BFW Logo
BIN-Online
Pflanzenanalyse
Kontakt
Impressum
.
Österreichisches Bioindikatornetz (BIN)
Austrian Bio-Indicator Grid
Der Wald als bedeutende Senke für Quecksilber
Quecksilber ist ein giftiges Schwermetall, das elementar leicht flüchtig ist. Es wird bei natürlichen Vorgängen, wie Vulkanismus, der Verwitterung von Gesteinen oder aber auch bei Waldbränden emittiert. Anthropogen gelangt/e es in Österreich bei einer Reihe von industriellen Prozessen (z.B. Eisenerzsinterung, Chloralkalielektrolyse nach dem Amalgamverfahren, Kupferrecycling, Zementerzeugung) sowie bei der Verbrennung von Kohle, Müll und Holz in die Umwelt. 
Das Minamata-Übereinkommen regelt die Quecksilberemissionen und die Freisetzungen in Luft, Wasser und Boden. Es wurde am 16. August 2017 weltweit in Kraft gesetzt; für Österreich ist das multilaterale Übereinkommen zum Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit seit 10. September 2017 völkerrechtlich verbindlich. 
Eine der wichtigsten Senken für elementares Quecksilber in der Umwelt ist die Vegetation, insbesondere der Wald. Elementares Quecksilber gelangt vor allem beim Gasaustausch über die Spaltöffnungen ins Innere der Assimilationsorgane und wird stabil in die organische Matrix gebunden. Mit dem Streufall wird Quecksilber in den Boden und in Oberflächengewässer eingetragen und kann so in der Umwelt weiterverbreitet werden.

Belastete Gebiete in Österreich

Beim Österreichischen Bioindikatornetzes wird der Quecksilbergehalt in Blatt- und Nadelproben bereits seit 1986 erhoben (Fürst 2019). Belastungsschwerpunkte finden sich vor allem im Raum Linz, Leoben/Donawitz, Brückl (Bezirk St. Veit) und im Inntal bei Schwaz und Brixlegg (Smidt et al. 2011). Die gefundenen Blatt/Nadelgehalte variieren sehr stark, sie liegen zwischen 0,002-0,678 mg Hg/kg. Fast überall in Österreich sind die Gehalte rückläufig, weil emissionsmindernde Maßnahmen, wie Filterung und Verfahrensumstellungen, aber auch Werkschließungen vorgenommen wurden.  Die mit Abstand höchsten Gehalte wurden 2015 in Brixlegg/T festgestellt (Fürst 2016).

Abbildung 1: Quecksilbergehalte beim Bioindikatornetz – Entnahme im Herbst 2018 

Quecksilbereinträge durch Streufall

Im Rahmen des Europäischen Waldschadensmonitoring UN/ECE- ICP-FORESTS wird in Österreich seit 2016 auf sechs der unbelasteten Level II Hintergrundbeobachtungsflächen im Streufall Quecksilber untersucht. Dieser Streufall wird flächenbezogen gesammelt und in verschiedene Fraktionen (z.B.: Blatt & Nadel, Äste & Zweige und sonstige Biomasse) getrennt. Neben der Gesamtmenge je m² und Jahr werden auch verschiedene Elementgehalte bzw. Einträge je m² und Jahr bestimmt  bzw. errechnet, unter anderen auch für den Parameter Quecksilber. Die Quecksilbereinträge variieren von Jahr zu Jahr (s. Abbildung 2), wobei extreme Witterung (Wind, Niederschläge, Temperatur) sowie das Alter der Nadeln im Streufall eine wichtige Rolle spielen. Wie wichtig das Alter der Nadeln im Streufall ist, sieht man an der Fläche Murau: Hier findet man die höchsten Absolutgehalte im Streufall (0,113 mg Hg/kg), weil die Nadeln in dieser Seehöhe länger am Baum verbleiben und so über die Zeit mehr Quecksilber aufnehmen können. Die Blatt/Nadelfraktion trägt am meisten zum Quecksilbereintrag im Streufall bei; über sie werden in der Regel mehr als 2/3 des Quecksilbers aus dem Streufall in den Boden eingetragen. 

Abbildung 2: Eintrag von Quecksilber auf den Level II Flächen aus dem Streufall von 2016 bis 2019 (in g Hg/ha.a)

Unterschiede in der Höhe des Quecksilbereintrages zwischen den Fichten-, Buchen- und Eichenflächen sind nicht auffällig. Die Gehalte der Nadeln sind aber deutlich höher als jene der Blätter. Dies ist ja nicht weiter verwunderlich, da die Nadeln in der Regel mehrere Jahre am Baum verbleiben und dadurch auch länger Quecksilber aufnehmen können, bevor sie letztendlich in den Streufall gelangen. Andererseits ist aber die Blattmasse auf den Laubbaumflächen insgesamt deutlich höher als die Nadelmasse auf den Nadelbaumflächen, dadurch bleibt der Eintrag in g Hg/ha.a annähernd gleich (siehe Tabelle 1).

Tabelle 1: Minima und Maxima der Quecksilbereinträge und Gehalte im Streufall sowie am Baum im Nadeljahrgang 1 im Untersuchungszeitraum von 2016 - 2019

Level II Fläche

Seehöhe

Baumarten

 

Gesamteintrag durch Streufall [g Hg/ha.a]

Gehalte im Blatt/Nadelstreufall

[mg Hg/kg]

Gehalte im Nadeljahrgang 1 (Fichte)

[mg Hg/kg]

Unterpullendorf

290 m

Eiche

0,14-0,22

0,035-0,049

-

Klausen-Leopoldsdorf

510 m

Buche

0,16-0,22

0,046-0,052

-

Mondsee

860 m

Fichte

0,07-0,32

0,053-0,071

0,010-0,013

Mürzzuschlag

715 m

Fichte

0,11-0,29

0,047-0,073

0,009-0,014

Murau

1540 m

Fichte/Lärche

0,10-0,19

0,062-0,113

0,010-0,015

Jochberg

1050 m

Fichte

0,12-0,26

0,050-0,068

0,010-0,011


Der Gesamteintrag von Quecksilber auf diesen Hintergrundflächen durch Streufall liegt bei 0,07 bis 0,32  g/ha.a, umgelegt auf die Waldfläche Österreichs kommt es zu einer Hintergrundbelastung im Wald von rund 750 kg Hg/a. Auf allen Hintergrundflächen liegen die Gehalte im Nadeljahrgang 1 am Baum im unteren Konzentrationsbereich des Bioindikatornetzes. Es treten hingegen auf belasteten Standorten beim Bioindikatornetz durchaus 10-20mal höhere Gehalte am Baum auf. Damit sind aber auch auf diesen Standorten höhere Quecksilbereinträge durch Streufall von einigen Gramm/ha.a denkbar. Zur Überprüfung dieser Hypothese müsste der Streufall auch in belasteten Gebieten untersucht werden.

Quecksilberspeicherung in Holz

Für eine Bilanzierung der Quecksilberspeicherung im Wald darf auch nicht auf Holz als den mengenmäßig größten Anteil an Biomasse vergessen werden. Im Holz finden sich auch in unbelasteten Gebieten für Fichte noch Quecksilbergehalte von 0,002-0,005 mg/kg, was sich aber aufgrund des hohen Biomasse-Anteils doch sehr deutlich auf die gespeicherte Quecksilbermenge im Wald auswirkt. Es kann davon ausgegangen werden, dass die im Holz enthaltene Menge an Quecksilber das Doppelte jener Menge ausmacht, die im Blatt/Nadelpool gespeichert ist.   
In Abbildung 3 ist ein Teil einer Stammscheibe dargestellt, die vom Kürnberg bei Linz stammt. Hier wurde Bohrmehl für Quecksilbermessungen gewonnen. Dabei konnten deutliche Unterschiede in den Quecksilbergehalten im Holz  zwischen den 1970er Jahren bis  Mitte der 1990er Jahren (0,005-0,010 mg/kg) und danach festgestellt werden. Die Proben ab Mitte der 1990er Jahre zeigten geringere Quecksilbergehalte (0,002-0,003 mg/kg). Als eine mögliche Ursache für die Abnahme der Quecksilbergehalte kann die Inbetriebsetzung verbesserter Filtersysteme bei der Roheisenproduktion in Linz ab den frühen 1990er Jahren angenommen werden.


Abbildung 3: Stammscheibe mit Probebohrungen - Kürnberg bei Linz

Derzeit wird die Methode weiterentwickelt und verbessert. Es werden zurzeit Stammscheiben aus verschiedenen Immissionsgebieten Österreichs untersucht. Der Einfluss der Orientierung zum Emittenten hin, sowie der Einfluss der Baumart sind noch abzuklären. Ziel ist es neben der Feststellung der zeitlichen Entwicklung der Quecksilberimmissionen auch die  die Erfassung von Quecksilber-Pools, wie im Minamata-Abkommen nahegelegt, zu unterstützen. Das wäre vor allem dann der Fall, wenn die Ergebnisse der Messungen Abschätzungen der Gesamtmengen an Quecksilber von ganzer Waldstandorte ermöglichen können. 

Literatur

Fürst A., (2016): Bioindikatornetz: Spitzenwerte für Quecksilber in Tirol. Forstzeitung, Wien, 127(8): 14-15.

Fürst A., (2019): 35 Jahre Österreichisches Bioindikatornetz:eine Erfolgsgeschichte der forstlichen Bioindikation. Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft (www.gefahrstoffe.de), Düsseldorf, 79(4): 137-141.

Smidt St., Bauer H., Fürst A., Jandl R., Mutsch F., Seidel C., Zechmeister H., (2011):  Schwermetalle und Radionuklide in österreichischen Waldökosystemen = Trace Metals and Radionuclides in Austrian Forest Ecosystems. Centralblatt für das Gesamte Forstwesen, Wien, 128(4): 251-278.


07.10.20 | Fürst, A.; Tatzber, M.
BFW © 2005 - 2013