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Forstschutz
Aktuell Forstliche Bundesversuchsanstalt |
Nr.21/1997 Rosskastanienminiermotte |
Maßnahmen gegen die Kastanienminiermotte (Cameraria ohridella) aus der Praxis des Stadtgartenamtes der Gemeinde Wien
Abstract
[Measures against Cameraria ohridella undertaken by the municipal of
Vienna.]
Complete removal and compositing of the foliage is one important measure
to reduce Cameraria ohridella in Vienna. Besides, irrigation of Aesculus
hippocastanum seems to lower damage. In addition, spraying with Dimilin
provided good results.
Einleitung
Allgemein wird angenommen, daß die gemeine Roßkastanie durch den Hofbotaniker Carolus Clusius nach Österreich kam und dank ihrer Beliebtheit heute zu den häufigsten Park- und Alleebäumen in Mitteleuropa zählt. Aesculus hippocastanum stammt aus dem Balkangebiet (Mazedonien). Schädlinge und Krankheiten konnten bisher, sieht man von geringen Befällen durch Spinnmilben und Blattbräunepilzen ab, in kaum nennenswerter Auswirkung festgestellt werden. Eine echte Bestandsbedrohung der Alleebäume in Hauptverkehrsstraßen war allerdings in den 70er Jahren durch die rigorose Anwendung NaCl-hältiger Auftaumittel gegeben. Durch teilweises Verbot dieser Auftausalze wurde ein Großteil des Straßenbaumbestandes gerettet.
Die Kastanienminiermotte (Cameraria ohridella)
Kaum erholt, werden die Kastanienbäume nunmehr von einer neuerlichen Schädigung durch eine bis vor wenigen Jahren in Österreich nicht heimischen Mottenart bedroht. Erste nennenswerte Schadsymptome wurden in Wien 1993 festgestellt. 1994 war das Befallsbild bei Kastanienbäumen bereits als auffällig zu bezeichnen.
Befallssituation 1995
Anfang Juni 1995 wurde mit genauen Erhebungen bzgl. des Auftretens der Miniermotte begonnen. Während der Kastanienbaumbestand in Straßenzügen, bei denen das befallene Laub im Vorjahr eingesammelt und entsorgt wurde, nur geringe Befälle durch die Miniermotte aufwies, mußte bei den Kastanienbäumen, wo keine Laubbeseitigung erfolgte, starker Befallsdruck schon durch die Larven der ersten Mottengeneration festgestellt werden. Im Juli erfolgte eine Massenvermehrung der Kleinschmetterlinge, so daß bereits Ende August die stark befallenen Kastanienbäume teils ganz entlaubt oder nur mehr mit wenigen braunen Blättern vorzufinden waren.
Befallssituation 1996
Die Hoffnung, daß durch den lang anhaltenden Winter mit Schneelage eine Verpilzung der überwinternden Puppen eintreten würde, hat sich leider nicht erfüllt. Eindeutig konnte festgestellt werden, daß bei Nichtentfernung des vorjährigen Fallaubes erhöhter Befallsdruck herrscht. Bei der Befallserhebung der ersten Mottengeneration im Juni 1996 wurde im Vergleich zum Vorjahr eine Erhöhung der Befallsintensität festgestellt. Der niederschlagsreiche und kühle Sommer 1996 führte aber eher zu einer Verringerung der Folgepopulationen. Die gute Wasserversorgung dürfte ebenfalls zu einem längeren Grünbleiben der Blätter am Baum beigetragen haben. 1996 mußten auch bei der rotblühenden Kastanie (Aesculus carnea) geringe Minierungen festgestellt werden.
Abschätzung der Gefährdung des Roßkastanienbestandes
Nach starkem Schadauftreten 1994 und besonders 1995 (Kastanienbäume in der Prater Hauptallee waren bereits Ende August entlaubt und blühten vereinzelt im Oktober) erfolgte der Austrieb und die Blüte im Frühjahr 1996 nahezu normal. Allerdings wurde geringerer Triebzuwachs vor allem bei bereits älteren Bäumen festgestellt.
Abbau von Streßfaktoren - Vitalitätsverbesserung
Durch die Installation von Beregnungsanlagen konnte bei verschiedenen Grünanlagen eine Optimierung der Wasserversorgung erreicht werden. Vor allem in Trockenperioden werden ausreichende Wassergaben bei Kastanienbäumen verabreicht. Bei Bedarf kann je nach Möglichkeit auch für eine Bodenlockerung und zusätzliche Nährstoffgabe gesorgt werden.
Beseitigung des Fallaubes
Die konsequente Entfernung und geeignete Entsorgung des herbstlichen Fallaubes, in dem die Puppen der Miniermotte überwintern, führt zu einer Reduzierung der ersten nächstjährigen Mottenpopulation. Allerdings stellt die schadlose Beseitigung des Fallaubes keine umfassende Begrenzungsmaßnahme für diesen Schädling dar. Trotzdem unternimmt das Wiener Stadtgartenamt alle Anstrengungen, um das Kastanienlaub einzusammeln und zu kompostieren.
Bereits im Winter 1994/95 wurde ein Kompostierversuch unternommen, um festzustellen, ob durch eine entsprechende Verrottung die Entwicklung der Miniermotte unmöglich gemacht wird. Befallenes Kastanienlaub aus dem Bereich des Praters wurde Ende Oktober 1994 eingesammelt und drei kegelförmige Kompostmieten (Höhe 1,5 m, Durchmesser 3 m) angelegt.
Temperaturkontrollen erfolgten in fünftägigen Abständen.
Die Eigenerwärmung hielt bei dieser 2. Variante aber weit länger an als bei den anderen Versuchsanordnungen.
Maximaltemperatur von 32°C nach etwa 20 Tagen, die Eigenwärmeentwicklung war bereits Mitte Dezember beendet. Eine entsprechende Verrottung konnte nicht erreicht werden.
Von den Kompostmieten Nr. 1 und Nr. 2 wurden am 5.3.1995 aus unterschiedlichen Tiefen Proben entnommen und in Schlüpfkäfige eingebracht. Die Kompostmiete Nr. 3 wurde mit einem Vlies eingehüllt. Das Schlüpfen der ersten Kastanienminiermotten konnte bei Nr. 3 am 25.4.1995 festgestellt werden.Auf Grund dieser Beobachtung wurde am 3. Mai 1995 ein Spritzversuch an 60 Kastanienbäumen der Prater Hauptallee mit Dimilin durchgeführt.Bei der Versuchsanordnung Nr. 1 (Kalkstickstoff)
wurden im Schlüpfkäfig zwei Motten gefunden.Bei der Versuchsanordnung Nr. 2 (Abdeckung mit Erdmaterial) wurden im Schlüpfkäfig keine Kastanienminiermotten vorgefunden.Weiters wurde neben der Untersuchung von Kleinkompostierungen auch die Kompostanlage der Praterverwaltung einer Überprüfung bzgl. Kastanienminiermottenbefall unterzogen. Bei der Großkompostierung werden Temperaturen von ca. 60°C erreicht. Durch mehrmaliges Umsetzen wird die Verrottung gefördert.
Folgendes Resümee kann bezüglich richtiger Kompostierung von befallenem Roßkastanienlaub gezogen werden:Bei Großkompostierung mit Zusatz von Kalkstickstoff und öfterem Umsetzen des Kompostmaterials ist mit einer vollständigen Abtötung der Schädlinge zu rechnen.Bei Kleinkompostierungen bietet nur die Abdeckung des Komposthaufens mit Erde und dgl. eine entsprechende Sicherheit, um das Schlüpfen der Motten zu verhindern.Ein loser Haufen des von der Roßkastanienminiermotte befallenen Laubes kann als idealer Überwinterungsplatz für das Puppenstadium der Miniermotte angesehen werden und darf daher keinesfalls im Garten lagern.
Natürliche Begrenzung der Roßkastanienminiermotte durch Parasiten und andere Begrenzungsfaktoren
Eine kurzfristige Etablierung wirksamer natürlicher Gegenspieler konnte bis zu diesem Zeitpunkt in der Praxis noch nicht festgestellt werden. Geringe
Parasitierungen durch Schlupfwespen bzw. Erzwespen konnten aber beobachtet werden.
Anwendung von Pflanzenschutzmitteln
Bereits 1995 wurde nach Rücksprache mit dem Bundesamt und Forschungszentrum für Landwirtschaft eine Versuchsspritzung an 60 Bäumen in der Prater Hauptallee mit dem Pflanzenschutzmittel Dimilin durchgeführt. Aufgrund des ausgezeichneten Bekämpfungserfolges wurde 1996 die gesamte Prater Hauptallee behandelt. Mit einer einmaligen Pflanzenschutzmittelanwendung Ende April/Anfang Mai konnte die erste und durch die lange Dauerwirkung des Präparates auch die zweite Mottengeneration erfolgreich bekämpft werden. Lediglich die 3. Mottengeneration wurde wie erwartet nicht mehr erfaßt.Nach der chemikalienrechtlichen Einstufung (§ 2 Abs. 5 Chemikaliengesetz BGBl. Nr. 326/1987) sind bei Dimilin keine kennzeichnungspflichtigen gefährlichen Eigenschaften gegeben. Das genannte Präparat wurde aufgrund seiner nützlingsschonenden Eigenschaften für den integrierten Pflanzenschutz empfohlen. Auch im heurigen Jahr beabsichtigt die ha. Dienststelle wieder entsprechende Spritzbehandlungen, vor allem in der Prater Hauptallee (2.500 Kastanienbäume), aber auch bei anderen durch die Miniermotte gefährdeten Kastanienbäumen durchzuführen.
F. Marx
Magistratsabteilung 42 der Gemeinde
Wien, Stadtgartenamt
PfiA/1/12/97 | ![]() ![]() ![]() |