Forstliche Bundesversuchsanstalt - Index Forstschutz
Phytopatologie


Zum Auftreten einiger Blattpilze im Sommer und Herbst 1999

Donaubauer, E.


Die Witterung während der Vegetationszeit des Jahres 1999 war in Österreich im wesentlichen dadurch gekennzeichnet, daß niederschlagsfreie Perioden relativ kurz waren. Im Gegensatz zu mehreren Jahren zuvor blieben ausgeprägte Dürreperioden von zwei bis mehreren Wochen zwischen Juni und September/Oktober sogar im Sommerwarmen Osten Österreichs aus. Diese Witterungssituation war offensichtlich der Hauptgrund für das epidemische Auftreten einiger Blattkrankheiten einerseits und dem Ausbleiben anderer. Hiezu seien hier einige Beobachtungen berichtet.

1. Früher Blattfall der Grauerle, Alnus incana (L.)Moench:

Ab Anfang August wurde im gesamten Alpenraum - in den Zentral- wie in den Kalkalpen - ein verfrühter Blattfall von Grauerlen beobachtet. Auffallend waren an manchen Standorten erhebliche individuelle Unterschiede: Neben früh - d.h. im August bis Anfang September - völlig entlaubten Bäumen standen mehr oder weniger gesunde.
Als Ursache hiefür ergab sich eine selten so großregional auftretende Epidemie von Melampsoridium betulinum (Pers.)Klebahn, dem Birkenblattrost, dessen üppigen Uredolager auf noch weitgehend grünen Blättern zu finden waren.

2. Gelb-Sprenkelung von Birkenblättern, Betula pendula Roth. (B. verrucosa ERH.) und B. pubescens ERH.:

Eigentlich wäre zu erwarten gewesen, daß Melampsoridium betulinum (Pers.) Klebahn - noch dazu in der Nachbarschaft der durch diesen Pilz befallenen Erle - für die großräumig (von den subalpinen Standorten bis zu den Birken im pannonischen Raum) auftretende Gelb-Sprenkelung verantwortlich wäre. Dies konnte aber nicht verifiziert werden; als Verursacher zeigte sich hingegen überall ein epidemisches Auftreten der ansonsten an Birke eher selteneren Phyllactinia guttata (Walrl.) Lév., einem Mehltaupilz der auf Birkenblättern nicht so auffällig ist, wie manche andere, - z.B. Uncinula-Arten auf Ahorn. Das weiße Pilzmycel ist an den Birkenblättern fast ausschließlich nur an der Blattunterseite zu finden und ist so zart, daß die hiedurch hervorgerufenen weißen Flecken nur undeutlich ausgebildet sind. Die Fruktifikation ist aber so häufig, sodaß die schwarzen Kleistothecien mit freiem Auge als zahlreiche schwarze Punkte erkennbar sind.

Unter den heimischen Laubbaumarten reagiert die Birke als erste auf sommerliche Trocken- und Hitzeperioden mit einem vorzeitigen Vergilben der Blätter bzw. einem vorzeitigen Laubfall (ab August). (Als zweite Baumart reagiert auf solche Witterungseinflüsse die Buche, Fagus sylvatica L., mit vorzeitiger Bräunung bzw. Blattfall im oberen Kronendrittel.) . Diese Reaktionen von Birke und Rotbuche sind in den Kalkalpen in den 1990er Jahren häufig zu beobachten gewesen, - selbst dort wo im allgemeinen höhere mittlere Niederschlagsmengen vorkommen - wie im Salzkammergut.

Da nun 1999 die Belaubung der Birke sehr lange vorhanden war - in tieferen Lagen bis Anfang November - hatte der Mehltau-Pilz die Chance zu epidemischem Auftreten, das sowohl in tieferen Lagen (wie z.B. Dunkelsteiner Wald, N.Ö.) wie in inneralpinen Tälern der Kalk- und Zentralalpen zu beobachten war.

3. Sommerblattfall der Linde, Tilia spp.

Linden leiden in urbanen Bereichen wie in Wäldern relativ häufig unter einem frühzeitigen Blattfall im Juni, der fast immer durch Gloeosporium tiliae Oud. verursacht wird. In den letzten Jahren habe ich wesentlich häufiger Krankheitssymptome beobachtet, die erst ab etwa Ende Juli/Anfang August auftraten: Die physiologisch jüngsten Blätter des obersten Kronenbereiches beginnen zu welken und abzufallen; die Blattspreiten sind zu diesem Zeitpunkt oft noch - zumindestens partiell - grün und weisen kleine braune Fleckchen auf. Diese kleinen Nekrosen ähneln jenen von Gloeosporium tiliae oder anderen Blattpilzen (wie Phyllosticta tiliae Sacc.). Wie im Vorjahr war aber fast ausschließlich in West- und Mittelösterreich Cercospora microsora Sacc. als Verursacher zu finden, wobei der Pilz auch für häufige, kleine Rindennekrosen an den jüngsten Trieben verantwortlich ist.

4. Spätsommerlicher Laubfall der Esche, Fraxinus excelsior L.

An vielen Örtlichkeiten - von den Auwäldern entlang der Donau und Salzach bis ins Gebirge - war ab Mitte August zu beobachten, daß sich Blätter ein wenig - oft kaum erkennbar - kräuselten und völlig grün abfielen. Ab Anfang September waren Baumgruppen häufig zu sehen, die hiedurch in der unteren Kronenhälfte völlig entlaubt waren.
Auch bei Esche konnte ein starker Befall durch den Mehltau, Phyllactinia guttata (Wallr.) Lév., festgestellt werden. Wie bei Birke war das weiße Pilzmycel an der Blattunterseite recht spärlich und ohne optische Hilfe kaum sichtbar, dafür waren die Kleistothezien umso auffälliger. Interessant ist, daß bei Birke durch denselben Pilz kein vorzeitiger Blattfall ausgelöst worden war, während bei Esche die kahle untere Krone und auch das grüne Laub am Boden recht ungewöhnlich waren.
Dieser Mehltau an Esche ist - vor allem im Auwald - an jungen Heistern im Forstgarten, in Kulturen und Naturverjüngungen recht häufig; diesmal war der Blattfall an etwa 6 - 20 m hohen Bäumen besonders spektakulär.

5. Zur Bedeutung solcher Krankheitserscheinungen.

Manchmal führt ein verfrühter Blattfall, wie er durch die oben erwähnten Pilze verursacht sein kann, zu einem verzögertem Ausreifen der betroffenen Zweige; je nach dem herbstlichen Witterungsverlauf kann dies zu verminderter Winterfrosthärte führen und als Folge das Absterben von mehr oder weniger vielen Trieben nach sich ziehen. So auffällig die Symptome auch sein mögen, die Lebensfähigkeit des betroffenen Baumes wird nicht in Frage gestellt.

Die Bedeutung liegt eher im psychologischen Bereich, da es seit Jahren üblich ist makroskopisch erkennbare Symptome (sogenannter Kronenzustand) zu registrieren; es werden sehr viele Krankheitssymptome recht grob nach Entlaubungsgrad und z.T. auch Blattverfärbung festgehalten, doch gibt es offenbar keine Zeit, den Ursachen näher nachzugehen. Dies muß zu Fehlinterpretationen führen, - vor allem, wenn man die alte Kenntnis in Betracht zieht, daß viele solcher Makrosymptome völlig unspezifisch sind. Die Ergebnisse der Symptomkartierungen haben daher jedenfalls einen pseudowissenschaftlichen Charakter und es sollte ernsthaft über die Rechtfertigung der immensen finanziellen Aufwendungen im EU- bzw. ECE-Raum diskutiert werden.


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PfiA, 2000-09-04