Forstschutz Aktuell Nr. 22

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Absterben von Götterbäumen
T. Cech

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Der aus China stammende Götterbaum (Ailanthus altissima [Mill.]Swingle) wurde bereits im 18. Jahrhundert in Europa und Nordamerika eingeführt. Er wurde und wird vor allem im urbanen Bereich kultiviert und hat sich auch reichlich in Städten auf Brachflächen, an Bahndämmen und dergleichen ausgebreitet. In vielen Ländern Europas wird er im Forst eher als "Unholz" angesehen, da er vor allem im Jugendstadium durch Konkurrenzvorteile gegenüber anderen Baumarten gekennzeichnet ist. Diese sind eine frühe und reichliche Fruktifikation, ernorme Raschwüchsigkeit, weiters die Fähigkeit, Kohlenhydrate über die Wurzeln aufzunehmen, die leichte Bildung von Adventivtrieben (Bory et al. 1991) bzw. von Wurzelschößlingen nach Rückschnitt, und schließlich eine hohe Trockenresistenz (Kowarik & Böcker 1984). Ein- bis zwei-monatige Trockenperioden im Sommer sind für den Götterbaum noch kein Problem, erst Dürreperioden, wie sie dem nordafrikanischen Wüstenklima entsprechen, stellen einen begrenzenden Faktor dar (Kowarik & Böcker 1984).

Aus diesem Grund wird der Götterbaum oft in Grenzstandorten eingebracht. In Österreich wurde er früher zur Begründung von Windschutzstreifen im Marchfeld und im Wiener Becken verwendet (Schwarz 1955), gegenwärtig wird er als Ersatz für abgestorbene Kiefern diskutiert.

Der Götterbaum zeigt hinsichtlich der besiedelbaren Bodentypen eine weite Amplitude, wiewohl nährstoffreiche, mäßig frisch bis frische Gartenböden (Hortisole) die häufigsten sind. Aber auch auf trockenen, schuttreichen oder sandigen Böden mit sehr unterschiedlicher Nährstoffversorgung kann die Art noch gedeihen.

Aus den oben erwähnten Gründen sind Meldungen über Schäden an Götterbäumen selten. Entsprechend dünn gesät sind forstentomologische und forstpathologische Untersuchungen. Daher scheint es uns interessant, über ein aktuelles Auftreten von Schäden an dieser Baumart in Österreich zu berichten.

Im Herbst 1997 erreichten uns Meldungen über ein Absterben eines Reinbestandes von Ailanthus altissima in den Murauen bei Bad Radkersburg (Steiermark).

Schadensausmaß

Der betroffene Bestand ist etwa 1ha groß und stockt auf mittel- bis tiefgründigem Auboden über Flußschotter. Im Osten wird der Bestand durch einen Acker begrenzt, sonst ist er von Auwald umgeben (Eschen und andere Laubhölzer). Die Bäume wurden vor 35 Jahren gesetzt und sind jetzt etwa 20m hoch. Ihre Herkunft konnte nicht mehr eruiert werden.

Nach Auskunft des Waldbesitzers setzte 1996 einzelbaumweises Absterben ein. Daraufhin wurden laufend tote Bäume entfernt. Im Herbst 1997 betrug der Anteil abgestorbener Bäume bereits 40-60%. Betroffen sind Bäume aller sozialen Stellungen.

Symptome

Ein Lokalaugenschein mit Differentialdiagnosen sowie mikroskopische Untersuchungen im Labor ergaben folgende Symptome und Schadensfaktoren:

Die Kronen der etwa 35 Jahre alten Bäume sterben von außen nach innen und von oben nach unten ab. Am Stamm breiten sich Rindennekrosen zungenförmig nach unten aus (Abb.1). In diesen wurden Fruktifikationen folgender Mikropilze gefunden:

Phomopsis ailanthi (Sacc.)Trav., Nectria coccinea (Pers.)Fr., Fusarium sp. sowie Botryosphaeria melanops (Tul.)Winter.

Die Stammbasis läßt keine Fäule erkennen, doch finden sich gelegentlich Längsrisse, die von linsenförmigen, schwach bräunlich verfärbten Zonen umgeben sind, aus denen Verticillium sp. isoliert wurde. Ebenfalls isoliert werden konnte dieser Pilz auch aus dunklen Flecken unterhalb des Randes der Stammnekrosen.

Die Hauptwurzeln weisen bis etwa 40cm vom Stamm entfernt keine Fäulesymptome auf, lediglich an den Wurzeln abgestorbener Götterbäume konnten Rhizomorphen von Armillaria sp. nachgewiesen werden. An Stöcken fruktifiziert Schizophyllum commune.

Auffallend ist auch das Absterben zahlreicher Heister im Unterwuchs. Dieses erfolgt ebenso von oben nach unten. Es finden sich Hallimasch-Rhizomorphen im Bereich der Wurzeln, und auch hier ist bei Stämmchen, die zu etwa 2/3 abgestorben sind, keine Wurzelfäule feststellbar.

In den Nekrosen der Stämmchen fruktifiziert Phomopsis ailanthi als häufigste Art, weiters Cytospora sp., Nectria peziza (Tode)Fr. und Giberella moricola Ces. et deNot..

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Mögliche Ursachen

Die Anzahl der in der Literatur für Ailanthus altissima angegebenen pathogenen Organismen ist relativ gering. Unter den Mikropilzen steht Verticillium albo-atrum an erster Stelle und Hallimaschbefall an zweiter. Verticillium-Welken sind im Allgemeinen durch blaugraue oder grünliche Splintverfärbungen des Stammes leicht erkennbar, doch können letztere auch undeutlich ausgeprägt sein (Strouts & Winter 1994). Pilztoxine und später die Verstopfung von Gefäßen führen zu partieller oder totaler Kronenwelke. Im vorliegenden Fall ist das Hauptsymptom nicht Kronenwelke, sondern Zurücksterben von Krone und Stamm. Zwar konnte Verticillium als Ursache für Splintverfärbungen nachgewiesen werden, doch sind mehrere rindenpathogene Pilzarten am Zurücksterben beteiligt. Von den in den Nekrosen fruktifizierenden Pilzarten werden folgende in der Literatur als pathogen angeführt:

Phomopsis ailanthi: diese Art kann ein Absterben von Stämmen verursachen. Botryosphaeria-Arten führen zu Rindennekrosen und zum Zurücksterben von Ästen. Fusarium lateritium löst bei Ailanthus Zweigsterben aus, allerdings nur nach sehr regenreichen Frühjahrsperioden (Pirone et al. 1960). Nectria coccinea ist nur in der amerikanischen Literatur speziell für Ailanthus angegeben, wo von Nekrosen an der Stammbasis berichtet wird (Farr et al. 1989). Hallimaschbefall ist trotz der reichlich vorhandenen Rhizomorphen, wegen der fehlenden Wurzelfäule eher auszuschließen. Die anderen gefundenen Arten von Mikropilzen sind Saprophyten.

Tierische Schadorganismen wurden im Rahmen der Differentialdiagnosen keine gefunden.

Verticillium-Welken sind gewöhnlich dann ein Problem, wenn landwirtschaftlich genutzte Böden, die mit den Dauerorganen (Sklerotien und Dauerzellen) infiziert sind, aufgeforstet werden. Die Infektion erfolgt über die Wurzeln. Wesentlich ist dabei eine ausgewogene Nährstoffzusammensetzung des Bodens, denn nitrathältige Dünger können eine Erhöhung des Infektionspotentiales bewirken. Im vorliegenden Fall ist durchaus denkbar, daß die Infektion von dem unmittelbar an den Ailanthus-Bestand grenzenden Acker ausgegangen ist. Dies wird auch durch das Verteilungsmuster der abgestorbenen und erkrankten Bäume erhärtet : gegen die angrenzenden Auwaldbestände nimmt die Häufigkeit von Krankheitsfällen ab. In diesem Zusammenhang ist auch eine Schädigung durch Herbizide (Maiskultur!) nicht auszuschließen.

Das einheitlich vorhandene Symptom des Zurücksterbens erfordert hingegen auch eine Überprüfung des Witterungsverlaufes vor dem Eintritt der Schäden, denn Zurücksterben von Götterbäumen ist laut Literatur in erster Linie eine Folge von Frost.

Ailanthus altissima gilt zwar gemeinhin als empfindlich gegenüber Früh- und Winterfrösten, da seine Zweige recht spät verholzen, doch läßt sich keine kritische Temperatur angeben, da diese von verschiedenen Faktoren beeinflußt wird (Kowarik & Böcker 1984). So reicht die Palette der Reaktionen auf Temperaturen knapp unter -20 Grad Celsius von leichtem Zurückfrieren bis zum völligen Frosttod, während andererseits schon Fröste bis -35 Grad symptomfrei ertragen wurden. Abgesehen von einer genetisch bedingten, unterschiedlichen Empfindlichkeit spielen hier standörtliche Parameter (Exposition) sowie die Prädisposition (Alter der Bäume, Reife der Jahrestriebe) eine große Rolle. Blatt- und Zweigverluste durch Spätfröste (Mai) kann der Götterbaum relativ rasch durch Neubelaubung und enorme Zuwächse in derselben Saison ausgleichen. Frost scheint auch die Bildung von Wurzelausläufern zu stimulieren (Kowarik & Böcker 1984).

Entscheidend dürfte eher die Wärmesumme während der Vegetationsperiode sein, die für Ailanthus durch mehr als 20 Tagen mit über 15 Grad Celsius und einem Jahresmittel >9 Grad Celsius charakterisiert ist, wie genaue Studien der Ausbreitung des Götterbaumes in Europa ergeben haben (Kowarik & Böcker 1984).

Laut Schwarz (1955) sind die Sommertemperaturen in Österreich in der Regel nicht ausreichend, um ein volles Ausreifen der Triebe zu ermöglichen. Daher sind Frostschäden aller Grade in den meisten Lagen des pannonischen Ostens zu beobachten.

Das 30-jährige Jahrestemperaturmittel liegt im Bereich von Zelting (ZMG) bei Bad Radkersburg mit 9,1 Grad nur knapp über diesem kritischen Wert, sodaß sich die These von Schwarz (1955) bestätigt und daher mit gelegentlichen Frostschäden zu rechnen ist (siehe oben). Allerdings gilt dies nicht für 1995 (Jahresdurchschnitt 9,94 ·C) und 1996 (9,22 ·C, Bad Radkersburg, ZMG). Auch die kritische Wärmesumme wurde zwischen 1993 und 1996 niemals unterschritten. Das Minimum wurde wiederum 1996 mit 26 Tagen (März bis Oktober) erreicht. Schließlich traten zwischen 1993 und 1996 weder Spätfröste noch extreme Winterfröste auf, sodaß nicht davon ausgegangen werden kann, daß Frost eine entscheidende Rolle gespielt hat.

Wahrscheinlicher ist ein Zusammenhang zwischen dem Temperaturverlauf im Jahre 1996 und dem Auftreten der Verticillium-Welke: letzteres wird in kühlen Sommern begünstigt (Abb 2). Das nicht auffallend erhöhte Niederschlagsangebot während der Vegetationszeit 1996 und auch 1995 läßt aber keine Erklärung für das Auftreten der Triebsterbenspilze zu (Abb 3). Nur 1994 war durch hohe Niederschläge im Juli und August gekennzeichnet.

Zusammenfassend ist daher anzunehmen, daß nicht primär klimatische Faktoren für das Absterben der Ailanthus-Bäume verantwortlich waren. Für Befall der Bäume durch Verticillium kommt am ehesten der unmittelbar an den Bestand grenzende Acker als Infektionsursprung in Frage. Die rindenpathogenen Mikropilze sind wohl als Folgeparasiten aufzufassen.

Literatur

Bory, G., Sidibe, M & Clair-Maczulajtys, D., 1991: The effects of cutting back on the carbohydrate and lipid reserves in the tree of heaven (Ailanthus glandulosa (A. altissima)). Annales des Sciences Forestieres 48/1: 1-13.

Farr, D.F., Bills, G.F., Chamuris, G.P. & Rossman, Y., 1989: Fungi on plants and plant products in the United States. APS. 523 pp.

Kowarik, I. & Böcker, R., 1984: Zur Verbreitung, Vergesellschaftung und Einbürgerung des Götterbaumes (Ailanthus altissima [Mill.]Swingle) in Mitteleuropa. Tuexenia, Göttingen, 4: 9-29.

Pirone, P.P., Dodge, B.O. & Rickett, H.W., 1960: Diseases and pests of ornamental plants. The Ronald Press Company, New York, 161.

Schwarz, H., 1955: Die forstliche Bedeutung des Götterbaumes für Österreich. Österreichische Vierteljahresschrift für Forstwesen 96/3: 133-142.

Strouts, R.G. & Winter, T.G., 1994: Diagnosis of ill-health in trees. Forestry Commission HMSO, 215pp.


1998-07-21  Rückfragen: thomas.cech@fbva.bmlf.gv.at
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