Forstschutz Aktuell
Forstliche Bundesversuchsanstalt
Nr.21/1997
Rosskastanienminiermotte

Versuche zur Bekämpfung von Cameraria ohridella Deschka & Dimic mittels Stamminjektion (Präparat: Confidor)


Abstract
[Cameraria control with tree injections with Confidor.]
Trials with tree injections using the systemical insecticide Confidor WG 70 in the concentration 80 mg a.i./ml solution on horse chestnut trees to control Cameraria ohridella showed good results. The insecticide formulation was applied not before 24 July when the first generation of the insect had nearly finished its development inside the leafmines. Therefore only the second and third generation could be controlled. 11 weeks after application the injected trees (3 ml per 20 cm round) showed only about 50 % defoliation whereas the non-treated trees had more than 80% fallen leaves.


Ziel der Versuche war es zu prüfen, ob durch Stamminjektion des Insektizids Confidor eine Wirkung gegen die Kastanienminiermotte, Cameraria ohridella erzielt werden kann. Die Untersuchungen erfolgten in Zusammenarbeit mit der Biologischen Bundesanstalt, Braunschweig.

Methodik

Insektizid
Das eingesetzte Insektizid Confidor ist ein systemisches Insektizid mit Kontakt- und Fraßgiftwirkung mit dem Wirkstoff Imidacloprid. In Deutschland ist

Confidor in der Formulierung WG 70 im Hopfenbau (Blattläuse) und im Apfelbau (Blattläuse, Blutlaus, Miniermotten) zugelassen. Bei dem in diesen Versuchen verwendeten Präparat handelte es sich um eine flüssig formulierte Versuchscharge mit einer Wirkstoffkonzentration von 80 mg a.i./ml Lösung.

Versuchsbäume und Versuchstiere

Die Versuche wurden in der Baumschule des Gartenbauamtes der Stadt Regensburg durchgeführt. Die 7 Versuchsbäume (Roßkastanie, Aesculus hippocastanum) waren 4-5 m hoch, hatten im Bereich des Stammfußes einen Umfang von 40 cm und standen im Quadratverband mit jeweils 4 m Abstand. Zum Zeitpunkt der Behandlung (24.7.1996) wiesen alle 7 Bäume nach okularer Einschätzung einen etwa gleich starken Befall durch die Kastanienminiermotte, Cameraria ohridella auf. Die untere Kronenhälfte wies mit ca. 3-8 Minen pro Fiederblatt einen starken Befall auf, während die Blätter der Oberkrone nur schwach befallen waren. Ein großer Teil der Population (ca. 2/3) hatte sich zum Zeitpunkt der Behandlung bereits verpuppt, die restlichen Raupen befanden sich im letzten Larvenstadium. Es handelte sich hierbei um die 1. Generation von Cameraria ohridella.

Applikation von Confidor

Die Applikation erfolgte im wesentlichen nach einer von der Biologischen Bundesanstalt erstellten Arbeitsanleitung zur Stammapplikation von Flüssigwirkstoffen. Danach war vorgegeben, daß je 20 cm Stammumfang (gemessen am Stammfuß) 3 ml Confidor (80 mg a.i./ml) injiziert werden sollten. Die Behandlung erfolgte am 24.7.1996. Von den 7 Versuchsbäumen wurden 4 Bäume behandelt, 3 Bäume blieben unbehandelt (Kontrolle). Die Aufwandmenge pro Baum betrug 6 ml Confidor, wobei diese Flüssigkeitsmenge bei 2 Bäumen auf zwei (= 2x3 ml), bei den beiden anderen Bäumen auf vier Injektionen (= 4x1,5 ml) verteilt wurde (s. auch Tab.), da es sich als problematisch erwies, 3 ml an einer Stelle zu injizieren. Weil die Rinde der jungen Bäume noch dünn genug war, war es nicht erforderlich, Löcher vorzubohren, sondern Confidor konnte direkt mit einer Injektionsnadel injiziert werden.

Auswertung der Versuche

Die Versuche wurden insgesamt dreimal kontrolliert und zwar 2, 4 und 11 Wochen nach der Behandlung. Die Auswertung erfolgte zum einen anhand der okularen Einschätzung der Befallsintensität, zum anderen wurden Blattproben entnommen und nach folgenden Kriterien bonitiert:

Ergebnisse

Die erste Kontrolle erfolgte 2 Wochen nach Behandlung, am 6.8.1996. Optisch konnte zwischen behandelten und unbehandelten Roßkastanien kein Unterschied festgestellt werden. Auch die Untersuchung der aus dem unteren Kronenbereich entnommenen Blattproben ließ keinen Unterschied zwischen behandelt/unbehandelt erkennen.

Tabelle 1: Versuchsanlage und Ergebnisse der Blattuntersuchungen 2, 4 und 11 Wochen nach Behandlung

Behandlung am 24. 07. 1996

Variante A B C D ub a un b+c
Confidor 2 x 3 ml 2 x 3 ml 4 x 1,5 ml 4 x 1,5 ml - -

Kontrolle am 06. 08. 1996 (2 Wochen nach Behandlung)

n Fiederblätter 38 50 - - 27 42
Larven lebend 129 0     123 135
Larven tot 51 2     13 11
Falter geschlüpft 124 171     * *
Summe lebend 253 171     123 135
Summe tot 51 2     13 11
Mortalitätsrate 16,7% 1,1%     9,5% 7,5%

Kontrolle am 22. 08. 1996 (4 Wochen nach Behandlung)

n Fiederblätter 13 10 11 33 20 10
Larven lebend 0 331 245 54 495 244
Larven tot 10 35 7 81 0 0
Mine leer^ 33 43 28 99 19 20
Summe tot + Mine leer 43 78 35 180 19 20
Mortalitätsrate 100% 19,1% 12,5% 64,5% 3,7% 7,5%

Kontrolle am 07. 10. 1996 (11 Wochen nach Behandlung)

n Fiederblätter 22 20 13 14 19 19
Larven lebend+tot 0 0 0 0 20+1 36+5
Puppen lebend 0 0 0 0 0 8
* nicht erhoben; ^Mine leer: Mine wurde zwar angelegt, aber nicht ausgebildet

Am Kontrolltag konnte auf der Versuchsfläche und auch in anderen Befallsbereichen im Stadtbereich von Regensburg ein intensiver Flug der Miniermotte beobachtet werden.

Bei der zweiten Kontrolle (4 Wochen nach Behandlung; 22.8.1996) war an allen Versuchsbäumen auch im oberen Kronenbereich eine verstärkte Blattbräunung festzustellen. Da zu diesem Zeitpunkt eine starke Zunahme des Befalls durch den Blattbräunepilz Guignardia aesculi festzustellen war, konnte bei der okularen Einschätzung der Befallsintensität nicht eindeutig zwischen Pilz- und Miniermottenbefall differenziert werden. Bei der Untersuchung der aus dem oberen Kronenbereich entnommenen Blätter zeigte sich tendenziell eine etwas erhöhte Mortalität der Minierraupen in den Minen der behandelten Bäume.

Erst bei der dritten Kontrolle (11 Wochen nach Behandlung; 7.10.1996) konnte optisch eindeutig ein Unterschied zwischen behandelt/unbehandelt festgestellt werden. Die Kontrollbäume wiesen nur noch eine Restbelaubung von 15 % auf, die noch vorhandenen Blätter waren bereits vollständig braun verfärbt und zum großen Teil von den Minierraupen ausgefressen. Die behandelten Kastanien hatten dagegen noch eine Belaubung von 50 % und v.a. im oberen Kronenbereich waren die Blätter noch grün.

Auch anhand der Blattproben ließ sich eindeutig die Wirkung von Confidor nachweisen (kein Neubefall feststellbar).

Die Ergebnisse zeigen,daß es bei jungen Roßkastanien grundsätzlich möglich ist, die Kastanienminiermotte mit Confidor im Stamminjektionsverfahren zu bekämpfen. Voraussetzung ist allerdings, daß die Applikation rechtzeitig, d.h. vor Befallsbeginn erfolgt und nicht erst - wie im vorliegenden Fall - zum Zeitpunkt der Verpuppung der ersten Generation.

Ob dieses Verfahren auch an alten Roßkastanien mit entsprechend starker Borke erfolgreich durchgeführt werden kann, läßt sich aus den vorliegenden Ergebnissen nicht ableiten, ebensowenig wie etwaige Folgeschäden der durch die Injektionen verursachten Verletzungen. Weiterhin ist anzumerken, daß diese Art der Einzelbaumbehandlung nur im Jahr der Behandlung erfolgreich sein kann. Um im kommenden Jahr den Befall auszuschließen, wäre eine erneute Behandlung erforderlich. Ob eine chemische Bekämpfung von Cameraria ohridella allerdings ökologisch vertretbar ist, sollte unter Berücksichtigung verschiedener örtlicher Gegebenheiten (z.B. Anforderungen an den Erholungswert städtischer Einrichtungen) sorgfältig abgewogen werden.

M. Feemers
Bayr. Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
Freising, Deutschland.


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