigen.
Versuchsanlage und Applikation
Es wurden 4 Versuchsvarianten in 3 Wiederholungen an
97 Bäumen (d.h. 23-24 Bäume pro Variante) in einer Allee im
Augarten in Wien (Österreichische Bundesgärten) in den Versuch
einbezogen. Bei der 2. Applikation wurde nur eine Seite der Allee
behandelt, d.h. es standen 11-12 Bäume pro Variante zur Verfügung.
Die Applikation erfolgte mit einer Hochdruckspritze mit Spritzschlauch bei
einer Wasseraufwandmenge von 300 l pro Variante d.h. pro 23-24 Bäume.
Pro Probe wurde immer das zweite Blatt eines Astes vom Astansatz gesehen,
entnommen. Die Auswertung erfolgte auf den Prozentsatz befallener Blätter
der gesammelten Blattproben und durch Auszählen der Blattproben auf
lebende und tote Entwicklungsstadien von Cameraria ohridella im Blatt. Die
Anzahl der Minen pro Variante wurde dabei nicht im Vergleich zur
Kontrollvariante dargestellt, weil für den Erfolg der Bekämpfung
insbesondere ausschlaggebend war, ob Minen vorhanden sein würden,
oder nicht. Eier wurden als tot bewertet, wenn sie eingetrocknet waren,
ebenso wie vertrocknete oder stark verfärbte und als nicht dem üblichen
Habitus entsprechende Larvenstadien. Je 100 Einzelblätter pro
Variante wurden 30 Tage und 52 Tage nach der ersten Applikation entnommen,
je 24 Blätter pro Variante 23 Tage nach der zweiten Appplikation und
je 10 Blätter pro Variante 83 Tage nach der zweiten Applikation.
Ermittlung der Applikationstermine
Zur Feststellung des optimalen Behandlungstermins
war es notwendig, den Flugbeginn der verschiedenen Generationen von
Cameraria ohridella, insbesondere aber der 1. Generation möglichst
genau zu ermitteln. Deshalb wurde die Eignung von beleimten Farbtafeln,
Schlupfkäfigen und Pheromonfallen überprüft. Als am besten
geeignet erwiesen sich Pheromonfallen mit Duftstoffen, die üblicherweise
im Obstbau zur Prognose von Lithocolletis blancardella
(Taschenminiermotte) verwendet werden. Pheromonfallen mit dem Duftstoff
von Lithocolletis corylifoliella (Pfennigminiermotte) waren kaum fängig.
Die Eignung von Pheromonfallen mit Duftstoffen die im Obstbau zur Prognose
von tierischen Schaderregern eingesetzt werden für die Prognose von
Miniermotten an anderen Laubbäumen, wurde auch für L.
blancardella an Pappel beschrieben Ghizdavu et al., 1987).
Auf den im
Versuch verwendeten beleimten Farbfallen (Gelb- und Weißtafeln)
wurden nur vereinzelt Miniermotten gefangen.
Bei den Schlupfkäfigen
wurde ein verspäteter Schlupfbeginn gegenüber den Fängen in
den Pheromonfallen festgestellt.
Der Flugbeginn und der Flugverlauf
der 1. Generation von Cameraria ohridella konnte mit Hilfe der
Pheromonfallen genau festgestellt werden. Der dabei ermittelte Zeitpunkt
1995 Ende April/Anfang Mai deckte sich mit den Angaben von Pschorn-Walcher
(1994) für die Jahre 1993 und 1994. Allerdings bereitete die
Festlegung des Flugbeginns der 2. und 3. Generation mittels Pheromonfallen
Probleme, die mit der Überlappung der Faltergenerationen und der
ungenügenden Kenntnis über die Wirkungsdauer des verwendeten
Pheromons erklärt werden können.
Ergebnisse
Die erste Applikation gegen die erste
Generation von Cameraria ohridella führte zu einer Reduktion des
Anteils von Blättern mit L1-L3 Miniergängen (nach
Pschorn-Walcher, 1994) von durchschnittlich 85% in der Kontrollvarinate
auf 60% nach Insegar-Behandlung und auf 10% bei Dimilin bzw. 7% bei
Alsystin bei der ersten Auswertung 30 Tage nach der Applikation. Bei der
zweiten Auswertung 52 Tage nach der Applikation wurde zwischen L1-L3
Minen und Minen >L3 (nach Pschorn-Walcher, 1994) unterschieden. Während
bei der Kontrollvariante 88% der Blätter einen Befall mit Minen >L3
aufwiesen, war dies nur bei 4% der Insegar-behandelten Blätter und
zu 0% bei den beiden anderen behandelten Varianten der Fall. Der Anteil
kleiner Minen nahm bei allen Varianten in unterschiedlichem Ausmaß
ab (Abb.1)
Nach der zweiten Applikation lag der Befall bei der ersten Auswertung 23 Tage später in der Kontrollvariante bei bis zu 95% Blättern mit Minen >L3 gegenüber 67% nach einer Insegar-Applikation und 46% nach zwei Insegar-Applikationen. Bei Alsystin und Dimilin konnten an diesem Auswerungstermin keine Minen >L3 gefunden werden. Der Anteil befallener Blätter mit Minen L1-L3 bei dieser Auswertung lag bei der Kontrolle und den Insegar-Varianten bei 100%, während bei Alsystin 46% bis 75% Befall und bei Dimilin 42% bis 88% Befall nach zwei bzw. nach einer Behandlung vorhanden waren. |
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Bei der letzten Auswertung 83 Tage nach der zweiten Applikation wiesen die Kontrollvariante und die Insegar-Varianten 100% Befall mit Minen beider Größen auf. Bei den Alsystin- und bei den Dimilinvarianten wurden keine Minen >L3 gefunden. Der Anteil Minen L1-L3 wurden bei Alsystin durch die zweite Applikation von 100% auf 90% reduziert und bei Dimilin von 100% auf 80% (Abb.2).
Die Resultate über den Anteil befallener Blätter pro Variante wurden durch die Auswertung auf lebende und tote Eier bzw. Larvenstadien ergänzt. Der Anteil toter Larven erreichte bei der Kontrolle maximal 36%. In der Insegar-Variante wurden bei der ersten Auswertung nach der ersten Applikation Mortalitätsraten bis zu 83% festgestellt, bei den nachfolgenden Auswertungen jedoch nur bis 35%. In den Alsystin- und Dimilin-behandelten Blättern betrug die Larvalmortalität zwischen 98%-100% in Abhängigkeit von der Häufigkeit der Applikation der beiden Präparate (Abb. 3).
Die beiden eingesetzten Entwicklungshemmer Alsystin und Dimilin erweisen sich bereits nach einer Applikation als wirksam, da zwar Minen bis zu ca. 3 mm Größe entstehen konnten, aber ab diesem Zeitpunkt die darin befindlichen Larvenstadien zu 100% abgetötet waren, so daß keine Weiterentwicklung mehr stattfand.
Demgegenüber konnten sich bei der Anwendung von Insegar sowohl nach der Applikation gegen die erste Miniermottengeneration, als auch nach zwei Applikationen gegen die beiden ersten Miniermotten-Generationen auf den behandelten Blättern Minen bis zu 3-4 cm Größe entwickeln, wobei am letzten Auswertungstag nur maximal ein Drittel der Larvenstadien abgetötet war. Dies entspricht der Mortalitätsrate der Larven in der Kontrollvariante.
Die unterschiedliche Wirkung der Versuchspräparate läßt sich einerseits aus der Wirkungsdauer des Insektizidbelages und andererseits aus der Wirkungsweise der getesteten Entwicklungshemmer erklären. Die Wirkungsgrade, die mit den Entwicklungshemmern erzielt wurden, liegen somit höher als die von Einmal-Behandlungen wie in der Literatur beschrieben mit Methidathion (60%), Pyrethroiden (70-86%) und Methomyl (92%) gegenüber Miniermottenlarven, wobei Dimilin und Alsystin darüber hinaus den Vorteil besitzen, nach einer Applikation über die gesamte Saison hochwirksam zu bleiben.
Schlußfolgerungen
Als Hindernisse für die optimale Umsetzung der vorgestellten Untersuchungsergebnisse treten die derzeit nicht bestehende Zulassung der erforderlichen Präparate und die Problematik der Wirtschaftlichkeit und Durchführbarkeit der Applikation auf.
S. Blümel & H. Hausdorf
Bundesamt und Forschungszentrum für
Landwirtschaft
Institut für Phytomedizin, Wien
Das Literaturverzeichnis kann bei den Verfassern angefordert werden.
PfiA/1/12/97 | ![]() ![]() ![]() |