Holz – ein wichtiger Quecksilber-Pool in Wäldern |
Hintergrund
Quecksilber ist ein Umweltgift, das sowohl natürlichen Ursprungs sein kann als auch anthropogen aus Emissionen einiger Industriezweige freigesetzt wird. Das Minamata-Übereinkommen, welches am 12. Juni 2017 durch Österreich ratifiziert wurde, soll auch über Staatsgrenzen hinweg die Quecksilber-Emissionen eindämmen, weil sie über sehr weite Strecken verfrachtet werden können. Dieses Abkommen legt in Artikel 19 nahe, dass Informationen über den Umweltkreislauf, den Transport (einschließlich des weiträumigen Transports und der Deposition), die Umwandlung und den Verbleib von Quecksilber und Quecksilberverbindungen in einer Reihe von Ökosystemen entwickelt bzw. weiterverbessert werden sollen. Dabei soll der Unterschied zwischen anthropogenen und natürlichen Emissionen und Freisetzungen von Quecksilber und die Wiederverfügbarmachung von Quecksilber aus historischen Ablagerungen gebührend berücksichtigt werden. Gegebenenfalls soll dies auf bestehenden Überwachungsnetzen und Forschungsprogrammen aufbauen. Dafür wäre die Erfassung des Quecksilber-Pools im Holz sehr wertvoll.Messungen von Quecksilber in Holz gelten als relativ schwierig, da dessen Konzentration in Holz vergleichsweise gering ist (bisherigen Messerfahrungen nach ca. 1 - 3 ppb in unbelasteten Hölzern). Dennoch ist es wichtig, solche Messungen zuverlässig durchführen zu können, weil es nicht möglich ist, den Quecksilber-Pool in Wäldern vollständig zu erfassen, wenn nicht auch die Menge, die im Holz gespeichert ist, mit erfasst wird. Das liegt vor allem daran, dass Holz in Wäldern einen sehr großen Anteil der Biomasse darstellt. Eine Untersuchung des Hubbard Brook Experimental Forest (New Hampshire, USA) hat zur Schätzung geführt, dass im Holz etwas mehr als das Doppelte an Quecksilber als im Pool von Blättern und Nadeln enthalten ist (Yang et al., 2017).
Ein zusätzlicher Vorteil von Quecksilber-Messungen in Holz liegt in der Möglichkeit, industrielle Tätigkeiten und deren Auswirkungen chronologisch, je nach Alter des untersuchten Baumes, verfolgen zu können. Das wäre dann auch eine Möglichkeit, industrielle Immissionseinwirkungen weit in die Vergangenheit zurück rekonstruieren zu können. In Österreich kommen dafür Gebiete mit Primäreisenerzeugung, Chloralkalielektrolyse, Zementindustrie, Kohlekraftwerke, Abfallverbrennungsanlagen, aber auch ehemaliger oder aktiver Bergbau (z.B. Silber und Gold) oder auch natürliche Vorkommen (z.B. Weißensee) in Frage. Auch für bereits stillgelegte Industriezweige könnten Quecksilber-Gehalte rückverfolgt werden, wenn das Alter eines Baumstammes diese Zeitspanne abdeckt.
In der internationalen Literatur wurde bereits über erfolgreiche Quecksilbermessungen in Holz berichtet, hierbei wurden Bohrkerne verwendet (z.B. Yang et al., 2017; Navratil et al., 2017; Martin et al., 2018). Daher erschien es plausibel, auch in Österreich eine Methode zu entwickeln, die Quecksilber in Holz messbar macht. Es erschien für die Methodenentwicklung naheliegend, Stammscheiben anstelle der Bohrkerne für Quecksilber-Messungen zu verwenden, weil diese mehr Material zur Messung enthalten.
Methodenentwicklung zur Messung von Quecksilber in Jahresringen
Die Messungen von Quecksilber in Holz wurden mit einem AMA 254 Quecksilber Analysator durchgeführt, der dank seines Amalgamators Quecksilber-Konzentrationen bis zum ppb-Bereich (µg/kg) messen kann.Aus den Stammscheiben wurden mit Holzbohrern passender Größe die Jahresringe angebohrt und das Holzmehl gesammelt, wobei immer der oberste Bereich der Bohrung (ca. 2 mm) verworfen wurde, um oberflächliche Kontaminationen auszuschließen. Ca. 100 mg des Bohrmehls wurden für Quecksilber-Messungen verwendet, bei höheren Gehalten entsprechend weniger. Um die Messungenauigkeit einschätzen zu können, wurden anfangs Dreifachmessungen an identen Proben durchgeführt. Zusätzlich wurden die untersuchten Stammscheiben in vier Quadranten unterteilt, um zu sehen, ob die jeweilige Richtung Unterschiede ergeben könnte.
Das beprobte Bohrmehl wurde bei 550 °C in einem reinen Sauerstoffstrom verbrannt und das enthaltene Quecksilber auf einen Amalgamator aufkonzentriert. In einem zweiten Schritt wird der Amalgamator rasch aufgeheizt und das dabei verdampfte Quecksilber wird bei 254 nm mittels Atomabsorption quantitativ bestimmt.
Abbildung 1: Die Stammscheibe aus St. Peter (bei Donawitz) nach ihrer Beprobung.
In Abbildung 1 ist die Stammscheibe, in der die Quecksilber-Immissionseinwirkungen aus Donawitz gemessen wurden, abgebildet. Die Größe der Bohrungen wurde an die Dicke der Jahrringe angepasst.
Erste Ergebnisse
Die in Abbildung 2 gezeigten Gehalte von Quecksilber in Jahrringen einer Stammscheibe in der Nähe einer Sinteranlage zur Primäreisenerzeugung bei Donawitz zeigt ein angedeutetes lokales Maximum um den ersten Weltkrieg und ein zweites, deutliches Maximum Mitte der 1970er Jahre. Das Quecksilber stammt aus dem eingesetzten quecksilberhältigen österreichischen Eisenerz. Ab Ende der 1970er Jahre bis heute ist eine kontinuierliche Abnahme der Quecksilber-Gehalte feststellbar, was eine Verringerung der Emissionen an Quecksilber ab Ende der 70er Jahre nahelegt, die durch fortschreitende Maßnahmen zur Verbesserung der Luftreinheit erklärbar sind.
Abbildung 2: Verlauf der Gehalte von Quecksilber in Jahrringen einer Stammscheibe aus St Peter bei Donawitz (Steiermark). Die abgebildeten Standardabweichungen resultieren aus den vier verschiedenen Quadranten gleicher Jahre.
Abbildung 3: Verlauf der Gehalte von Quecksilber in Jahrringen einer Stammscheibe in der unmittelbarer Nähe einer Chloralkalielektrolyse in Brückl (Kärnten). Die abgebildeten Standardabweichungen resultieren aus den vier verschiedenen Quadranten gleicher Jahre.
Der in Abbildung 3 gezeigte Verlauf von Quecksilber-Gehalten einer Stammscheibe in unmittelbarer Nähe einer Chloralkali-Elektrolyse (bis Ende der 1990er Jahre nach dem Quecksilber/Amalgamverfahren) bei Brückl zeigt mehrere Auffälligkeiten: Erstens deutlich höhere Quecksilber-Gehalte von bis zu ca. 90 ppb. Weiters sind zwei lokale Maxima Mitte der 1970er Jahre und Mitte der 1980er Jahre sichtbar. Ab Mitte der 1980er Jahre zeigt sich ein kontinuierlicher Abfall der Werte, der sich nach 2010 bei etwas unter 10 ppb zu stabilisieren scheint. Dies ist einerseits erklärbar durch fortschreitende Maßnahmen zur Verbesserung der Luftgüte sowie durch die Einstellung des Amalgamverfahren im Jahr 1999.
Sowohl bei Abbildung 2 als auch bei Abbildung 3 fällt auf, dass die Standardabweichungen (die durch unterschiedliche Gehalte in den Quadranten verursacht werden) bei höheren Gehalten tendenziell höher sind und bei geringeren Gehalten tendenziell geringer sind. Dies deutet auf eine heterogenere Beaufschlagung und Speicherung von Quecksilber in Jahren mit stärkerer Belastung hin.
Schlussfolgerungen
Die Beprobung von Holz für die Quecksilberbestimmung ist zwar als Methode relativ aufwändig, vor Allem, wenn sehr enge Jahrringe untersucht werden. Andererseits haben diese ersten Resultate gezeigt, dass damit historische Verläufe von Immissionseinwirkungen offenbar erstaunlich detailliert rekonstruiert werden können. Auch eine Abschätzung der Quecksilbermengen im Holz eines Waldes als Pool erscheint möglich. Dabei sind aber noch einige offene Fragen zu klären, wie zum Beispiel der Gradient an abnehmenden Quecksilberkonzentrationen im Holz mit zunehmender Entfernung zur Quelle, der Einfluss der jahreszeitlichen Hauptwindrichtung und die Baumart, um einige Einflussfaktoren zu nennen.Literatur
Martin, J.A.R., Gutiérrez, C., Torrijos, M., Nanos, N., 2018. Wood and bark of Pinus halepensis as archives of heavy metal pollution in the Mediterranean Region. Environmental Pollution 239, 438-447.Navrátil, T., ¦imeček, M., Shanley, J.B., Rohovec, J., Hojdová, M., Hou¨ka, J., 2017. The history of mercury pollution near the Spolana chlor-alkali plant (Neratovice, Czech Republic) as recorded by Scots pine tree rings and other bioindicators. Science of the Total Environment 586, 1182–1192.
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