Forstliche Bundesversuchsanstalt - Index Forstschutz
Wildökologie


4. Ökologische Wildschadensvermeidung

Diese zielt nicht sosehr, wie die technische, auf die Minderung einzelner Schadaspekte, sondern versucht durch andere Gewichtung einflußreicher Bedingungen im ökologischen Gefüge, eine erwünschte harmonische Einpassung von Lebensraum an Wild und umgekehrt herbeizuführen. Dabei ist die Angleichung des Wildstandes an den Lebensraum eine wesentliche Voraussetzung, auf die der im Wald Wirtschaftende oft zu wenig Einfluß hat.

Jagdliche Maßnahmen

Es ist ein verbreiteter Irrtum, anzunehmen, eine summenmäßige Reduktion des Wildstandes vermindere in linearer Beziehung den Wildschaden. Übermäßiger Jagddruck hat Einfluß auf das Verhalten des Wildes. Bei andauernder Beunruhigung verlagert das Wild seine Tagesaktivitäten eher auf die Nachtzeit, seine räumlichen Aktivitäten werden zunehmend auf Dickungen und Einstände reduziert, wo als Äsung zumeist lediglich Forstgehölze oder Baumrinden zur Verfügung stehen.

Wenige, gut organisierte Riegeljagden können bei hoher Erfolgsrate den zeitlichen Jagddruck senken. Durch räumliches Verteilen des Jagddruckes läßt sich Wild ebenso lenken wie durch zeitlich wie örtlich begrenzte Einhaltung von Ruhezonen. Wo Wild sein darf oder soll, muß es vertraut sein können was vor allem Äsungsplätze und Fütterungen betrifft. Umgekehrt ist die Anlage von Hegeeinrichtungen nahe gefährdeter Bestände (Kulturen, Stangenholz) wegen der Provokation von Schäden zu vermeiden.

Das Jagdrecht sieht Rücksichtnahme auf Interessen der Land und Forstwirtschaft, das Forstgesetz sieht jedoch keine Rücksichtnahme auf Bedürfnisse von Wildtieren vor. Gerade bei der Waldbewirtschaftung ergeben sich jedoch Möglichkeiten, vorausschauend Wildschäden mindern oder vermeiden zu können. Bei der Bestandesbegründung wird oft mit zu engem Pflanzenabstand gearbeitet. Solche Kulturen schließen sich sehr früh, die Einstandsqualität steigt, die Äsung verschwindet wegen Lichtmangels rascher, es bleiben nur noch Forstpflanzen zum Verbiß: (Als Faustzahl für Pflanzenabstände kann angenommen werden: 6,0 m für Pappel; 1,7 m für Fichte und Lärche; 1,2 m für Kiefer und Eiche und 1 m für Buche).

Waldbauliche Maßnahmen

Die Standraumregulierung, eine aus Zeit und Geldmangel allzu oft vernachlässigte Maßnahme, hat neben forstlichem Nutzen den Vorteil, daß wieder Licht auf den Boden und damit der Äsung zugute kommt. Aus forstlicher wie wildbiologischer Sicht sollten diese Maßnahmen bereits im Dickungsstadium einsetzen. Die Einstandsqualität solcher Bestände wird gemindert, da sich Wild im lockeren Bewuchs weniger gerne aufhält. Vor allem in Fichten- und Buchenwäldern gelangt viele Jahrzehnte, werden sie nicht aufgelichtet, zuwenig Licht auf den Boden, um Äsung gedeihen zu lassen. Eine Auflichtung solcher Bestände bietet dem Wild hingegen zusätzlich Äsung, deren Nutzung den Verbißdruck auf forstliche Gehölze mindern kann.

Die Anlage von Äsungsflächen (es müssen nicht Wildäcker sein, meist genügen kleine, etwa 1/4 ha umfassende Wiesen, die aber gemäht werden sollen, um stets frische Vegetation bieten zu können) kann Wild, neben der Verbesserung der Äsungssituation, an Revierteile binden, wo seine Anwesenheit weniger Schäden verursacht. Das Belassen von Sträuchern und Füllhölzern bei Kulturpflegemaßnahmen bzw. deren Förderung ist ein wertvoller Beitrag zur Entlastung der Forstgehölze.

Arbeitsorganisation

Die Waldarbeit hat Einfluß auf das räumliche wie zeitliche Verhalten des Wildes. Eine Planung, die darauf Rücksicht nimmt, kann beitragen, Wildschäden zu reduzieren. Beispielsweise können Winterschlägerungen in Einstands- oder Fütterungsbereichen verheerende Schälschäden auslösen. Forstarbeiten nahe der Äsungsflächen können zu ungeeigneten Zeiträumen deren Verfügbarkeit für Wild einschränken, was sich dann besonders schädlich auswirkt, wenn als Alternativäsung vorwiegend Forstpflanzen verbleiben .

Das Freilassen bzw. Freimachen von Rückegassen bei Bestandesbegründung und -pflege hat neben forsttechnischen Vorteilen auch den jagdlichen Nutzen, daß einförmige, dichte, sonst kaum begehbare Bestände durch Schußschneisen jagdlich besser aufzuschließen sind und damit das Wild eher angepaßt werden kann.

Ökologischer Ausblick

Die beste und billigste Schutzmaßnahme ist die waldwirtschaftliche Berücksichtigung des Wildes und der Jagd sowie viceversa. Auch bei bestens angepaßter Bewirtschaftung können immer Flächen bleiben, auf denen Schutzmaßnahmen notwendig werden. Dabei sollen nicht nur aus ökonomischen, sondern auch aus ökologischen Überlegungen nur jene Pflanzen und Pflanzenteile geschützt werden, deren Schutz zur Erziehung des erwünschten Bestandes unbedingt notwendig ist.


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StaW/FeiH, 1999-05-04