Forstliche Bundesversuchsanstalt - Index

Der Wald und seine nachhaltige Produktionskraft
Richard Büchsenmeister
Karl Schieler
Klemens Schadauer

Der Bewirtschaftung des österreichischen Waldes liegt seit mehr als einem Jahrhundert das strenge Prinzip der Vorratsnachhaltigkeit zugrunde. Trotz unterschiedlicher Bewirtschaftungsintensität bleibt die jährlich genutzte Holzmenge weit unter dem Zuwachs, der Gesamtvorrat steigt damit an. Die wirtschaftliche Erreichbarkeit der Holzvorräte ist Voraussetzung für eine produktive und umweltschonende Forstwirtschaft. Rückläufige Stammschäden zeigen eine positive Entwicklung in Richtung qualitativer Nachhaltigkeit auf.

Bei längerfristiger Betrachtung der Vorratsentwicklung ist zu beachten, daß die Felderhebungen ständig an den Informationsbedarf angepaßt wurden. Mit der Umstellung auf ein permanentes Inventursystem ab 1981 erfolgte eine Herabsetzung der Kluppschwelle auf 5 cm, um die Aussagekraft im schwächeren Durchmesserbereich zu erhöhen. Dadurch ist eine unmittelbare Vergleichbarkeit mit ertragskundlichen Zahlen vor 1981 nicht möglich.

 

Gesamtvorrat nahezu eine Milliarde Festmeter

Seit Beginn der bundesweiten Inventurerhebungen hat eine kontinuierliche Vorratsaufstockung stattgefunden (Abb.1).
Um eine direkte Vergleichbarkeit zu ermöglichen, wurden die Werte bis 1980 wegen der unterschiedlichen Kluppschwelle um rund 3 % erhöht. Derzeit stockt fast eine Milliarde Vorratsfestmeter im heimischen Wald.
In den letzten zehn Jahren zeigt die Vorratsveränderung nach Eigentumsarten keinen einheitlichen Verlauf (Abb. 2).
Während im Kleinwald eine Vorratszunahme von mehr als 20 Mio. Vfm feststellbar ist, ergibt sich bei den Forstbetrieben mit über 200 ha Waldfläche und bei der Österreichischen Bundesforste AG (ÖBF) ein anderes Bild. Erstmals stagniert im Großwald die Vorratsentwicklung.

Die in der abgelaufenen Erhebungsperiode stattgefundene Vorratsaufstockung ist zur Gänze auf die Veränderung im Kleinwald zurückzuführen.

Vorratsstruktur gleichbleibend
Im Durchschnitt setzt sich der Gesamtvorrat aus 82 % Nadel- und 18 % Laubholz zusammen. Mit zunehmendem Alter fällt der Laubholzanteil stark ab. Zum Teil erfolgt eine natürliche Ausdifferenzierung der Baumartenzusammensetzung, da verschiedene Baumarten wie Weide, Pappel, Erle, Kirsche, etc. von Natur aus nicht viel älter als 40 bis 60 Jahre werden. Der aus den Flächenanteilen der Baumarten in den letzten Jahren ablesbare Trend zu vermehrtem Laubholz hat naturgemäß noch keine statistisch nachweisbare Auswirkung auf die aktuelle Vorratsverteilung.

Hohe Starkholzvorräte
Die Alters- und Dimensionsstruktur des stockenden Vorrates hat sich seit der letzten Erhebung nicht wesentlich verändert. Der Anteil des Vorrates in Beständen über 100 Jahre beträgt rund ein Drittel des Gesamtvorrates. Stämme mit einem Brusthöhendurchmesser größer als 70 cm bilden mit fast 100 Mio. Vfm rund 10 % des Gesamtvorrates. Die Verwertung von Stämmen dieser Dimension erfordert eine entsprechende technische Ausrüstung.

Kurze Bringungsdistanzen überwiegen
Auf den erntekostenfreien Erlös haben die Bringungsdistanzen einen großen Einfluß. Innerhalb von 50 m zur Forststraße liegt ein Drittel des Gesamtvorrates, nur 12 % erfordern eine Bringung weiter als 300 m (Abb. 3).
Eine ähnliche Bringungssituation ergibt sich für Vorräte in Beständen mit einem mittleren Durchmesser über 35 cm, die also bereits Erntedimensionen erzielt haben.

 

Nutzungsmenge 40 % unter Zuwachs

Der Vergleich von Zuwachs und Nutzung ist die wichtigste Kenngröße für die Kontrolle einer nachhaltigen Bewirtschaftung. Das Vermögen der Bäume, sehr rasch auf forstliche Maßnahmen und Witterungsschwankungen zu reagieren, gibt der laufenden Zuwachsbeobachtung darüber hinaus hohe Aussagekraft für ökologische Zusammenhänge.

Rückgang des jährlichen Zuwachses
Mit 27,3 Mio. Vfm/Jahr ist der Gesamtzuwachs gegenüber der Beobachtungsperiode 1986/90 rückgängig.
Neben klimatischen Ursachen hat die Zuwachsänderung auch eine methodische Komponente: Jahresergebnisse der Inventur sind Durchschnittswerte einer mehrjährigen Beobachtungsperiode, wobei der Zuwachs aus der Differenz zwischen den Werten zu Beginn bzw. am Ende hergeleitet wird.
Eine Komponente des tatsächlichen Periodenzuwachses ist der Zuwachs des ausscheidenden Bestandes. Von Stämmen, die während dieser Zeit genutzt werden, kennt man nur den Anfangszustand. Der bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens geleistete Zuwachs ist daher nicht bekannt. Seit Beginn der Erhebungen 1961 wird der Zuwachs dieser Stämme definitionsgemäß vernachlässigt. Die Verlängerung des Beobachtungszeitraumes von fünf auf sechs Jahre erhöht die Gesamtmenge der Nutzung und somit den Anteil des nicht berücksichtigten Zuwachses. Daher muß auch bei gleichbleibenden Wuchsbedingungen der errechnete Zuwachs einer sechsjährigen Periode kleiner sein als der einer fünfjährigen.
Natürliche Zuwachsschwankungen - vor allem bedingt durch jährliche Witterungsunterschiede - beeinflussen das Ergebnis kurzer Erhebungsperioden beträchtlich. Es ist daher verständlich, daß Berechnungen für fünfjährige Perioden diese Jahresschwankungen deutlich widerspiegeln. Die Differenz von Zuwachsergebnissen zweier kurzer Perioden wird daher im allgemeinen stärker variieren als bei Durchschnittswerten aus längeren Beobachtungszeiträumen.

Unterschiedliches Nutzungsverhalten in den einzelnen Besitzkategorien
Trotz Zuwachsrückgang hat sich der Gesamtvorrat weiter erhöht, da die entnommenen Vorräte mit durchschnittlich 6 Vfm/ha unter den Zuwächsen liegen.
Die Gesamtmenge der jährlichen Nutzung beträgt 19,5 Mio. Vfm. Beim Vergleich mit anderen Nutzungsstatistiken ist vor allem der Ernteverlust zu berücksichtigen. Der Unterschied zwischen Zuwachs und Nutzung zeigt sich besonders im Kleinwald. Hingegen ist bei den Betrieben und den ÖBF ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Zuwachs und Nutzung festzustellen (Abb. 4).

Weniger Kahlschläge
Erfreulich ist die Tatsache, daß die Nutzungen in Form von Kahlschlägen über 500 m2 neuerlich zurückgegangen sind.
Eine Analyse der Nutzungsarten ergibt, daß immer mehr Bäume natürlich zusammenbrechen und liegen bleiben. Dürrlinge werden kaum mehr regelmäßig entnommen. Besonders im Schutzwald ist dies wegen der schwierigen Zugänglichkeit zu beobachten.

 

Rückläufige Entwicklung der Stammschäden

Mehr als 3 Milliarden Bäume bilden den stockenden Gesamtvorrat. Die Qualität dieser Stämme ist nicht immer einwandfrei. Verschiedene biotische und abiotische Schäden entwerten rund ein Drittel aller Stämme im bewirtschafteten Hochwald.
Die Stammschäden haben in der Periode 92/96 abgenommen. Mit 1,13 Milliarden ist jeder dritte Stamm betroffen.
Besondere Bedeutung für die Qualität haben Schäl-, Ernte- und Steinschlagschäden, da diese Verletzungen vor allem im wertvollen Stammabschnitt zu finden sind. Sie haben teilweise beträchtliche Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Erfolg.
Ein Großteil der Stammverletzungen sind von geringer wirtschaftlicher Bedeutung (Abb. 5).
Ihre Ursachen sind nicht immer eindeutig erkennbar. Hauptsächlich handelt es sich um Beschädigung durch Frost, Rindenbrand, Hagel, Blitz, Feuer und Harzgewinnung. Dazu gehören auch Wipfelbrüche, die aber zum Teil ohne Einfluß auf den ausformbaren Teil des Baumes sind.
Die Anzahl der Stämme mit wirtschaftlich bedeutsamen Verletzungen durch Schälwunden bzw. durch die Holzernte ist nahezu gleich hoch. Steinschlagschäden sind deutlich seltener anzutreffen.
Während sich Schälschäden auf bestimmte Gebiete mit Rotwildvorkommen konzentrieren (Abb.6), treten Schäden, die beim Fällen und Rücken von Bäumen entstehen, relativ gleichmäßig verteilt im gesamten bewirtschafteten Wald auf. Die Steinschlagschäden konzentrieren sich in den Kalkalpen auf steile und felsige Gebiete.

 

 

Weniger geschälte Bäume
Die Stammschäden durch die Schälung sind insgesamt leicht rückläufig (Tab. 1).

Inventurperiode

Geschälte Stämme in Mio.

% d. Ges. Stz.

86/90

257

7,9

92/96

250

7,6

Der Vergleich mit dem Erhebungszeitraum 1986/90 zeigt eine Abnahme von rund sieben Millionen Stämmen.
Seit der Einrichtung permanenter Probeflächen, konnte die Neuschälung und die Entnahme geschälter Stämme bereits zweimal erfaßt werden. Die Neuschälung ist mit 4,8 Mio. Stämmen pro Jahr deutlich zurückgegangen. Offensichtlich zeigt sich, daß erste Maßnahmen einer geänderten Wildbewirtschaftung zu greifen beginnen. Außerdem wurden in der Periode 92/96 rund 5,8 Millionen geschälte Stämme pro Jahr entnommen, also mehr als neu geschält wurden.

Geringere Ernteschäden bei gleicher Nutzungsmenge
Bei der Holzernte wird eine nicht unbeträchtliche Zahl an Bäumen am Stamm verletzt. Auch diese Zahl an Stammbeschädigungen ist rückläufig (Tab.2).

Inventurperiode

Beschädigte Stämme in Mio.

% d. Ges. Stz.

86/90

240

7,4

92/96

220

6,7

Da die jährliche Nutzung gleich geblieben ist, kann daraus auf die Anwendung bestandesschonenderer Erntemethoden geschlossen werden.

Schäden sind unterschiedlich zu bewerten
Die Anzahl der durch Schälung und Holzernte entwerteten Stämme ist gleich groß. Beim Vorrat zeigt sich ein ganz anderes Bild: Während die Schälmasse mit 4 % des Gesamtvorrates relativ gering ausfällt, ist das Schadvolumen aus Ernteschäden mit 13 % weitaus höher. Verletzungen im Zuge der Durchforstung und Einzelstammentnahme betreffen im Durchschnitt ältere Stämme. Dadurch hat die Fäule nicht so lange Zeit, das Holz zu entwerten, wie bei den Schälschäden. Diese treten fast ausschließlich im Stangenholzalter auf und können bei Durchforstungen beseitigt werden.

Steinschlagschäden abnehmend
Steinschlag wird teilweise durch Frost, Niederschlag und Wildtiere ausgelöst. Auch der forstliche Wegebau trägt das seine dazu bei. Durch den Rückgang des Waldstraßenbaus und die Anwendung bestandesschonenderer Errichtungsmethoden verringerte sich die Anzahl der beschädigten Stämme (Tab. 3).

Inventurperiode

Beschädigte Stämme in Mio.

% d. Ges. Stz.

86/90

114

3,5

92/96

98

3,0

 

Pflegezustand der Bestände

Auf 1,2 Mio. ha wurden Pflegemaßnahmen vorgeschlagen. Auf der Hälfte dieser Flächen wird ein Durchforstungseingriff empfohlen und auf rund 10 % soll die Verjüngung eingeleitet bzw. der Bestand bereits geräumt werden (Tab. 4).

Pflegemaßnahmen

1000 ha

%

Kulturpflege

101

8

Standraumerweiterung

344

29

Durchforstung

621

51

Verjüngungshieb

107

9

Räumung

31

3

Gesamt

1024

100

Der höchste Durchforstungsbedarf tritt im Kleinwald auf, wo auf 23 % zu dichte Bestände angetroffen wurden.
Die durch Pflegemaßnahmen zu entnehmenden Stämme werden gutachtlich angesprochen. Die ausgezeigte Masse beträgt mit 100 Mio. Vfm rund 10 % des Gesamtvorrates. Ein Großteil dieser Holzmenge stockt auf Waldflächen mit kurzen Bringungsdistanzen.

 

Nachhaltigkeit gesichert

Die in der Periode 1992/96 nachgewiesene Vorratsnachhaltigkeit ist ein wichtiger Aspekt, der auch im Zusammenhang mit der Holzzertifizierung zu sehen ist. Für die qualitative Nachhaltigkeit ist die Entwicklung der Stammschäden positiv zu beurteilen.
Damit wird auch ein wesentlicher Beitrag zur Erhöhung der Stabilität von Waldökosystemen geleistet und zur Erfüllung überwirtschaftlicher Funktionen. Die vom Forstgesetz geforderte Nachhaltigkeit ist für die österreichische Waldbewirtschaftung offensichtlich ein unumstrittener Wert.

Beilage zur Österreichischen Forstzeitung 12/1997


FieSy, 8/1/98 zurückInhaltvor